Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Meer Der Tausend Seelen

Das Meer Der Tausend Seelen

Titel: Das Meer Der Tausend Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Ryan , Catrin Frischer
Vom Netzwerk:
könnten es schaffen, und die Rekruter könnten uns nicht folgen.«
    »Aber was ist mit deiner Mutter?«, fragt Catcher. »Wird sie dich gehen lassen?«
    Ich wende den Blick ab und kaue am Daumennagel. Ich will ihm erzählen, dass sie mich schon hat gehen lassen, überlege es mir jedoch anders. »Das geht schon in Ordnung«, sage ich schließlich.
    Elias zieht die Augenbrauen hoch, als würde er erwarten, dass ich mehr sage, doch ich schweige.
    »Jetzt müssen wir uns nur überlegen, wie wir Cira freibekommen«, sagt Catcher.
    Elias sieht mich noch immer an, was mich nervös macht. »Das ist leicht«, erwidert er.

23
    M eine Hände zittern, als ich mit Elias das Boot den Strand hinauf zum Leuchtturm ziehe. Catcher haben wir in den Ruinen gelassen, in der Abenddämmerung wird er die Souler-Mudo zur Barriere bringen und hinüberschieben. Sie werden sich in Vista verteilen, ihr Stöhnen wird einen Durchbruch signalisieren – und für genügend Ablenkung sorgen, sodass Elias und ich ins Rathaus einbrechen und Cira retten können.
    Die Flut setzt gerade ein, aber der Strand ist immer noch sauber. Elias sitzt im Schatten des Leuchtturms und passt auf, dass keine Mudo angespült werden, während ich nach drinnen gehe. Dort stehe ich eine Weile in der Leere und Stille und erinnere mich an die Geschichten, die meine Mutter mir als Kind erzählt hat.
    Ich kann nicht von der Vorstellung lassen, dass sie hierher zurückkommen und sich fragen wird, wo ich abgeblieben bin. Und ich überlege, ob ich ihr eine Nachricht hinterlassen soll, damit sie sich keine Sorgen macht, verwerfe diesen Gedanken jedoch. Was, wenn jemand anders sie findet? Ich steige die Stufen zu ihrem Zimmer hoch, das Buch mit Shakespeares Sonetten liegt noch immer aufgeschlagen auf ihrem Bett. Ich blättere es durch, bevor ich es zu einem Hemd und einem Rock in ein kleines Bündel stecke. Dann wühle ich im Schrank, bis ich ein paar von Rogers alten Kleidern finde, die muffig riechen und sich ziemlich abgetragen anfühlen.
    Auf dem Weg nach draußen nehme ich noch eine Tasche für Elias mit und werfe Essen und ein paar Feldflaschen mit Wasser hinein. Elias zieht sich um, während ich das Boot mit zusätzlichen Vorräten belade. Ohne das weiße Gewand sieht er anders aus. Geradezu normal.
    Ich merke, dass ich ihn anstarre, und verlege mich rasch wieder darauf, Sand durch meine Finger rieseln zu lassen. Er setzt sich zu mir; Seite an Seite warten wir darauf, dass die Sonne ins Wasser sinkt und in Vista wegen des Durchbruchs ein Tumult ausbricht. Mein Herz hämmert erwartungsvoll, während mein Verstand auf Hochtouren läuft. Ich denke daran, was alles schiefgehen kann, es scheint mir unmöglich, dass unser Plan funktionieren könnte.
    Aber haben wir eine Wahl? Trotzdem will eine Sache einfach keinen Sinn ergeben.
    »Warum bist du noch hier?«, frage ich Elias und grabe meine Zehen in kühlere Sandschichten.
    Aus dem Augenwinkel sehe ich ein Zucken in seinem Gesicht.
    »Ich habe gesagt, ich würde helfen – und das mache ich.« Er steht auf und geht dichter ans Wasser. Der Horizont ist orange, rot und lila gefärbt. »Außerdem sind die anderen Soulers immer noch bei euch in Quarantäne. So lange sie festgehalten werden, werde ich meine Schwester nicht finden.«
    Ich schaue auf seinen Rücken, Rogers Hemd ist Elias ein bisschen zu groß. »Wie heißt sie?«, frage ich, weil ich ihn verstehen möchte.
    Er schweigt. Ich stehe auf, bürste mir den Sand von den Knien und gehe auf ihn zu. Er hat etwas an sich, das so stark, so sicher, so vertraut wirkt, nur weiß ich gar nichts über ihn.
    Gemeinsam schauen wir dahin, wo die Sonne gleich mit der Erde zusammenstoßen wird. Ich halte den Atem an. Weiß nicht, ob ich auf seine Antwort warte oder darauf, dass das Feuer den Horizont erfasst.
    »Annah«, sagt er leise. »Sie heißt Annah.« Er sieht mich an, ich erwidere seinen Blick und merke, dass ich immer noch den Atem anhalte.
    »Wie ist sie?«, frage ich. Er verzieht das Gesicht, weicht mir jedoch nicht aus.
    »Sie ist stark«, sagt er. »Schön und lieb.« Die Erinnerungen scheinen an seinen Augen vorbeizuziehen. Ich habe das Gefühl, zu tief in sein Leben einzudringen, und ich habe mich längst abgewandt, als er kaum hörbar sagt: »Sie ist dir sehr ähnlich.«
    Ich schaue ihn über die Schulter hinweg an und frage mich, ob ich richtig gehört habe. Wenn ich ihm doch glauben könnte.
    »So bin ich doch überhaupt nicht.« Es ist schmerzlich, das einzugestehen. »Ich

Weitere Kostenlose Bücher