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Das Meer der Zeit: Roman (German Edition)

Das Meer der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Meer der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatriz Williams
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ihn ebenfalls, einfach nur, weil es mir Vergnügen machte, seine Schönheit zu bewundern, die mir inzwischen so lieb und vertraut war. Sein goldblondes Haar, das im Licht schimmerte, hatte ich eigenhändig zerzaust. Zum wohl millionsten Mal konnte ich es kaum fassen, dass er mir und nur mir gehörte und dass ich ihn hemmungslos lieben und anhimmeln konnte. Ich atmete tief ein und ließ mir den Duft des sonnenbeschienenen Grases zu Kopfe steigen. Als meine Fingerspitzen zu prickeln begannen, setzte ich mich auf und schob sie unter sein T-Shirt.
    Obwohl er mir übers Haar strich, spürte ich, dass seine Aufmerksamkeit nicht mehr mir galt. Das Telefongespräch war inzwischen ziemlich hitzig geworden und drehte sich um elende Mistkerle, Notfallsitzungen und Insolvenz. Er runzelte ärgerlich die Stirn. »Hör zu, du weißt ja, wie die Dinge stehen. Ich bin morgen in aller Früh da. Kann es nicht … Verdammt, Warwick, das können die doch nicht im Ernst … Verfluchte Scheiße.«
    Ich zuckte zusammen. Solche Wörter hatte er in meiner Gegenwart noch nie benutzt.
    Offenbar bemerkte er meine Überraschung, denn er strich mir weiter beruhigend übers Haar. »Also gut«, entgegnete er zornig. »Dann eben sofort, zum Teufel.«
    Er warf das Telefon ins Gras. Als er sich zu mir umdrehte, war sein Gesichtsausdruck alles andere als zärtlich. »Liebling«, sagte er, »es ist etwas passiert.«
    »Das habe ich mir schon gedacht.«
    »Ein wenig Ärger mit einer der Banken«, fuhr er fort, »und jetzt hat die Finanzbehörde eine Notfallsitzung einberufen, um die Liquidität zu prüfen. Verdammte Idioten.«
    »Liquidität? Hat jemand Pleite gemacht? Wer?«
    »Liebling, das ist vertraulich. Du weißt, dass ich dich nicht in so eine Lage bringen darf.«
    Es war zwecklos, dagegen zu argumentieren. »Und du musst wirklich heute Abend weg?«, fragte ich ängstlich. Seit meiner Ankunft im Mai hatten wir keine einzige Nacht getrennt verbracht.
    »Ja«, antwortete er stirnrunzelnd. »Ich überlege, ob ich dich nicht lieber mitnehmen soll …«
    »Ja!«, rief ich. »Bitte! Ich bin auch ganz brav, Julian. Ich mache alles, was du willst, bleibe in deinem Haus und setze keinen Fuß vor die Tür, ohne dir Bescheid zu sagen. Außerdem schalte ich die Alarmanlage ein. Mir könnte also nichts passieren.«
    »Kate, führe mich nicht in Versuchung. Unsere Adresse in New York ist allen bekannt, während niemand weiß, dass du hier bist. Also ist es besser, wenn du bleibst. Ich rufe die Sicherheitsfirma an.«
    »Meine Wachhunde«, murrte ich. »Als ob ich die Frau eines Mafioso wäre.«
    »Liebling, es tut mir leid. Es ist nur zu deinem eigenen Schutz.«
    »Aber du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Hollander ist wohlbehalten von seiner Forschungsreise zurückgekommen, wie du es vorhergesagt hast. Außerdem hat der geheimnisvolle Mann nichts mehr von sich hören lassen. Wahrscheinlich beschäftigt er sich inzwischen mit der nächsten Verschwörungstheorie. Also versteckst du mich ohne jeglichen Grund.«
    »Dass der Kerl sich nicht gemeldet hat, heißt nicht, dass die Sache ausgestanden ist. Die Bedrohung ist echt, Kate, das versichere ich dir.«
    »Und was macht dich so sicher?«
    Julian umfasste mein Kinn. »Kannst du mir nicht einfach vertrauen, Kate?«
    »Warum?« Ich versuchte seine Miene zu deuten. »Verschweigst du mir etwas? Vielleicht im Zusammenhang mit der Untersuchung durch die Börsenaufsicht?«
    »Ich habe dir alles erzählt, was ich kann.« Sein Daumen streifte meine Lippe. »Es ist wirklich nicht nur eine Laune von mir, Kate. Nichts wäre mir lieber, als dich mitzunehmen. Ohne dich bin ich nur der Schatten meiner selbst, und das weißt du ganz genau. Außerdem«, fügte er mit hochgezogener Augenbraue hinzu, »könnte es dich ermuntern, deine unvernünftig starrsinnige Haltung im Zusammenhang mit diesem verdammten Stück Plastik aufzugeben.«
    Ich schob seine Hand weg. »Verzeih, Ashford, aber sehe ich aus wie ein Mädchen, das auf der Madison Avenue mit der Kreditkarte ihres reichen Freundes herumwedelt?«
    »Es ist deine Karte, Liebling. Genau das ist ja der springende Punkt.«
    »Aber das Konto ist deines. Wo also liegt der Unterschied? Außerdem ist sie nur für Notfälle gedacht, schon vergessen? So lautet die Abmachung, der einzige Grund, warum ich sie überhaupt in der Brieftasche habe.« Ich zuckte zusammen, als ich mir meinen Namen, KATHERINE E. WILSON, in großen Buchstaben auf schwarzem Grund vorstellte.
    Er stöhnte auf.

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