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Das Meer der Zeit: Roman (German Edition)

Das Meer der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Meer der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatriz Williams
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Luft roch nach Sommer in Manhattan, fremdartig und gleichzeitig vertraut. Abgase, heißer Asphalt und schwitzende Menschen, ein himmelweiter Unterschied zu den lebendigen natürlichen Düften in der ländlichen Idylle von Connecticut.
    »Warum dann die Heimlichtuerei? Mir gefällt das gar nicht, altes Mädchen. Wenn er es rausfindet, könnte er mir ans Leder wollen.«
    »Das würde er nie tun. Es ist nicht sein Stil.«
    »Meinst du, altes Mädchen? Du hast ja keine Ahnung, was bei Sterling Bates in den letzten drei Monaten los war. Dein Typ hat Eier aus Stahl.«
    »Das war etwas anderes. Es ging um Alicia.«
    »Altes Mädchen, er versucht die ganze Bank plattzumachen. Das Chaos tobt. Offenbar steht er wirklich auf dich.«
    »Er will die Bank nicht plattmachen, Charlie. Das erledigen die schon von allein.«
    »Nun, jedenfalls hat jemand bei Southfield den Laden auf dem Kieker. Ich habe so viel Mist gehört …« Kopfschüttelnd leerte er seine Kaffeetasse.
    Ich runzelte die Stirn. »Was zum Beispiel?«
    »Der große Posten, von dem ich dir erzählt habe, bevor du letzten Mai den Löffel abgegeben hast, kam hauptsächlich von Southfield.« Er beugte sich vor. »Und er ist totaler Schrott. Liegt bleischwer im Regal, und sie werden ihn nicht los. Alles mit Krediten belastet und so. Schlechte Nachrichten.«
    »Moment mal, von welcher Art von Sicherheiten reden wir hier?«
    »Keine Ahnung. Irgendwelche Depositenzertifikate. Ich tippe auf Immobilienkredite.«
    »Vielleicht steckt ja Alicia dahinter«, überlegte ich laut. »Sie hat einen unserer Händler dazu gebracht, das Zeug aufzukaufen, und als Gegenleistung hat Southfield mir was angehängt.«
    »Laurence hat dir was angehängt?«
    »Nein, einer seiner Händler.« Ich schnaubte. »Ein Rätsel gelöst.«
    »Und Laurence hat es dir nicht erzählt?«
    »Ich habe nicht gefragt, sondern angenommen, dass sie den Typen erpresst hat. Das ist ihre übliche Vorgehensweise. Kein Wunder, dass die mich rausgeschmissen haben. Wahrscheinlich haben sie gedacht, ich will die Bank an die Wand fahren.«
    »Tja, ich habe gehört, dass gerade eine Sitzung in der Firmenzentrale stattfindet.«
    »Wer ist dabei?«
    »Alle hohen Tiere eben. Die Finanzbehörde. Die Vorstände der Notenbank. Sie versuchen das sinkende Scheißschiff zu retten.«
    Mir blieb der Mund offen stehen. » Darum geht es also in der wichtigen Sitzung? Die Rettung von Sterling Bates?«
    »Warum? Was ist?«
    »Nichts.« Als ich auf meinem Stuhl herumrutschte, spürte ich durch den dünnen Jerseystoff meines Sommerkleids, wie hart er war. Machte sich Julian deshalb so übertriebene Sorgen um meine Sicherheit?
    »Also ist Laurence auch dabei, was? Und er hat es mit keinem Sterbenswörtchen erwähnt?«
    Ohne nachzudenken, sprang ich für Julian in die Bresche. »Das kann er nicht, Blödmann. Es ist noch nicht offiziell.«
    »Nun, ich habe davon erfahren«, wandte Charlie ein. »Also scheint jemand nicht viel auf Geheimhaltung zu geben.«
    »Julian war es sicher nicht. Er würde mich nie in so eine Situation bringen.«
    Charlie lehnte sich zurück und betrachtete mich fragend. »Was soll das heißen?«, erkundigte er sich schließlich. »Du steigst doch nicht wieder ein, oder?«
    »Aber natürlich. Ich bin nicht in Rente, Charlie. Ich habe noch viel vor.«
    »Echt? Wahnsinn.« Er neigte den Kopf. »Tja, du bist ja jetzt auf der sicheren Seite und könntest jeden Job kriegen, den du willst.«
    »Ach, verschon mich. Zuerst muss ich mich wieder an der Uni bewerben …«
    Charlie fing an zu lachen. »Was redest du da für einen Mist? Du brauchst nicht mehr Wirtschaft zu studieren, altes Mädchen. Du bist Laurence’ Braut. Den Job hast du praktisch in der Tasche.«
    »Ich werde nicht zulassen, dass Julian mir den Weg ebnet.«
    »Das brauchst du auch gar nicht. Jeder weiß, wer du bist, und will dich an Bord holen.« Charlie zuckte mit den Schultern. »Jetzt kannst du tun und lassen, was dir gefällt. Wenn er es dir erlaubt.«
    Wie um seine Worte zu untermauern, zauste plötzlich eine Brise das Haar an meinen Schläfen. Er hat recht, dachte ich ungläubig. Den ganzen Sommer hatte ich in Connecticut verdöst, das einfache Leben genossen und mich im strahlenden Glanz von Julians Liebe gesonnt. Dabei hatte ich gar keinen Gedanken daran verschwendet, dass etwas so Persönliches berufliche Konsequenzen für mich haben könnte. Ich war gar nicht darauf gekommen, dass die ganze Wall Street Julian Laurence’ Verlobte mit Handkuss

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