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Das Meer der Zeit: Roman (German Edition)

Das Meer der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Meer der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatriz Williams
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retten? Wovor?« Er lachte auf. »Vor dem Krieg vielleicht? Ich fürchte, da gibt es nicht viele Möglichkeiten.«
    »Eher nein. Da ist etwas anderes. Etwas …« Ich konnte nicht weitersprechen, denn ich erkannte an seinem Lächeln und seinem gleichmütigen Ton, dass der Bann gebrochen war. Inzwischen dachte er, dass ich ihn aufziehen wollte.
    »Hm. Er steckt voller Gefahren, richtig?«
    Ich betrachtete meinen leeren Teller. Er verströmte noch den Geruch nach Eiern und Fleisch, so dass es mir plötzlich den Magen umdrehte. »Sie werden mir die Sache offenbar nicht erleichtern.«
    Er sah mich verständnislos an, so als hätte sein Tennispartner nach einem ganz besonders gelungenen Schmetterball plötzlich einen unerklärlichen Rückzieher gemacht. Im nächsten Moment zeigte sich Besorgnis auf seinem Gesicht, und ein banger Ton schwang in seiner Stimme mit. »Sie sind müde, nicht wahr? Da Sie jetzt aufgegessen haben, sollten Sie sich am besten ausruhen.«
    Ich fuchtelte ungeduldig mit den Händen. »Ich kann nicht. Ich habe keine Bleibe.«
    »Ich helfe Ihnen.«
    »Das ist nicht nötig.«
    »Miss … Kate … es macht mir keine Umstände. Vielleicht kann meine Zimmerwirtin Ihnen ja etwas empfehlen.«
    Ich wollte schon den Mund öffnen, um zu widersprechen, dass ich absolut in der Lage sei, mein Leben selbst zu regeln. Aber im letzten Moment wurde mir klar, was sein Angebot bedeutete. Es war ein moralisch unanfechtbarer Vorwand, um unsere Bekanntschaft zu vertiefen, getarnt hinter der Fiktion von Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft. Also blinzelte ich schlaftrunken. »Meinen Sie tatsächlich? Aber so kurzfristig ist doch sicher nichts zu bekommen.«
    »Ich bin sicher, dass sich da etwas machen lässt. Schauen Sie sich nur an, Sie können sich ja kaum noch auf den Beinen halten.« Spontan streckte er die Hand aus und hätte meine beinahe berührt, bevor er sich zusammennahm, sie zurückzog und sie, die Finger bewegend, neben seinen Teller aufs Tischtuch legte.
    »Nein, wirklich, alles in Ordnung. Das Frühstück hat mich nur schläfrig gemacht.«
    Diskret winkte er den Kellner heran. »Ich nehme Sie mit zu mir. Sie könnten … Sie könnten sich, wenn Sie möchten, in meinem Zimmer ausruhen, während ich Erkundigungen einziehe. In diesem Zustand dürfen Sie auf gar keinen Fall auf der Straße herumlaufen. Mein Gott, Sie sind ja kreidebleich!«
    Angesichts dessen, wie wenig er über mich wusste, war sein Entsetzen verständlich. Wahrscheinlich hatte er eine Todesangst vor weiteren Ohnmachts- und Übelkeitsanfällen.
    »Hm«, erwiderte ich gehorsam. »Vielleicht haben Sie recht. Aber ich möchte Ihnen wirklich keine Umstände machen.«
    »Kommen Sie«, sagte er und legte ein paar Münzen auf den Tisch. »Sie machen mir ganz und gar keine Umstände.«

7
    W ohin gehen wir?«, fragte ich, während ich Julian die Stufen hinunterfolgte.
    »An einen Ort, wo wir reden können«, antwortete er und steuerte auf eine der schwarzen Limousinen zu, die den Gehweg vor dem Gebäude säumten. Der Chauffeur sprang aus dem Wagen und hielt die rückwärtige Tür auf. Julian trat beiseite, damit ich einsteigen konnte.
    Ich sank auf den Sitz und wollte schon weiterrutschen, um Platz zu machen, als ich bemerkte, dass die Tür bereits zugefallen war und Julian um das Auto herumging.
    Nachdem er neben mir Platz genommen hatte, warf er einen Blick auf meine nackten Schultern. »Ich habe ganz vergessen zu fragen, ob du einen Mantel dabeihast«, entschuldigte er sich.
    »Nein, habe ich nicht. Mir ist warm genug. Also, wohin fahren wir?«, wiederholte ich.
    »Wo möchtest du denn gerne hin?«
    »Tja, ich bin ein bisschen vornehm angezogen«, antwortete ich. »Das schränkt die Möglichkeiten ein wenig ein.«
    Ich spürte, dass er zögerte. Seine Unentschlossenheit füllte den kleinen Raum zwischen uns. »Dann bringe ich dich nach Hause«, sagte er schließlich leise. »Vermutlich musst du morgen arbeiten.« Er gab dem Fahrer meine Adresse an. Der Wagen setzte sich in Bewegung.
    »Und was hat dich heute hierhergeführt?«, erkundigte ich mich.
    »Du. Ich habe den ganzen Abend versucht dich zu erreichen.«
    »Oh!« Es fiel mir wieder ein. »Ich hatte das Telefon ausgeschaltet.«
    »Das habe ich schon vermutet. Außerdem habe ich eine E-Mail von deinem Kollegen Mr. Newcombe erhalten.«
    »Charlie hat dir eine Mail geschickt?«
    »Vor etwa einer Stunde. Er schlug vor, ich solle mich in meinen Frack werfen und an deine Seite eilen.«
    »O mein

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