Das Meer in deinen Augen
sorgfältig gezupften Augenbrauen, um anzuzeigen, dass sie clever genug waren, um den Scherz zu verstehen.
»Na gut, wenn ihr keine Lust habt.« Benjamin zuckte mit den Schultern, drehte sich um und setzte die Brille wieder auf. »Kommt. Wir gehen.« Mit einem Wink bedeutete er, dass er es ernst meinte. Zum Glück verstanden beide – erst Finn, dann auch Luka – seinen Schachzug und spielten mit.
»Wir kommen«, antworteten die Mädchen fast synchron.
»Ich hatte euch gar nicht eingeladen.« Benjamin wandte sich um und gab sich alle Mühe, verdutzt zu wirken. Die Kassiererin wurde ungeduldig und mischte sich auf Italienisch ein. Ihr barscher Tonfall ließ erkennen, dass sie es eilig hatte. Hinter ihnen warteten schon die nächsten Kunden. Benjamin beachtete sie nicht.
»Aber … meinetwegen. Habt ihr was zum Schreiben?«
Vamos A la Playa schallte aus den Boxen. Finn nahm Anlauf. Er hatte schon seinen dritten Wodka mit Cola intus. Aber der Salto glückte. Bis zum Dach des Hauses schoss die Fontäne. Die rote Abendsonne hatte Pool und Meer in ein sanftes Rot getaucht. Luka saß auf einer der Sonnenliegen und verteilte das letzte Gramm auf einem Paper. »Das war alles. Wir hätten sparsamer sein sollen.«
»Wir fahren morgen mit den Vespas nach Porto Cervo. Da werden wir schon was finden«, erwiderte Benjamin. Luka antwortete nicht. Er hatte die Augen nur auf den glimmenden Joint gerichtet. Er nahm einen tiefen Zug, und Benjamin musste grinsen. Lukas Blick hatte sich auf einmal verändert. Sein Lidschlag entspannte sich und seine Pupillen verharrten in derselben Stellung, als gäbe es nur einen Punkt am Horizont, auf den es sich zu fokussieren lohnte. »Lass mich auch mal.« Finn stieg triefnass aus dem Pool und nahm den Joint. »Jetzt ist er aus, Mann.« Luka sagte es nicht vorwurfsvoll. Dafür war er schon viel zu breit. »Hey, der geht wieder an.« Finn brauchte mehrere Versuche, aber dann glühte er wieder. »Was grinst du so blöd?« Finn lachte und starrte Benjamin an, der jetzt erst bemerkte, dass er immer noch dieses bescheuerte Grinsen im Gesicht hatte. »Zieh einfach und gib weiter.«
Finns Brust hob sich, während er einatmete, und auch seine Pupillen nahmen einen friedlichen Ausdruck an. »Hier.« Finn gab ihm den Joint und pustete ihm eine dicke Wolke von dem Rauch ins Gesicht. »Spasti.« Benjamin nahm das Ende in den Mund. Ein bisschen schmeckte es nach Chlor. Benjamin zog lange. Der Wodka mit Cola hatte ihn aufgeputscht, jetzt war es, als wollte der inhalierte Rauch ihn bremsen. Noch einen Zug, und das Gras hatte gewonnen, es kribbelte nur noch leicht. Endlich stand das Leben wieder still. Der leichte Wind strich wie eine Feder über die Haut und sträubte jedes Haar. Die Liege wurde immer weicher, immer tiefer, bis die Schwerkraft aussetzte. »Der ist hart, Mann.«
»Das Zeug ist verdammt gut.« Erst als die Klingel im Haus schrillte, fing es wieder an, anstrengend zu werden. Finn sprang auf und stolperte zur Tür. »Ich mach auf.«
Benjamin war drauf und dran, ihn aufzuhalten. Er hatte einfach keinen Bock mehr, den Abend mit fremden Mädchen zu verbringen. Am liebsten wollte er einfach nur hier sitzen, rauchen, trinken und mit Finn und Luka die Musik genießen. Er nahm einen letzten Zug und schnippte den runtergebrannten Joint in den Pool. Zu spät. Den drei Mädchen stand das Erstaunen ins Gesicht geschrieben, als sie die Terrasse betraten. »Wow!« Das umwerfende Panorama ließ ihnen die Münder offen stehen.
»Scheiße, ist das geil.« Der aufkommende Wind wehte ihnen die blonden Haare ins Gesicht und ließ ihre Augen tränen.
»Na, gefällt es euch?«, fand sich Benjamin in der Rolle des Gastgebers wieder und breitete die Arme aus. »Fühlt euch wie zu Hause.«
Am anderen Ende der Leitung hörte sie das Meer rauschen. »Was macht ihr?«
»Am Pool rumhängen.« Sie wollte sich nicht vorstellen, wie viel er schon getrunken hatte.
Ein albernes Lachen, dann ein lautes Kreischen und klingende Gläser. »Habt ihr Besuch?«
»Finn und Benjamin haben ein paar Mädels eingeladen«, erklärte er gleichgültig.
»Ach so«, antwortete sie nur knapp und erkannte ihren leicht gereizten Unterton selbst. Hier, weit weg von ihm, konnte sie sagen, was sie wollte. Er musste sich nicht daran halten. Sie konnte ihn nicht kontrollieren. Dabei wollte sie ihm doch gar nicht misstrauen.
»Und? Sind sie nett?«, fragte sie nach, als nur die Brandung und sein Atem zu hören waren.
»Mach dir keine
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