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Das Meer in Gold und Grau

Das Meer in Gold und Grau

Titel: Das Meer in Gold und Grau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Peters
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erinnerte daran, dass ich erst noch zwei Scharniere bei den Strandkörben auszuwechseln hätte, falls davon im Werkzeugkeller welche zu finden seien.
    Â»Sie ist doch wirklich vielseitig verwendbar, unsere Große, findest du nicht auch, Lizzy?«
    Wer von uns beiden jetzt verwunderter dreinschaute, Elisabeth oder ich, vermag ich nicht zu sagen. Die Tante strahlte.
    Eine weitere Erklärung für ihr frühmorgendliches Auftauchen oder eine wie auch immer geartete Vertiefung ihrer Frage nach meiner möglichen Verwurzelung lieferte sie mir nicht, und ich erkundigte mich auch nicht danach, was ich vielleicht hätte tun sollen, aber Ruth gab mir keine Hinweise, dass sie dergleichen erwartete, benahm sich in der Folgezeit wie gewohnt, launisch und unberechenbar. Dennoch hatte sich irgendetwas im Ton zwischen ihr und mir verschoben. Was nicht bedeutete, dass wir Gelegenheiten für Auseinandersetzungen aller Art ungenutzt verstreichen ließen, aber es wurde selbstverständlicher zwischen uns, meinerseits weniger ängstlich um Vorläufigkeit bedacht und ihrerseits um Nuancen warmherziger. Jedenfalls eine Zeit lang.
    Â 
    Am ersten Juli kam Frank in den Garten und überraschte mich mit der Ankündigung, sich verabschieden zu wollen. Er ergreife
wie jedes Jahr rechtzeitig zur Saison die Flucht und werde den Sommer bei einer Freundin beziehungsweise deren Schafherde verbringen. In drei Monaten sei er zurück.
    Â»Du verschwindest während der Saison? Das habe ich nicht gewusst«, sagte ich.
    Â»Ich bin ein Schafhirte der Extraklasse«, sagte Frank.
    Â»Zweifellos auch das.«
    Â»Und die Freundin ist eine Freundin, verheiratet, zwei Kinder.«
    Ich musste lachen. »Dann ist ja alles gut.«
    Â»Komm doch mit.«
    Â»Schafe hüten?«
    Â»Rein platonisch!«
    Â»Vergiss es!«
    Er grinste. »Finde ich dich im Oktober noch hier?«
    Â»Keine Ahnung. Möglich.«
    Â»Dann gehst du mit mir ins Kino, ohne Ausrede, ich weiß es!«
    Â»Soso.«
    Er reichte mir die Hand, warm und etwas feucht.
    Â»Pass auf die Alten auf.«
    Â»Die können bestens selbst auf sich aufpassen.«
    Frank nickte, drückte mir einen unangebracht freundschaftlichen Kuss auf jede Wange und verschwand die Steintreppe zum Strand hinunter.
    Â»Verabschiedest du dich nicht von den andern?«, rief ich hinterher.
    Â»Ruth hasst es«, hallte es über den Steinwall.
    Am nächsten Morgen waren die blauen Läden der Fischerhütte vor die Fenster geklappt, die Kräutertöpfe der Pflege Elisabeths anvertraut, und Ruth knurrte: »Nur gut, dass wir
nicht auch noch die beiden hässlichen Köter durchfüttern müssen.«
    Sie betonte mehrfach, dass sie auch gut ohne den »neunmalklugen Tagträumer« zurechtkomme, dem weine weder sie noch sonst jemand eine Träne nach.
    Â»Genau!«, rief Heinrich dazwischen und wurde von Ania ausgelacht.
    Ich wandte mich an Ruth und fragte, was denn gegen Frank vorliege. Bislang hatte ich den Eindruck gehabt, dass sie ihn mochte, trotz oder gerade wegen der ganzen Beinamen, mit denen sie ihn versah: Spinner, Ökotourist, Grünschnabel.
    Â»Auf einmal will er hier alles verändern!«, schimpfte Ruth. »Verdient sein bisschen Honorar mit dem Verfassen mäßig erfolgreicher Büchlein, ist ständig knapp bei Kasse, wenn’s ums Mietezahlen geht, und hockt den Sommer über bei Lämmergeblöke im Bauwagen, aber uns will er belehren, wie wir es ›wirtschaftlicher gestalten‹ können, der Klugscheißer.«
    Â»Da tust du ihm Unrecht«, rief Elisabeth, »der Junge meint es gut mit uns.«
    Â»Herrgott, Lizzy! Überleg mal, was du da sagst!«
    Ein Wunder, dass die Tür noch fest in ihren Angeln hing.
    Ich fragte, was Ruth damit gemeint hatte, dass Frank alles verändern wolle, mir schien, er mochte das Palau so, wie es war. »Einen Ort wie diesen«, hatte er mehr als einmal zu mir gesagt, »findest du kein zweites Mal.«
    Â»Er hat Sorge, dass wir uns nicht halten können, wenn wir nicht hier und da ein bisschen umdenken«, sagte Elisabeth.
    Â»Und Ruth hat die Sorge nicht?«
    Â»Ach, die!«
    Es stellte sich heraus, dass »alles verändern«, wie es Frank zur Last gelegt wurde, zunächst aus den zaghaft vorgebrachten
Vorschlägen bestand, erstens ein Kartenlesegerät anzuschaffen, damit die Leute nicht immer erst sieben Kilometer zum

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