Das Meer in seinen Augen (German Edition)
neben seinen Schuhen, lag in schwarzer Folie quadratisch verpackt ein Kondom der Marke BillyBoy. David wurde fahrig. Was sollte er sagen? Seine Mutter vermied es, ihn anzusehen. Sollte er das einfach so stehen lassen?
»Das muss - von Merlin sein«, sagte er schließlich und hätte sich am liebsten gleich georfeigt.
»Also war er doch über Nacht hier?«
»Nein«, presste David hervor. Warum musste er nur immer so einen Mist von sich geben? »Es - wird ihm aus der - Tasche gefallen sein.« Wahrscheinlich war das sogar die Wahrheit. Über die Bedeutung dessen wollte er sich aber später eingehender Gedanken machen. Jetzt musste er erst mal seine Mutter beruhigen.
»Dein Vater glaubt, du hättest ein Mädchen hier gehabt«, sagte seine Mutter und sah ihn forschend an.
David schluckte. Besser, er sagte nichts mehr einfach so unüberlegt. Wer wusste, auf welche Ideen er seine Eltern noch brachte. Wenigstens schien sie ihm zu glauben, dass nicht Merlin hier übernachtet hatte.
»Wie wäre es, wenn du demnächst einfach vorher Bescheid sagst, bevor du fremde Leute mit nach Hause bringst?«
David nickte.
»Was ist das überhaupt für ein Mädchen?«, fragte sie. »Ich meine, ihr könnt euch ja noch nicht lange kennen und da schläft sie schon hier bei dir?« Sie schwieg einen Moment und fügte dann unsinnigerweise an: »In deinem Bett.« Fast hätte David laut aufgelacht. Doch er wusste, dass seine Mutter sich genau in diesem Moment erst mal der Tatsache bewusst wurde, dass er sich in diesem Bett jemandem hingegeben hatte.
»Ich hoffe, ihr habt eins von den Dingern benutzt«, sagte sie schließlich und der Ton ihrer Stimme machte ihr Missfallen deutlich.
»Mam, es ist nichts passiert!«, entfuhr es David. Empört sah er seine Mutter an. Dann wurde ihm aber klar, dass er gerade eine satte Lüge präsentierte. Natürlich war etwas passiert, nur eben nicht so, wie seine Mutter es sich dachte - nicht mit einem Mädchen und auch nicht so, dass man ein Kondom gebraucht hätte. Aber es hätte passieren können, durchfuhr es ihn, immerhin hatte Merlin vorsorglich Gummis dabei gehabt.
»Wie heißt sie denn?«, fragte seine Mutter plötzlich. »Und wo habt ihr euch kennengelernt? Sicher an der Schule, oder?«
David antwortete nicht. Was sollte er auch sagen? Er bemerkte, dass er seine Finger in der Bettdecke vergraben hatte und fest daran zog. Warum drängte sie ihn so in die Ecke? Sie wollte, dass er keine Zeit hatte, sich eine Geschichte zu überlegen, die er ihr auftischen konnte, logisch. Aber hatte sie denn ein Recht darauf, die Wahrheit zu erzwingen? Einen kurzen Augenblick dachte David darüber nach, ihr einfach zu sagen, was wirklich passiert war, dass Merlin hier geschlafen hatte, dass sie sich geküsst hatten und er sogar einen Orgasmus gehabt hatte. Ganz sicher würde er damit den Überraschungsvorteil auf seiner Seite haben. Nur, er bezweifelte stark, dass ihm das wirklich Vorteile bringen würde. Trotzdem hätte er nicht übel Lust, seiner Mutter diesen Schock zu verpassen. Leider fehlte ihm der Mut.
»David!«, sagte sie.
Er sah auf.
»Bring sie einfach morgen zum Essen mit.«
»Wen?«, frage er perplex.
»Deine Freundin, wen denn sonst?«
In diesem Moment schoss eine Idee durch seinen Kopf. Er würde Linda fragen, ob sie nicht für ihn die ominöse Freundin spielen könnte. Immerhin war sie Merlins beste Freundin und sie würde letzlich auch ihm einen Gefallen tun. Seine Eltern jedenfalls hätten Ruhe. Aber dann dachte er an die zahllosen Fragen, die seine Mutter bezüglich des Aufruhrs heute morgen stellen würde. Zudem war die Gefahr zu groß, dass Linda ihn durch irgendeinen dummen Kommentar auffliegen ließ. Er kannte sie zu wenig und irgendwie wurde er das Gefühl nicht los, dass man ihr diesbezüglich nicht wirklich trauen konnte. Für sie war Schwulsein etwas, das keine Probleme mit sich brachte.
»David?«
Er zuckte zusammen. »Ja«, sagte er schnell. »Also, ich werde sie fragen, aber - ich glaube nicht, dass sie Zeit hat.«
»Oh«, machte seine Mutter. Ihre Augen verengten sich ein wenig. »Was macht sie denn?«
»Ich weiß nicht, aber sie - wohnt ja in Köln.« David war eingefallen, dass Linda jeden Morgen aus Köln zur Schule kam. Vielleicht war es gar nicht so schlecht, wenn er sie als Vorlage nahm. Dann würde er sich zumindest nicht in Widersprüche verstricken, wenn seine Mutter irgendwann noch mal das ein oder andere wissen wollte.
»Du meinst, sie ist heute morgen - nach Köln
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