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Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Titel: Das Meer in seinen Augen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L.B. Roth
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geahnt, worüber sie noch kurz zuvor nachgedacht hatte. Wieder schlich sich in ihr der Gedanke hoch, dass sie ihm mit all dem vielleicht doch Unrecht tat. Mit einem Stöhnen legte sie ihre Hand auf die Stirn. Letztlich hatte er ihr mit dem ganzen Spielchen gezeigt, wie sehr sie ihn mit ihren Plänen verletzte. Und das genau auf die Art, wie sie es selbst vielleicht auch tun würde. Ihr wurde schlecht. Sie würde mit ihm reden müssen, jetzt gleich.

    96

    David beobachtete Merlin, wie er das Haus verließ und sich auf den Weg zur Schule machte. Eigentlich hatte er erwartet, dass Merlin zu ihm hochschauen würde, doch das geschah nicht. Er ging einfach über die Straße und verschwand unter der Trauerweide. David wusste nicht so recht, was er erwartet hatte - aber ganz sicher nicht das. Sein Blick glitt wieder zu Merlins Fenster, das noch immer durch die Jalousien geschützt war. Den ganzen Morgen hatte er gehofft, dass Merlin den Sichtschutz beseitigen und ihm zuwinken würde. Aber auch darauf hatte er vergebens gewartet. Das Rollo blieb zwischen ihnen und für David gab es keine Möglichkeit, die Gedanken von gestern zu verdrängen. Nichts war über Nacht besser geworden. Merlin hatte die Spuren nicht beseitigt, wenn man denn bei heruntergelassenen Rollläden von tatsächlichen Spuren ausgehen konnte. Also war es ihm ernst, dachte David. Er wollte nicht mehr mit ihm zusammen sein, er wollte sich keine Mühe mehr geben, Paolo zu widerstehen. Das Schlimmste daran war natürlich, dass David keine Entscheidungsfreiheit mehr blieb. Er konnte nicht mehr sagen, dass er mit all dem nicht einverstanden war und daher Schluss machte. Er konnte sich nicht mehr trotz der Umstände für eine Beziehung entscheiden. Ihm blieb nur, Merlins Entschluss zu akzeptieren. Fast machten diese Gedanken auf ihn den Eindruck, als gäbe es eine Möglichkeit, Paolo als Affäre hinzunehmen. Er setzte sich auf sein Bett. Könnte er das tatsächlich tolerieren? Oder entstanden diese Gedanken letztlich nur aus dem Frust heraus, handlungsunfähig zu sein? Ihm fiel wieder ein, dass Merlin mögliche Lösungsvorschläge gar nicht erst in Betracht gezogen hatte. Er wollte ihrer Beziehung erst gar keine Chance geben!
    David sprang auf und zog sich an. Die Tatsache, dass Merlin offenbar so gegen ihn arbeitete, machte ihn wütend. Am liebsten würde er jetzt in die Schule gehen und ihm eine reinhauen. Er atmete tief durch und wischte sich Tränen aus den Augenwinkeln. Wann war er eigentlich jemals so wütend gewesen? David konnte sich nicht an ein vergleichbares Gefühl in der Vergangenheit erinnern.
    Lustlos ging er ins Bad und führte eine oberflächliche Katzenwäsche durch. Er würde heute zu Paolo auf die Arbeit gehen und ihm zusagen, dass er ab sofort bei ihm arbeiten würde. Allein weil Merlin aus irgendeinem Grund dagegen war! David lächelte bitter. Was hatten sie sich jetzt schon noch zu sagen? Die Sache zwischen ihnen war aus. Warum sollte er sich also von Merlin den Nebenjob ausreden lassen? Der Gedanke, dass sich Merlin darüber ärgern könnte, gefiel ihm. Er hatte sowieso nicht verstanden, weshalb es so schlimm war, wenn er für Paolo arbeitete. Sicher, David verabscheute diesen Mann, aber letztlich arbeitete er für die Firma, in der sein eigener Vater tätig war. Daran konnte nichts falsch sein. Vielleicht war Merlin ja nur eifersüchtig auf ihn. David hielt inne. So hatte er darüber noch gar nicht nachgedacht. Was war, wenn Merlin nur nicht wollte, dass er sich in der Nähe von Paolo aufhielt, weil ihn das eifersüchtig machte - und zwar nicht auf Paolo, sondern auf ihn? David fühlte sich wie gelähmt. Dann schüttelte er aber den Kopf und verließ das Bad. Er wollte nicht über solche Dinge nachdenken. Schließlich konnte er nicht wissen, was in Merlin vorging. Langsam stieg er die Treppe nach unten.
    »Guten morgen, David«, sagte seine Mutter und strahlte ihn an. »Wie geht es dir?«
    »Geht so«, antwortete David knapp. Es verunsicherte ihn, dass seine Mutter offensichtlich gute Laune hatte.
    »Ich habe dir Frühstück gemacht.«
    »Danke, aber ...« David wollte schon ablehnen, als ihm auffiel, dass er eigentlich doch Hunger hatte. Er folgte seiner Mutter in die Küche.
    »Ich habe gestern noch mit deinem Vater gesprochen«, sagte sie beschwingt.
    »Ach«, machte David.
    Sie sah ihn mit einem erwartungsvollen Ausdruck in den Augen an. »Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass du vielleicht wirklich ein wenig Taschengeld nebenher

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