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Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Titel: Das Meer in seinen Augen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L.B. Roth
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machen. Und ausgerechnet Paolo, von dem sie das am allerwenigsten erwartet hatte ...
    Unten ging die Haustür. Merlin hatte sich auf den Weg zur Schule gemacht.
    »Du willst mich verlassen«, sagte Paolo unvermittelt.
    Selma sah ihn erschrocken an. Dann schluckte sie. Einen Moment lang dachte sie tatsächlich darüber nach, ob Paolo in ihren Kopf schauen konnte. Aber sie fing sich schließlich wieder. Das war lediglich ein weiterer Beweis, wie sehr sie diesen Mann unterschätzte.
    »Ja«, antwortete sie schnell, bevor sie es sich noch mal überlegen konnte.
    Er schwieg. Genau dieses Schweigen war die einzige Waffe, die er jetzt gegen sie ins Feld führen konnte. In ihr begann es automatisch zu rotieren. Der Drang, ihre Entscheidung wieder zu relativieren, kletterte mit scharfen Krallen in ihr hoch. Die Situation erzwang schon fast, dass sie ein Aber anfügte. Verkrampft hielt sie sich zurück.
    »Aber?« Er lächelte.
    Selma schloss die Augen. Mit einem Mal fühlte sie sich schwindelig. Dieses Lächeln! Als wenn es überhaupt nicht um ihre gemeinsame Zukunft ging, sondern um etwas absolut Belangloses. Fast hatte sie den Eindruck, dass es ihm vollkommen gleichgültig war, wie sie sich letztendlich entschied. Aber er wollte sie ärgern, er wollte nicht einfach so nachgeben. Tief atmete sie durch, dann öffnete sie die Augen wieder und versuchte, ein wenig Kampfbereitschaft für sich aus seinem Lächeln zu ziehen.
    »Kein Aber«, sagte sie fest.
    »Hast du eine Affäre?«, fragte er und sah sie mit gespieltem Erstaunen an.
    Ihr klappte der Mund auf. Sie schüttelte vollkommen überrannt den Kopf. »Bitte was?«
    »Hätte doch sein können«, sagte Paolo und zuckte mit den Achseln. »Ich weiß sehr wohl, dass ich nicht der Beste bin und immerhin hatten wir in letzter Zeit wenig Sex.«
    »Das heißt aber noch lange nicht, dass ich mir irgendeinen Typen an Land ziehe!« Da war die Wut mit einem Mal, die sie kurz zovor noch vermisst hatte. »Und wie steht es mit dir?«, fragte sie scharf.
    Paolo zuckte wieder mit den Schultern.
    Ihr wurde schlecht. Also hatte sie recht gehabt. Sie hatte es die ganze Zeit geahnt!
    »Spielt das jetzt noch eine Rolle?«, fragte er. »Du hast dich gegen mich entschieden.«
    »Im Moment machst du es mir auch nicht gerade schwierig!«, fauchte Selma und sprang wutentbrannt aus dem Bett. Wie konnte dieses Arschloch nur so selbstgefällig daliegen und ihr brühwarm erzählen, dass er es mit einer anderen trieb? Plötzlich stürmten tausend Gedanken auf sie ein: Wie sah sie wohl aus? Gut natürlich. War sie jünger? Ganz sicher. Wo treffen sie sich immer? Bei ihm in der Firma? Sie wischte sich mit den Händen durchs Gesicht. Die ganze Zeit über hatte sie es gewusst! Aber sie hatte es nicht wahr haben wollen. Völlig unpassend fiel ihr ein Spruch ein, den ihre Mutter immer angebracht hatte: Ein schöner Mann gehört einem niemals allein. Selma lachte laut auf.
    »Worüber lachst du?«, frage Paolo ruhig.
    »Über meine Dummheit«, sagte Selma. »Wie konnte ich nur so dämlich sein und glauben, dass das mit uns beiden klappen würde?«
    »Warum?« Er sah sie auffordernd an. »Klappt es mit uns etwa nicht?«
    Wieder drang ein spöttisches Lachen aus Selmas Kehle. Eigentlich hatte sie sich immer vorgenommen, dass sie in einem solchen Moment die Ruhe bewahren wollte. Aber daran war nicht zu denken. Sie war viel zu sehr aufgebracht.
    »Findest du es etwa in Ordnung, wenn du mit einer anderen rummachst?« Ihre Stimme klang schrill. Etwas in ihr versuchte vergeblich, sie zurückzuhalten.
    Paolo grinste frech. »Eine andere?«
    »Verdammt! Jetzt tu nicht so. Du hast doch gerade selbst gesagt, dass du ...« Plötzlich fiel Selma ein, dass Paolo überhaupt nichts gesagt hatte. Er hatte ihr lediglich keine Auskunft darüber gegeben, ob er eine Affäre hatte oder nicht. Der Rest war in ihrem Kopf abgelaufen. Sie hatte sein Schweigen einfach als Zustimmung gewertet. Wie sollte sie es auch sonst werten, nachdem er ihr so bereitwillig einen Mann neben ihm gönnte? Und dann hatte die Psyche zugeschlagen und die unbestimmte Rivalin in ihrem Kopf konkretisiert.
    Paolo lachte. »Was hast du?«
    »Du bist ein Arschloch!«, sagte Selma und kniff die Lippen zusammen. Hastig verließ sie das Schlafzimmer.
    Im Bad stand sie vor dem Spiegel und betrachtete ihr Gesicht. Noch immer ging ihr Atem beschleunigt. Sie konnte es nicht fassen, dass er sie so locker auf ihrem eigenen Spezialgebiet geschlagen hatte. Als hätte er

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