Das Meer in seinen Augen (German Edition)
Zettel, auf dem stand: Frag ihn, wenn du es wissen willst!
Auf der anderen Straßenseite kniete Merlin bereits auf dem Bett, während der Mann hinter ihm stand und seine Lenden gegen Merlins Hintern presste. David sog diesen Anblick in sich auf. Noch nie hatte er gesehen, dass sich zwei Männer dem Liebesakt hingaben. Natürlich, Fantasien spukten zur Genüge in seinem Kopf herum, und anreizende Bilder aus dem Internet kannte er ebenfalls. Aber in der Wirklichkeit war ihm sowas noch nicht begegnet. Er als Außenseiter hatte nicht mal an pubertären Spielchen teilgenommen. Und jetzt sah er seinen Nachbarn, seinen Klassenkameraden, wie er sich lustvoll diesem Typen hingab. Der hatte einfach abgewartet, bis die Mutter aus dem Haus war, um mit seinem heißen Schlitten anzurauschen und sich in diesen schönen Jungen zu versenken. David beobachtete wie die Körper voller Lust aufeinanderprallten. Besonders liebevoll sah es ja nicht aus. Als David Merlins abstehendes Glied bemerkte, ließ er das Fernglas verschämt sinken. Erst jetzt wurde ihm klar, wie tief er in die Privatsphäre seines Nachbarn eingedrungen war. Es gefiel ihm, wenn er Merlin beobachtete, wie er sich abends auszog, um zu Bett zu gehen. Aber das jetzt, das war etwas anderes. Das war ernst. Jetzt fühlte er sich wirklich wie ein Spanner. Sein Schuldgefühl verstärkte sich noch, als er seine eigene Errektion bemerkte. Trotzdem lockte es ihn, wieder durch das Fernglas zu sehen und mitzuerleben, wie jemand anderes seine sexuellen Wünsche auslebte. Es war einfach unglaublich, dass es Menschen in seinem Umfeld gab, die das machten, wovon er nur träumen konnte. Einfach unvorstellbar, dass es Homosexualität nicht nur in Büchern oder gestellten Bildern gab, sondern im echten Leben. Eine elektrisierende Erkenntnis, die seine Haut kribbeln ließ.
Als er wieder nach drüben blickte, lag Merlin auf dem Rücken und schlang seine Beine um den Körper des Mannes, der auf ihm lag. Es beruhigte David, dass er die primären Geschlechtsorgane nicht mehr sehen konnte. Irgendwie ging ihm das doch zu weit. Rein technisch war ihm natürlich klar, was das Heben und Senken des Hinterns zu bedeuten hatte. Allerdings konnte er sich kaum vorstellen, wie es sich anfühlte, wenn ...
Es klopfte an der Tür.
»Ja?«, rief David vollkommen panisch und warf das Fernglas auf sein Bett.
Die Tür öffnete sich und seine Mutter kam herein. Schnell drehte sich David zum Fenster, damit sie die Beule in seiner Hose nicht sehen konnte. Automatisch fiel sein Blick wieder in Merlins Zimmer. Auch ohne Vergrößerung konnte man sehr gut sehen, was dort drüben vor sich ging. Hastig riss David an dem Gurt für die Jalousie und ließ den Lichtschutz geräuschvoll hinunter.
»Was ist los?«, fragte seine Mutter konsterniert. Sie knippste das Licht an, während David sich unauffällig über sein mittlerweile wieder auf normale Größe geschrupftes Geschlecht strich.
»Nichts - nichts ist ...«
»Was machst du denn für einen Radau mit dem Fenster?« Sie sah ihn vollkommen verstört an.
»Ich hab das Rollo runtergelassen, damit ich jetzt schlafen kann.«
»Du verhältst dich merkwürdig, David. Ist irgendwas nicht in Ordnung?« Jetzt lag in ihrem Blick eine leichte Verärgerung. »Nimmst du Drogen?«
Fast hätte David laut aufgelacht. Gerade noch rechtzeitig konnte er den Impuls unterdrücken. Wenn er jetzt lachte, würde seine Mutter ihn ganz sicher ins Krankenhaus einliefern lassen, damit sie ihm dort vorsorglich mal den Magen auspumpen konnten.
»Nein«, sagte er so ernst, wie er es gerade noch schaffte.
Sie sah ihn lange prüfend an. Dann nickte sie schließlich. »Gut. Ich - wollte dir eigentlich - nur eine gute Nacht wünschen.«
»Ja, Mam, wünsche ich dir auch.« David legte sich demonstrativ ins Bett. »Kannst das Licht ruhig wieder ausmachen. Ich bin müde.«
Seine Mutter betätigte den Schalter. Nur noch das Licht aus dem Flur drang an ihrer Silhouette vorbei. Dann schaltete sie das Licht wieder ein, als ob sie überprüfen wollte, dass er sich in der Zwischenzeit nicht in Luft aufgelöst hatte. Einen schier unendlichen Moment betrachtete sie ihn noch mal. Dann sagte sie noch mal: »Gute Nacht.«
Trotzdem blieb sie weiterhin in der Tür stehen. »Morgen reden wir mal darüber. Auch über die Schule.«
Endlich schloss sie die Tür und ließ David allein in der Dunkelheit zurück. Sein Herz pochte wild und er hörte nur noch das Rauschen seines Blutes in den Ohren. Es dauerte
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