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Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Titel: Das Meer in seinen Augen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L.B. Roth
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Merlin nur blamieren.
    Die Frau verließ in Richtung Hauptstraße sein Sichtfeld. Als David seinen Blick wieder auf Merlins Zimmer schwenkte, war es leer. Er musste augenblicklich grinsen. Natürlich. Sobald das Haus sturmfrei war, machte man erst mal das, wozu man eigentlich Lust hatte. Nur, wozu hatte Merlin wohl gerade Lust? Kurz darauf ging in der Küche das Licht an. Merlin trat an den Kühlschrank und trank ein Glas Milch. Na, das war aber nicht gerade spektakulär, dachte sich David. Dafür musste selbst er nicht warten, bis seine Mutter aus dem Haus war.
    Ein Mercedes fuhr am Haus vorbei und hupte. Dann lenkte der Fahrer auf die Garage vor dem Haus zu. David schwenkte zu Merlin zurück. Der stand noch immer in der Küche, sah auf seine Armbanduhr und stellte das Glas weg. Offensichtlich war er wohl verabredet. Zumindest vermutete David das. Allerdings machte Merlin keine Anstalten, das Haus zu verlassen. David sah wieder zu dem Mercedes hinunter. Ein Mann stieg gerade aus.
    »David?« Es klopfte an der Tür.
    Mit einem leisen Stöhnen stellte er das Fernglas ab. »Ja?«
    »Willst du noch irgendwas?«
    »Nein, danke«, antwortete er und hoffte, dass seine Mutter sich damit zufriedengeben würde.
    »Ist gut«, sagte sie zu seiner Überraschung und verschwand wieder nach unten.
    Erleichtert nahm er seine Beobachtungen wieder auf. Der Mann war mittlerweile schon im Haus. Er stand mit Merlin zusammen in der Küche und nahm sich ebenfalls ein Glas Milch. David fixierte den Mann. Er hatte zwar einen Anzug an, sah aber dennoch recht jung und sportlich aus - auf jeden Fall deutlich jünger als Merlins Mutter. Damit war der Kerl schon mal nicht Merlins Vater. David fiel ein, dass Merlin eh gesagt hatte, dass seine Mutter nicht mit seinem richtigen Vater zusammen war.
    Merlin verließ die Küche und tauchte wenig später oben in seinem Zimmer wieder auf. Jetzt würde er sich wieder an den Schreibtisch setzten und das war es, dachte David. Doch zu seiner Überraschung zog sich Merlin das Shirt über den Kopf und begann sich zu entkleiden. »Na holla!«, murmelte David überrascht. Drüben schien es doch noch interessant zu werden. Nur mit Unterhose bekleidet, ließ sich Merlin auf sein Bett fallen und blieb liegen. Was denn jetzt? David richtete das Fernglas auf die Küche, doch da war das Licht mittlerweile wieder erloschen. Schnell rückte er den Ausschnitt wieder hoch und sah gerade, wie sich der Mann in Merlins Zimmer ebenfalls entkleidete. Sein Mund wurde vollkommen trocken und klappte auf. Er konnte nicht glauben, was er gerade sah. Das überstieg seine kühnsten Fantasien. Ein Schauer brachte seine Haut zum Kribbeln. Der Mann hatte sich mittlerweile komplett entkleidet und stand nun völlig nackt vor dem Bett. Machohaft streckte er die Arme in die Luft, während sich Merlins Kopf auf seine Körpermitte senkte.
    Nach Luft schnappend ließ David das Fernglas fallen. Er konnte es nicht fassen. Wie konnte Merlin ... David schüttelte den Kopf. Jetzt erst verstand er die ganzen Anspielungen von Linda und Merlins ausweichendes Verhalten, was eine mögliche Beziehung mit ihr anging. Merlin war schwul. Und das schockte ihn noch mehr, als die Tatsache, dass er ihn bei sexuellen Aktivitäten mit einem anderen Mann beobachten konnte. Er hatte sich wohlgefühlt, Merlin als Ansprechpartner in der Klasse zu haben. Es hatte sich gut angefühlt, einen Jungen als Kontakt zu haben, jemanden, der in der Klasse als cool galt - und Merlin war irgendwie cool. Aber jetzt? David wurde schlecht. Er hatte sich zielsicher mit einem Schwulen bekannt gemacht! Das entsprach absolut nicht seinen Vorstellungen von einem Neustart in der Schule. Jetzt würde er in Zukunft nicht nur selbst wieder ein Verlierer sein, sondern auch noch die Spötteleien über Merlin ertragen müssen. Er holte tief Luft. Moment. Er war hier nicht in Hamburg. Niemand hatte ihn heute als Schwuchtel beschimpft. Und auch Merlin war nicht attackiert worden. Dabei war es offensichtlich, wenn man es denn erst mal wusste. Lindas Gerede hatte eigentlich die ganze Zeit darauf hingewiesen. Nach und nach wurde ihm auch klar, dass sie ihn nicht hatte anbaggern wollen. Sie wollte herausfinden, ob er genauso war - so wie Merlin. David schluckte schwer. Aber er musste sich eingestehen, dass er sich mit Merlin und Linda sehr viel wohler gefühlt hatte, als damals mit irgendeinem seiner Mitschüler in Hamburg. David dachte an seine Handschrift, die Merlin so toll fand - und an den

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