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Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Titel: Das Meer in seinen Augen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L.B. Roth
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wieder wie immer aus.
    »Kannst du es nicht ausfallen lassen?«, fragte er.
    Selma schüttelte den Kopf. »Nein, ich bin verabredet.« Sie wurde das Gefühl nicht los, dass Paolo in Wirklichkeit gar nicht wollte, dass sie den Termin fallenließ. Also fragte sie: »Was hattest du denn vor? Vielleicht überlege ich es mir ja noch mal, wenn ich weiß, was die Alternative hergibt.«
    »Ach, nichts Besonderes. Ich dachte, wir könnten zusammen essen.«
    »Das können wir heute Abend noch immer«, sagte Selma resigniert.
    »Wenn ich ehrlich bin, hatte ich gehofft, dass du für mich was Leckeres kochst.« Paolo sah sie plötzlich an wie ein kleiner Junge. »Ich hab Hunger auf Bratkartoffeln.«
    »Sag bloß«, lachte Selma, »du kommst tatsächlich nicht wegen mir früher, sondern nur, weil du Lust auf Bratkartoffeln hast!«
    Paolo lächelte verschämt. Der Wasserkocher schaltete sich ab und Selma nahm das heiße Wasser und goss es in einen großen Becher.
    »Willst du auch einen Tee?«
    Paolo schien einen Moment zu zögern. »Nein, ich glaube nicht. Aber wenn du möchtest, mache ich dir meine Spezialmischung.«
    Selma überlegte. Damit ärgerte er sie schon eine ganze Weile. Er kannte eine wunderbare Gewürzmischung, die einfach unglaublich schmeckte, wollte ihr aber nie verraten, wie sie sich zusammensetzte.
    »Wenn du mir verrätst ...«
    »Nein«, sagte er knapp. »Aber ich werte das einfach mal als Zustimmung.« Er nahm ihr das Glas mit der Minze aus der Hand und stellte es zurück in den Schrank.
    »Du bist unmöglich, weißt du das?«, sagte Selma und lachte. Aber eigentlich war ihr gar nicht mehr zum Lachen zumute. Es ärgerte sie, dass er ihr das Rezept nicht verraten wollte, sondern lediglich einen vorgemischten Vorrat bereithielt. Ein paar Zutaten hatte sie natürlich herausgeschmeckt, aber was sie auch versuchte, sie bekam diesen unglaublichen Geschmack nicht hin.
    »Ein Geheimnis brauche ich auch«, sagte Paolo, als hätte er ihre Gedanken gelesen. »Du weißt sonst alles von mir, aber das hier werde ich mir bewahren.« Er drehte sich zu ihr um. »Damit du für immer bei mir bleibst.« Dann drückte er ihr einen Kuss auf die Lippen.
    Selma war plötzlich kalt. Sie rieb sich mit den Handflächen über die Oberarme.
    »Frierst du?«, fragte Paolo. In seinen Augen glomm entfernt ein Wissen, das sie irgendwie erschreckte. Dann war es wieder verschwunden.
    »Trink einfach einen Schluck, dann wird dir warm und all deine Sorgen sind vergessen«, sagte er und zwinkerte ihr zu.
    »Manchmal redest du den gleichen Stuss wie ich.« Selma lächelte nicht, sondern sah ihn ernst an. »Ist es nicht unheimlich, wie sehr man sich gegenseitig beeinflusst?« Sie goss den Tee auf.
    »Du redest keinen Stuss, Liebling«, hauchte Paolo ihr ins Ohr. Sie zitterte.
    Der erste Schluck schmeckte fast nach nichts. Sie nippte noch mal. Der Geschmack verstärkte sich langsam und in ihr flammte ein beruhigendes Gefühl auf. Plötzlich kamen ihr die Gedanken von zuvor albern vor. Sie lächelte Paolo an.
    »Demnächst sagst du aber Bescheid, wenn du früher kommst. Dann bekommst du auch deine Bratkartoffeln.«
    »Na, so muss ich jetzt wohl selbst ran.« Paolo runzelte kurz die Stirn, als müsse er überlegen. »Oder ich frage mal bei Merlin an. Vielleicht will er auch welche.«
    »Du suchst nur jemanden, den du für dich abstellen kannst, du kleiner Macho«, sagte Selma. Dann fiel ihr wieder ein, dass Merlin gar nicht allein war. »Mensch, Paolo, ich muss dir was erzählen«, sagte sie in verschwörerischem Tonfall. »Merlin ist oben auf seinem Zimmer - mit David.« Sie schaute ihren Freund erwartungsvoll an, doch die gewünschte Reaktion blieb aus.
    »Wer ist David?«, fragte Paolo.
    »Mensch.« Sie schlug ihm mit dem Handrücken auf die Brust. »Der Nachbarsjunge. Was bist du denn plötzlich so vergesslich?«
    »Entschuldige, ich bin mit meinem Kopf wohl bei den Bratkartoffeln.«
    »Unglaublich!« Selma lachte. »Jedenfalls«, fuhr sie in ihrem geheimnisvollen Tonfall fort, »lässt du die beiden am Besten in Ruhe. Ich glaube, da bahnt sich was an.«
    Paolo schwieg. Sein Mund war zu einem schmalen Schlitz ohne Lippen geworden.
    »Was hast du?«, fragte Selma.
    »Keine Bratkartoffeln«, antwortete Paolo.
    »Ach, jetzt stell dich mal nicht an.« Selma konnte nicht verstehen, dass ihr Freund absolut keine Freude zeigte. Hey, immerhin war ihr Sohn dabei, endlich einen Freund an Land zu ziehen. Vielleicht würde er heute zum ersten Mal mit jemanden

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