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Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Titel: Das Meer in seinen Augen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L.B. Roth
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Egal was ich sage, es wird deren Meinung sicher nicht ändern.« Er zögerte. »Im schlechtesten Fall werde ich sie nur herausfordern.«
    David nickte. Das war einer der Gründe, weshalb er sich doch lieber entschied, sein Geheimnis für sich zu behalten.
    »Wenn die Leute einen erst kennen, ist es ihnen egal«, sagte Merlin. »In unserer Klasse habe ich keine Probleme. Ich meine, natürlich gibt es auch da den ein oder anderen, der mal einen Spruch ablässt oder komische Fragen stellt. Aber wenn sie sich erst mal dran gewöhnt haben, ist es okay.«
    »Macht aber nicht den Eindruck, als hättest du viele Freunde in der Klasse.«
    Merlin lachte. »Das Verrückte ist, dass die Mädels plötzlich alle auf einen fliegen. Die finden das irgendwie wahnsinnig spannend, dass da ein Typ ihre Interessen teilt. Ganz schön nervig kann ich dir sagen. Na ja, und die Jungs gehen da erst mal gern auf Abstand, weil schließlich die Möglichkeit besteht, dass sie selbst für schwul gehalten werden. Wer will das schon?«
    David schluckte. War das eine Anspielung, dass er sich völlig untypisch verhielt, indem er mit Merlin abhing?
    »Darum bin ich auch echt dankbar, dass du ...« Merlin sah ihn an. »Also, dass du mit mir quatscht.«
    David lehnte sich erleichtert zurück. Einer plötzlichen Eingebung folgend, lehnte er sich ein Stück aus dem Fenster. »Warum suchst du dir dann nicht andere?«
    »Andere?«, fragte Merlin.
    David presste das fehlende Wort hervor: »Schwule.«
    »Linda sagt immer, dass die anderen zu feige sind und sich lieber verstecken, als sich zusammenzuschließen.« Merlin lachte. »Ich weiß nicht, ob das überhaupt nötig ist. Irgendwie kommt mir der Gedanke blöd vor, mich nur mit Leuten abzugeben, weil sie schwul sind. Außerdem: Finde mal welche an dieser Schule!«
    »Kannst du - also - du erkennst - die doch, oder?«, fragte David dümmlich. Er war sich bewusst, dass er mit dieser Frage dünnes Eis betrat. Wenn Merlin tatsächlich sehen konnte, ob jemand schwul war, dann würde er es auch von ihm wissen. Was dann? Trotzdem war David mit einem Mal die Gewissheit lieber, als weiterhin die quälende Frage im Hinterkopf zu haben, ob er sich nicht schon längst verraten hatte.
    »Vielen kann man es ansehen, ja. Aber ich bin da kein Experte. Und überhaupt, das heißt noch gar nichts. Linda meint immer, dass sie es den Leuten ansehen kann. Dann erzählt sie mir, wen ich ansprechen und um ein Date bitten soll.« Merlin grinste. »Aber manchmal liegt sie auch komplett daneben.« Er hielt sich die Hand vor den Mund und hustete. Dann sagte er: »Das ist auch der Grund, weshalb wir jetzt Streit haben.«
    David konnte den fragenden Blick nicht mehr zurückhalten. Zu spät fiel ihm auf, dass er damit einen Schritt zu weit tat. Jetzt würde Merlin unweigerlich auf den Zettel zu sprechen kommen. Schnell sagte er: »Wir haben heute echt viel für Mathe auf, was?«
    Merlin sah ihn irritiert an. Dann nickte er. »Ja, der Hürling legt echt gut los.« Er machte eine kurze Pause, um dann wieder zum eigentliche Thema zu wechseln. »Also, Linda ist manchmal ...«
    »Kannst du das, was wir in Mathe machen?«, fragte David dazwischen.
    »... ein wenig verbohrt«, beendete Merlin den Satz. »Ich weiß noch nicht, wegen Mathe. Das ist ehrlich gesagt nicht so mein Ding. Aber noch mal zu dem Briefchen ...«
    »Wenn du willst, helfe ich dir.«
    »Oh, das wäre toll«, sagte Merlin und strahlte. »Aber ich sage dir sofort, ich bin ein schwieriger Fall.«
    »Ich gebe dir einfach die Aufgaben rüber, wenn ich fertig bin, okay?«
    Merlin runzelte die Stirn. »Ich dachte, wir machen die Aufgaben zusammen, damit du sie mir erklären kannst. So eine Art Nachhilfestunde?«
    David wurde warm. Natürlich wollte er das. Er würde mit Merlin einen Nachmittag verbringen und sie würden über Mathe reden und nichts anderes. Er nickte.
    »Gut, dann lass uns gehen!« Merlin sprang auf und zerrte ihn von der Bank. David realisierte erst als er schon stand, dass Merlin ihn an die Hand genommen hatte. Die warmen Finger, die seine umschlossen. Dann ließen sie ihn wieder los.
    »Wenn du Bock hast, können wir ja nachher noch einen Film gucken oder so.«
    »Klar«, sagte David, völlig unerwartet von einer mitreißenden Euphorie ergriffen.

    34

    »Hi Ma!«, rief Merlin, als sie das Haus betraten. »Ich habe Besuch mitgebracht.«
    Selma kam sofort die Wendeltreppe herunter. »Das ist ja schön«, sagte sie und lächelte David an. »Merlin hat schon gedacht,

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