Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Titel: Das Meer in seinen Augen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L.B. Roth
Vom Netzwerk:
einfach so verschlafen konnte.
    »Bist du müde?«, flüsterte Merlin.
    »Nein.«
    »Wirklich nicht?«
    »Doch«, sagte David, »aber ich will nicht.«
    »Soll ich nicht langsam mal rüber?«
    David zuckte zusammen. Daran hatte er ja gar nicht mehr gedacht! Mit einem Mal fühlte er sich, als wäre er aus einem schönen Traum erwacht. Er wollte nicht, dass Merlin jetzt ging. Aber was würden seine Eltern sagen, wenn sie ihn in seinem Bett fanden? Die Vorstellung, jetzt einfach mit Merlin einfschlafen und die Nacht verbringen zu können, erfüllte ihn mit Zufriedenheit. Es tat ihm weh, sich der Realität stellen zu müssen. Merlin war ein Junge, er durfte nicht mit ihm zusammen im Bett liegen. Wahrscheinlich dürfte er das nicht mal mit einem Mädchen, überlegte er.
    »Ich wünschte, du könntest hier bleiben«, murmelte David.
    »Ich auch.« Merlin küsste ihn auf die Schulter. »Du kannst doch ab und zu bei mir schlafen«, schlug er schließlich vor. »Meine Mutter hat garantiert nichts dagegen.«
    Unvermittelt drängte sich David wieder die Szene mit Paolo in den Kopf. Diesmal konnte er diesen Mann nicht so einfach verbannen. Jetzt war alles still, sein Herz schlug nicht mehr so wild, es passierte nichts mehr Aufregendes, für verdrängte Dämonen genau die richtige Gelegenheit aufzutauchen.
    »Was ist mit Paolo?«, sprach er es schließlich aus. Augenblicklich schien sich die Luft um ihn herum zu verändern.
    »Der hat auch nichts dagegen«, sagte Merlin nach einer Weile. Es hörte sich fast trotzig an.
    »Wie kommst du mit ihm klar?«, fragte David. Eigentlich wollte er es gar nicht wissen. Er hatte Angst, dass Merlin ihm sagen könnte, dass er sich super mit diesem Kerl verstand, dass sie richtig gute Kumpel waren. Aber Merlin schwieg. Und das war irgendwie noch schlimmer. David musste wissen, was ihn erwartete.
    »Mit wem hattest du eigentlich - dein erstes Mal?«, fragte er schließlich und kniff die Augen zusammen. Er spürte, wie Merlin hinter ihm verkrampfte. Natürlich hatte er damit genau den empfindlichen Punkt getroffen.
    Lange Zeit blieb es still. David wartete angespannt auf eine Antwort. Wenn Merlin keine gab, würde er es für heute lassen. Plötzlich war er sich doch nicht mehr so sicher, dass die Wahrheit weniger schlimm sein würde, als das, was er sich ausdachte. So konnte er zumindest noch hoffen.
    »David?«, krächzte Merlin endlich und hustete erst mal.
    Unter absoluter Spannung lag David da und wartete.
    »Ich - ich muss - dir was sagen.«
    »Okay«, presste David hervor. Seine Stimme klang viel zu hoch.
    Merlin löste sich von ihm. »Ich weiß nicht, wie ich es - sagen soll«, stammelte er.
    David schwieg. Seine Augen immer noch fest zusammengekniffen.
    Plötzlich sprang Merlin aus dem Bett.
    »Was ist?«, fragte David erschrocken.
    »Ich - ich glaube - es ist - besser, wenn - ich gehe.« Merlins Stimme hörte sich panisch an. »Ich - ich - ich ...«
    Davids Magen verkrampfte und sein Hals schien wie zugeschnürt. Er bekam keine Luft mehr. Was sollte er tun? Er konnte Merlin jetzt nicht einfach - er wollte nicht, dass er - aber vielleicht - wenn er es nicht sagen wollte - war es vielleicht besser ...
    »Du hast einen Freund!«, brach es aus David heraus.
    Plötzlich hielt jegliche Bewegung an, als hätte jemand mitten im Film auf Pause gedrückt. Die Stille rauschte David in den Ohren.
    Als ihm das Standbild unerträglich wurde, sagte David: »Hab ich recht?«
    »Ja«, sagte Merlin und sank langsam in sich zusammen. Er hielt sich eine Hand vor die Augen. In der anderen hielt er seine Hose, die er eigentlich gerade anziehen wollte. Dann schluchzte er. David lief es kalt den Rücken hinunter. Starr blieb er liegen. Sein Blick war auf Merlin festgefroren. Die Zeit lief wie zäher Klebstoff. Eigentlich wollte er aufstehen, Merlin in den Arm nehmen, ihn trösten und streicheln, ihn wieder ins Bett ziehen und weiter mit ihm kuscheln, bis alles wieder gut und vergessen war. Doch das klappte nicht. Er hatte etwas hinaufbeschworen, das sich so einfach nicht würde wegstreicheln lassen. Trotzdem schaffte er es irgendwann, das Bett zu verlassen und sich neben Merlin zu hocken. Behutsam legte er seine Arme um ihn.
    Es schien Stunden später, als Merlin sich sanft regte, sich zögerlich an ihn drückte und die Umarmung erwiederte.
    »Ich liebe dich«, flüsterte er kaum hörbar in Davids Ohr. »Okay? Ich liebe dich.«
    »Wie ist es mit ihm?«, fragte David vorsichtig.
    Merlin schüttelte den Kopf.

Weitere Kostenlose Bücher