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Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Titel: Das Meer in seinen Augen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L.B. Roth
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Niemand hätte sie gestört - voraussichtlich. Aber wenn, dann wäre es nicht schlimm gewesen. Sie hätten trotzdem weiter beieinanderliegen können. Dann erinnerte sich Merlin daran, dass er ja anfangs gar nicht vor Davids Mutter geflüchtet war, sonder eher vor David selbst. Oder - das stimmte so nicht: Er war vor sich selbst geflüchtet, vor seinen Gedanken und Erinnerungen an letzte Nacht. Er hatte mit David Sex gehabt. Zumindest, wenn man das dazuzählen wollte. Und für David zählte es ganz bestimmt dazu. Dann fiel ihm plötzlich ein, dass er ungewaschen hier in der Öffentlichkeit saß. Er hatte sich nicht mal in den Spiegel gucken können, bevor er aus dem Haus gerannt war. Wahrscheinlich standen seine Haare in alle Himmelsrichtungen und die Leute hielten ihn für einen Penner oder was. Er strich sich über die Wange. Er musste so schnell wie möglich eine Dusche bekommen. Da kamen plötzlich seine Beenken zurück. Würde es nicht auffällig sein, wenn er so früh nach Hause ging? Immerhin mussten die Gessens den Verdacht haben, dass er heute morgen aus ihrem Haus geflüchtet war. Wenn er dann noch früh morgens total verschlafen daherkam, brauchten sie nur eins und eins zusammenzählen ...
    Er schüttelte wieder den Kopf. Das war Schwachsinn. Er durfte nach Hause gehen wann und wie er wollte. Eilig sprang er auf und ging los. Zumindest würde er für den Fußweg eine Weile brauchen, denn in den Bus wollte er sich, so wie er war, nicht mehr setzen. Er hatte ja noch Davids Zeug an der Wange.
    Als er fast eine halbe Stunde später die Haustür aufschloss, hatte er sich entschlossen, erst mal abzuwarten, was David zu ihrem gestrigen Abend sagen würde. Dann konnte er immer noch entscheiden, ob er Grund hatte, sich schuldig zu fühlen. Immerhin hatte David sich nicht von ihm abgewendet, als er von seiner Affäre erfahren hatte. Wahrscheinlich wäre das anders gewesen, wenn David gewusst hätte, wer seine Affäre war ... Verdammt! Musste er eigentlich immer wieder auf diese Scheißgedanken zurückkommen? Genervt betrat er das Haus und stapfte die Treppen hoch in sein Zimmer.

    52

    David wachte von dem Geschrei seiner Mutter auf. Es polterte auf der Treppe. Sie rief nach seinem Vater. Irgendwas war passiert, durchfuhr es David und er bekam eine Gänsehaut. Er war noch nicht wirklich wach und fühlte sich irgendwie in seinem eigenen Zimmer vollkommen fremd. Dann schlug ihm die Erinnerung wie eine Faust ins Gesicht. Mit einem Ruck setzte er sich auf. Das Bett war leer. Merlin war verschwunden. Panisch sprang er aus dem Bett, riss seine Jeans an sich und stieß energisch seine Beine hinein. Unten im Flur rief seine Mutter immer wieder irgendwas, während sein Vater sie offenbar zu beruhigen versuchte. David fühlte sich, als müsse er sich jeden Moment übergeben. Er sah die Szene schon deutlich vor Augen. Merlin hatte das Zimmer verlassen und ... Warum war er eigentlich nicht mehr hier? David sah sich hilflos um, als würde Merlin auftauchen, wenn er nur wild genug hin- und herschaute. Dabei stand er doch gerade jetzt unten vor seinen Eltern, weil seine heimliche Heimkehr aufgefallen war, dachte David. Ängstlich öffnete er die Zimmertür und wollte gerade hinaus, als seine Mutter auch schon raufgerannt kam.
    »David!«, rief sie. »Wer war das?« Völlig atemlos baute sie sich vor ihm auf.
    »Ich - ich ...« Mit der Situation maßlos überfordert, brach David ab. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Die Wahrheit jedenfalls war eine Möglichkeit, die er gern ausschließen wollte.
    »Hanne, lass den Jungen!«, rief sein Vater und kam ebenfalls wieder hoch. »Du siehst doch, dass er gerade erst aufgestanden ist!«
    »David!« Die Stimme seiner Mutter schrillte in seinen Ohren. »Ich will eine Antwort!«
    »Was - was ist denn überhaupt - los?«, fragte David. Er brauchte sich gar nicht mal zu verstellen, denn die Frage stellte er sich ernsthaft. Warum war seine Mutter dermaßen aufgebracht? Warum war Merlin nicht mehr da? Warum stand er jetzt gerade lediglich in Jeans hier und hatte das Gefühl, seine Eltern müssten ihm sofort ansehen, dass er Sex mit einem Jungen gehabt hatte? War das überhaupt Sex gewesen?
    »Hanne«, sein Vater legte eine Hand auf die Schulter seiner Mutter. »Lass gut sein, es ist doch nichts passiert.«
    »Das wissen wir noch gar nicht!« Sie wirbelte herum und funkelte Ansgar böse an. »Es war jemand hier oben! Ganz sicher!«
    David atmete auf. Immerhin wusste er jetzt, dass seine Eltern

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