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Das Meer und das Maedchen

Das Meer und das Maedchen

Titel: Das Meer und das Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathi Appelt
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Brett, wobei sie keinen Zentimeter ausließ. Das Grundierwachs war klebrig und klumpig. Ihre Lieblingssorte hieß auch genauso: Klebrig & Klumpig. Und das Wachs machte dem Namen alle Ehre: Das ganze Brett war mit klebrigen kleinen Klümpchen übersät.
    „D…damit d…die Surfer k…k…kleben bleiben“, sagte Dogie. Wenn das Wachs zu weich war, konnten die Surfer mit ihren Zehen keinen Halt finden. Und dann hieß es: ab ins Wasser!
    Fünfter Schritt: Zuletzt kam das eigentliche Wachs. Die Art des Wachses hing von der Wassertemperatur ab. Das Wasser im Golf von Mexiko hatte meistens ungefähr 25 Grad Celsius. Nur in den Wintermonaten fiel es unter 20 Grad Celsius. Mirja war erst seit dem späten Frühling Dogies „Seidensänger“ und hatte bislang nur das Wachs für wärmeres Wasser benutzt. Die zähe Masse, die sie über dem Grundierwachs auftrug, war knallpink. Im Herbst und Winter würde sie das andere Wachs benutzen, das leicht nach Bananen duftete. Im Bus lag schon ein ganzes Paket mit Winterwachs bereit.
    Von früh bis spät kratzen und wachsen, schrubben und reiben – davon bekam ein Mädchen Muskeln.
    Diese Muskeln würde sie heute Nacht zum Rudern brauchen.
    4 Mirja schob den Arm über den Bootsrand und tauchte ihre Finger in die Lagune, die „das Becken“ genannt wurde, weil sie so flach war. Dann malte sie mit einer schnellen Bewegung einen Kreis in das Wasser. In der dunklen Nacht war das Becken so still und glatt wie Glas.
    „Mach schon, Flut!“, schimpfte sie leise.
    Und nach einer Weile: „Verdammte, verdammte Krabben!“
    Das Wasser war kühl im Vergleich zu der milden Nachtluft. Sie wusste, dass die zehn Krabben da unten waren. Hatte sie doch selbst heute Morgen dabei zugesehen, wie eine nach der anderen nach unten gepaddelt war. Eine Krabbenparade.
    Als sie sich an die schnappenden Scheren erinnerte, zog sie mit einem Ruck ihre Hand aus dem Wasser. Nass, wie sie war, steckte sie die Hand in die Tasche ihrer Shorts. Dabei berührten ihre Fingerspitzen die kleine, geschnitzte Holzfigur. Yemayá. Kurz bevor sie sich aus dem Haus geschlichen hatte, hatte Mirja die Figur in die Tasche gestopft. Yemayá, die Königin der Meere, die oberste Meerfrau. Sie war eine von sieben, die Mr Beauchamp für Mirja geschnitzt hatte. Sie nannte sie „die Meerlinge“.
    „Yemayá“, flüsterte Mirja. Sie rieb über die Schnitzerei auf der Oberfläche der Figur. Es war eine ihrer liebsten. Ihr gegenüber im Boot winselte BF , Mirjas Hund. Sie streckte die Hand aus und streichelte auch ihn.
    Auf einmal fuhr ein Windstoß gegen ihren Körper wie eine Mahnung daran, dass nicht nur die Krabben an dem Schlamassel schuld waren. Mirja musste zugeben, dass die Krabben Komplizen gehabt hatten: die Katze Sindbad, den Hund Zwei, die Möwe Captain und noch einen Hund: BF . Die „Viecher“, wie Dogie sie nannte. Diese vier hatten das Chaos erst komplett gemacht.
    „Doch“, sagte sie zu BF , als ob der Hund ihr widersprochen hätte, „genau das habt ihr getan.“
    Aber dann kam noch eine kleine Bö angeweht.
    Die Tiere waren nicht allein schuld, oh nein, beileibe nicht. Mirja wusste, dass sie selbst wenigstens zum Teil, wenn auch nur ein klitzekleines bisschen oder vielleicht auch ein wenig mehr … na ja, also gut: dass auch sie selbst Schuld hatte.
    „Verdammt!“, schimpfte sie noch einmal.
    Sie beugte sich wieder über den Bootsrand und schnitt die verrückteste, zornigste Grimasse, derer sie fähig war, und hoffte, dass die Krabben sie sehen konnten. Aber es war so dunkel, dass sie nicht einmal ihr eigenes Spiegelbild erkannte.
    Was wahrscheinlich ganz gut war. Sie hatte heute schon genug zornige Gesichter gesehen. Mirja blickte hinauf zum schwarzen Himmel. Sterne wie funkelnde Zuckerkristalle schauten zu ihr hinunter.
    „Wo bist du, alter Faulpelz? Wo bleibst du denn, Mond?“, fragte Mirja. „Beeil dich gefälligst!“
    Mirja wusste, dass der Vollmond kurz nach Sonnenuntergang aufgehen sollte, und es kam ihr schon vor wie eine halbe Ewigkeit, seit die Sonne gesunken war. Aber dann dachte sie an Mr Beauchamps Worte: „Der blaue Mond versteckt sich gerne hinter einer Wolkenbank oder trödelt hinter einer Sanddüne herum. Der blaue Mond … er lässt sich Zeit.“
    5 Der Tag hatte gar nicht mit zornigen Gesichtern angefangen. Im Gegenteil: Es waren fröhliche Gesichter gewesen. Gleich nach dem Aufstehen war Mirja in die Küche gegangen und gleichzeitig war Dogie, ihr Nachbar, durch die Fliegengittertür von

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