Das Meer wird dein Leichentuch
leise Hauch eines Frühlingswindes. Ein Kuss, der so zärtlich war wie ein Liebeslied.
„Ich liebe dich, Damian de Armand!“, flüsterte ich, nachdem sich unsere Lippen getrennt hatten. „Spürst du wirklich, was ich dir damit sagen will?“
Seine Antwort bestand in einem Kuss, in dem Zärtlichkeit und sanftes Verlangen verschmolzen. Ein Kuss, den ich niemals vergessen konnte.
„Ja, Danielle. Auch ich weiß, was Liebe ist.“ flüsterte er und blickte mir tief in die Augen. „Auch wenn es mir verboten ist, Liebe zu empfinden. Denn es ist fürchterlich, zu lieben - und zu wissen, dass mir von den ewigen Gesetzen der Zwang auferlegt ist, den geliebten Menschen in die ewige Nacht zu führen.“
„Alle deine Worte sind so dunkel, Damian. Was sollen sie bedeuten?“ fragte ich furchtsam.
„Folge mir, Danielle. Ich werde dir meine Geheimnisse enthüllen. Und dann wirst du verstehen. Alles verstehen ...!“Flüsterte Damian de Armand.
* * *
Niemand schien uns zu bemerken, als wir eng umschlungen durch den Gang zu Damians Kabine gingen. Geräuschlos öffnet sich die Tür.
Damian verzichtete darauf, das elektrische Licht anzuschalten. Ein Streichholz flammte auf und dann wurde ein siebenarmiger Leuchter entzündet. Eine Menorah. Der heilige Sabbat-Leuchter, wie er einst im Tempel des Allerhöchsten in Jerusalem stand.
Ich stieß einen erstickten Schrei aus, als ich den uralten Sarkophag mitten im Raum sah. Er stammte aus dem alten Ägypten und war sicher älter als dreitausend Jahre. In geschwungenen Linien war er dem menschlichen Körper angepasst. Das Holz war mit vergoldeten Schnitzereien und verschiedenen Edelsteinen verziert. Überall auf dem Schrein waren Hieroglyphen, deren Bedeutung mir fremd war.
Auf dem Kopfende des Sarkophages befand sich das aufgemalte Gesicht einer Frau. Um den Hals war eine dreifache Kette aus Halbedelsteinen eingelegt. Die Brust schmückte der heilige Skarabäus. Eine unheimliche Bedrohung ging von diesem uralten Totenschrein aus.
„Was soll ein Sarg in deiner Kabine?“ Ich spürte, wie ich vor Erregung am ganzen Körper bebte.
„Kein Sarg. Ein Bett der Ewigkeit!“ raunte Damian geheimnisvoll. „Und sie schläft seit fast dreitausend Jahren darin.“
„Wer ... wer schläft darin? Und wie lange, hast du gesagt?“ Das war jetzt aber doch zu viel. Wie konnte Damian es nur aushalten, neben einem Sarg zu schlafen?
„ Amarnis . Meine geliebte Amarnis. In den Tagen der Pharaonen bettete ich sie in diesem Sarkophag zum ewigen Schlaf.“ flüsterte Damian. „Doch nun ist die Zeit erfüllt. Amarnis ist wiedergeboren. In dir, Danielle, lebt Amarnis neu.“
„Unmöglich!“ stieß ich hervor.
„Was der Verstand nicht glauben kann, das soll das Auge sehen“, rief Damian. Mit einem Ruck hob er den schweren Deckel des Sarkophags empor. Obwohl ich mich fürchtete, einen Blick in das Innere des Sarges zu werfen, überkam mich doch eine Art innerer Zwang, das Gesicht der Toten anzusehen.
Vorerst war es zu dunkel, dass ich etwas Genaues erkennen konnte. Doch dann ergriff Damian den Leuchter und hielt ihn so, dass ich das wachsbleiche Gesicht der Toten genau sehen konnte.
Ich hatte erwartet, eine Mumie zu erblicken, deren Körper und Gesicht durch harzgetränkte Binden verhüllt waren. Doch die Frau im Sarkophag war keine Mumie. Und sie sah aus, als sei sie erst vor wenigen Augenblicken gestorben.
„Glaubst du mir nun, Amarnis?“ hörte ich Damians Stimme wie aus weiter Ferne.
Ich konnte nicht antworten. Denn der Anblick, der sich mit enthüllte, war so grauenvoll und doch von so atemberaubender Schönheit, dass ich kein Wort hervorbrachte.
„ Bastets Tränen haben Isis gerührt. Und Isis hat Osiris angefleht, dich zu mir zurück zu senden. Und nun endlich bist du zu mir zurückgekommen, meine geliebte Amarnis!“ In Damians Worten lag ein weihevoller Schauer.
„Ich ... bin ... Danielle ...!“Kam es brüchig über meine Lippen.
Doch ob ich wirklich Danielle war, darüber war ich mir in diesem Augenblick nicht mehr klar. Was mit das Innere des Sarkophages enthüllte, ließ alle Dinge, an die ich bisher geglaubt hatte, wanken.
Welche unsichtbaren Mächte beherrschten das
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