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Das Meeresfeuer

Das Meeresfeuer

Titel: Das Meeresfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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erleben. «
»Aber, aber!« Winterfeld hob die Hand und schüttelte ein
paarmal den Kopf. »Ich muß Sie doch bitten, Mister Stanley.
Drohungen helfen uns hier nicht weiter. Wir sollten uns wie
zivilisierte Menschen benehmen. « »Zivilisierte Menschen«,
antwortete Stanley gepreßt, »betätigen sich nicht als Piraten und
Mörder. « »Und dafür halten Sie mich?« Winterfeld wirkte
ehrlich verletzt. »Nun, ich kann es Ihnen nicht einmal verübeln,
wie die Dinge liegen. Aber ich kann Ihnen versichern, daß ich
weder das eine noch das andere bin. « »Ach?« fragte Stanley.
»Und was sonst?« »Wir sind hier, damit ich Ihnen die Situation
erklären kann«, antwortete Winterfeld. »Ich bitte Sie, mir einfach fünf Minuten zuzuhören. Ich bin sicher, hinterher sehen Sie
einiges anders. « Wieder wartete er einige Sekunden lang
vergeblich auf eine Antwort, dann drehte er sich halb in seinem
Sessel herum und wandte sich direkt an Mike.
»Ich bin froh, daß dir und deinen Freunden nichts geschehen
ist«, sagte er. »Es ist ziemlich lange her, daß wir uns begegnet
sind, aber wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, dann wart
ihr damals mehr auf dem Schiff. Wo ist dieser junge Franzose –
wie war doch gleich sein Name?«
»André«, antwortete Mike automatisch. »Er ist nicht mehr bei
uns. «
»Ich hoffe doch stark, daß ihm nichts zugestoßen ist«, sagte
Winterfeld, und seltsam – es klang wirklich ehrlich.
»Nein«, antwortete Mike. »André ist
–« Er fing im letzten
Moment Trautmans warnenden Blick auf und fuhr nach einer
Pause fort: »– in Sicherheit. An einem Ort, der ihm besser gefiel
als die NAUTILUS. « Winterfeld lächelte. »An einem jener
geheimnisvollen Orte, die ihr zweifellos mittlerweile mit der
NAUTILUS besucht habt«, sagte er. »Habt ihr Atlantis
gefunden?«
Mike sah aus den Augenwinkeln, wie Stanley ihn anstarrte. So
ruhig er konnte, sagte er: »Nein. « »Und wenn es so wäre,
würdest du es mir nicht sagen, nehme ich an«, fügte Winterfeld
hinzu. »Nun, das überrascht mich nicht. Unsere letzte
Begegnung ist ja unter nicht so besonders guten Umständen
verlaufen, nicht wahr?«
»Also kennt ihr euch doch«, sagte Stanley bitter. »Ja«,
antwortete Winterfeld. »Allerdings tun Sie Mike und seinen
Freunden unrecht, Kapitän. Wir sind keineswegs Verbündete
oder auch nur Freunde. Ganz im Gegenteil. Aber dazu später. «
Er stand mit einem Ruck auf und trat an eine der Karten, die die
Wand hinter seinem Schreibtisch zierten. Zwei, drei
Augenblicke lang stand er reglos da, dann sagte er, ohne sich zu
ihnen herumzudrehen: »Meine Herren
– was halten Sie von
diesem Krieg?«
Stanley blinzelte verwirrt. Brockmann zuckte nicht einmal mit
der Wimper, und nach einigen weiteren, von unbehaglichem
Schweigen erfüllten Sekunden drehte sich Winterfeld nun doch
herum und sah die beiden Offiziere nachdenklich an. »Ich
mache nicht nur Konversation«, sagte er. »Ich frage Sie, was sie
zu dem sagen, was gerade in Europa geschieht. Gefällt es
Ihnen?« »Was soll diese Frage?« fragte Stanley. »Natürlich
nicht. «
»Aber Sie sind doch daran beteiligt«, antwortete Winterfeld
lächelnd.
»Ich bin Soldat«, erwiderte Stanley. »Kein Politiker. « »0 ja,
natürlich«, sagte Winterfeld spöttisch. »Und Sie tun, was man
Ihnen sagt, nicht wahr? Genau wie mein geschätzter Kamerad
Brockmann, nehme ich an. Für Kaiser und Vaterland, wenn es
sein muß, bis in den Tod. Wie viele britische Schiffe haben Sie
versenkt, Brockmann? Zwei? Drei? Und Sie, Stanley
– wie
viele Kameraden haben Sie verloren?«
»Die mitgerechnet, die Sie gerade umgebracht haben?« fragte
Stanley.
Winterfeld seufzte. Mit einem wortlosen Kopfschütteln
wandte er sich an Mike. »Und du?« fragte er. »Wie meinen Sie
das?« fragte Mike. »Wie ich es sage«, antwortete Winterfeld.
»Vermutlich habt ihr, du und deine Freunde, bisher wenig direkt
von diesem Krieg mitbekommen, aber ich denke, ihr seid alt
genug, um euch den Rest vorstellen zu können. Was sagst du zu
diesem Krieg?«
Die Art, auf die Winterfeld das letzte Wort aussprach,
irritierte Mike. Es hörte sich an wie etwas Obszönes. »Ich halte
ihn für Wahnsinn. Und für ein Verbrechen«, antwortete er.
Winterfeld lächelte. »Sehen Sie, meine Herren«, sagte er, nun
wieder an Stanley und Brockmann gewandt. »Dieser Junge ist kein Soldat. Er ist nicht einmal ein Erwachsener. Nur ein
Jugendlicher. Und trotzdem hat er offenbar viel deutlicher
erkannt, was im Moment

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