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Das Meeresfeuer

Das Meeresfeuer

Titel: Das Meeresfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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abkühlt. Sie wissen, was mit Wasser geschieht, das kalt
wird?« »Es gefriert«, sagte Chris.
»Ja, das stimmt«, antwortete Winterfeld. »Aber zuerst einmal
wird es schwerer. «
»Blödsinn«, sagte Ben. »Eis schwimmt oben, oder?« »Eis ja«,
bestätigte Winterfeld. »Kaltes Wasser, nein. So wie warme Luft
nach oben steigt, weil sie leichter ist als kalte, so ist kaltes
Wasser schwerer als warmes. Und hier geschieht nun etwas,
was in dieser Form und Größe auf der ganzen Welt einmalig
sein dürfte: Die kalte Polarluft kühlt das warme Wasser, das der
Golfstrom heranträgt, rasend schnell ab. Es beginnt zu sinken,
und zwar durch die warmen Wasserschichten in der Tiefe
hindurch und sehr schnell. Auf diese Weise entsteht ein Sog,
eine Art Wasserfall im Meer, wenn du so willst. Hier, an der
Meeresoberfläche, spürt man kaum etwas davon, aber schon
hundert Meter tiefer toben Gewalten, die jedes Schiff zerreißen
würden. « »Außer der NAUTILUS«, sagte Trautman. »Außer
der NAUTILUS«, bestätigte Winterfeld. »Zumindest hoffe ich
das. «
»Und Sie haben vor, diesen Sog zu unterbrechen?« Ben
schüttelte zweifelnd den Kopf. »Dazu dürfte nicht einmal die
NAUTILUS ausreichen. « »Sie nicht«, sagte Winterfeld, »aber
etwas, was ich dort unten auf dem Meeresgrund entdeckt habe.
Ich habe die ganze Zeit vermutet, daß es dort ist, aber diese Karte hier gibt mir die Gewißheit, daß es existiert. « »Und was?«
fragte Ben.
»Ein Vulkan«, antwortete Trautman. »Ein gewaltiger,
unterseeischer Vulkan. « Ben keuchte. »Und Sie wollen ihn –«
»Zum Ausbruch bringen, ja«, unterbrach ihn Winterfeld.
»Deshalb also die Überfälle«, murmelte Brockmann. »Dazu
haben Sie all diesen Sprengstoff gebraucht. « »Mehr als
hunderttausend Tonnen«, bestätigte
Winterfeld. »Ich habe
insgesamt sieben Schiffe, die bis unter das Deck mit Sprengstoff
beladen sind. Wenn ich sie auf den Meeresboden versenke und
exakt im selben Moment sprenge, wird der Vulkan ausbrechen.
« »Das kann nie und nimmer funktionieren«, sagte Stanley
überzeugt. »Der Vulkan wird ausbrechen – und? Das Wasser
wird warm und dann wieder kalt. Sie haben es selbst gesagt –
vom Pol strömt ununterbrochen kalte Luft herbei. Vielleicht
wird es zwei Tage lang kälter in Europa, aber –«
»Er hat recht, Stanley«, unterbrach ihn Trautman leise. »Sie
verstehen immer noch nicht. « Er deutete mit einer müden Geste
auf die Karte. »Es reicht vollkommen, den Sog einmal zu
unterbrechen. Und selbst wenn nicht – es würde kälter. Hier. «
»Und?« fragte Stanley verständnislos. »Sie haben nicht
zugehört, mein lieber Freund«, sagte Winterfeld lächelnd. »Der
Trick ist, daß es hier nicht kalt genug ist. Aber das wird es, so
oder so. Ein Vulkanausbruch dieser Größe wird Millionen
Tonnen Staub in die Stratosphäre schleudern. Für Wochen,
vielleicht für Monate, wird die Sonne nicht mehr scheinen. Und
Dunkelheit bedeutet Kälte. Wäre es hier nur ein wenig kälter,
würde das Wasser zu Eis gefrieren, ehe es sinken könnte. Der
unterseeische Wasserfall würde aufhören zu fließen. «
»Und damit der Golfstrom abreißen«, flüsterte Brockmann.
»Europa würde eine neue Eiszeit erleben. «
»Ja«, bestätigte Winterfeld. »Ich maße mir nicht an, die Welt
umbauen zu können. Früher oder später wird die Natur die alte
Ordnung wiederherstellen, dessen bin ich sicher. «
»Es wird ein sehr langer und sehr kalter Winter werden – nach
meinen Berechnungen zwischen fünf und fünfzehn Jahren.
Nicht länger. Aber das ist lange genug, um diesen Irrsinn zu
beenden. « »Wissen Sie eigentlich, was Sie da reden?« fragte
Trautman. Seltsamerweise war seine Stimme ohne jeden
Vorwurf. Er klang einfach nur müde – und so, als wisse er
genau, wie wenig seine Worte nutzen konnten. »Sie sprechen
vom Ende unserer Zivilisation. Zumindest in der Form, wie wir
sie kennen. Keine Nation in Europa kann eine Eiszeit
überstehen, selbst wenn sie nur fünfzehn Jahre andauert. «
»Und wenn?« fragte Winterfeld. »Welches Recht zum
Überleben hat eine Zivilisation, deren ganzes Streben darin
besteht, immer neue und immer schrecklichere Waffen
zu
erfinden, mit der sie sich noch schneller selbst auslöschen
kann?«
»Und welches Recht haben Sie, über das Schicksal von
Millionen Menschen zu entscheiden?« fragte Serena.
Winterfeld starrte sie an, aber Serena hielt seinem Blick ruhig
stand, und schließlich war es Winterfeld, der das stumme Duell
verlor. Mit

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