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Das Meeresfeuer

Das Meeresfeuer

Titel: Das Meeresfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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»Der Maschinenraum!« sagte Mike. »Singh, sie ist im
Maschinenraum! Bei Winterfeld! Komm!«
Sie rannten los. Dutzende von Matrosen kamen ihnen
entgegen, aber die Männer, die noch vor einer viertel Stunde
ohne zu zögern auf sie geschossen hätten, schienen jetzt nicht
einmal mehr Notiz von ihnen zu nehmen. Jedermann an Bord
versuchte in verzweifelter Angst den Kutter zu erreichen. Und
diese Angst war nicht unbegründet. Die Neigung des Bodens
hatte spürbar zugenommen, und Mike glaubte auch zu sehen,
daß das Schiff bereits tiefer im Wasser lag. Die LEOPOLD
sank tatsächlich – und sie sank sehr schnell.
Wo ist sie jetzt? In einem kleineren Raum, neben dem mit den
lärmenden Maschinen, antwortete Astaroth. Sie hat Angst.
Winterfeld ist bei ihr. Aber sie hat keine Angst vor ihm.
Das verwirrte Mike, aber er war auch viel zu aufgeregt, um
weiter darüber nachzudenken. Serena war irgendwo tief unter
ihnen, und wenn sie tatsächlich in der Nähe des
Maschinenraumes war, dann hatten sie noch weniger Zeit, als er
bisher geglaubt hatte. Er war nicht einmal sicher, daß sie
überhaupt noch ausreichte
– was immer im Rumpf der
LEOPOLD explodiert war, mußte ein gewaltiges Leck in das
Schiff gerissen haben. Es sank immer schneller.
Dicht vor Singh stürmte er durch eine Tür, sah eine abwärts
führende Treppe und rannte sie auf gut Glück hinunter. Auch
hier kamen ihnen Männer entgegen, die in kopfloser Panik
flüchteten, so daß sich Mike und Singh ihren Weg manchmal
mit Gewalt freikämpfen mußten. Die Luft wurde immer
schlechter, und Mike roch jetzt Flammen und Rauch und heißes
Öl. Hier und da waren die metallenen Wände so heiß, daß sie
sich verbrannt hätten, hätten sie sie berührt. Endlich nahm der
Menschenstrom ab, der ihnen entgegenkam. Der Boden hatte
jetzt eine so starke Neigung, daß Mike manchmal Mühe hatte,
nicht auszugleiten, und auch die Hitze nahm immer mehr zu.
Rauch erfüllte die Luft und ließ Singh und ihn husten, und ganz
flüchtig kam ihm zu Bewußtsein, wie absurd es wäre, in einem
sinkenden Schiff zu verbrennen. »Dort!« Singh deutete durch
den wirbelnden Qualm nach vorne. »Der Maschinenraum!«
Mike konnte nichts Derartiges erkennen, aber er vertraute auf
Singhs Orientierungssinn und stolperte hinter ihm her, und
tatsächlich erreichten sie nach wenigen Schritten den
Durchgang zum Maschinenraum. Die gewaltigen Motoren des
Schiffes liefen noch immer. Auf der anderen Seite! sagte
Astaroth. Eine Stahltür. Beeilt euch!
Diesmal war es Mike, der ihr Ziel als erster ausmachte. Mit
gewaltigen Sprüngen hetzte er zwischen den dröhnenden
Maschinenungeheuern hindurch. Er schrie jetzt ununterbrochen
Serenas Namen, aber der Lärm der Motoren verschluckte seine
Stimme. Dafür hörte er jedoch etwas anderes, und obwohl er
nicht wußte, was dieser Laut zu bedeuten hatte, jagte er ihm
einen eisigen Schauder über den Rücken: Ein dumpfes, lang
nachhallendes Dröhnen, das sich immer und immer wiederholte
und aus allen Richtungen zugleich zu kommen schien, als
schlügen hundert unsichtbare Riesen mit gewaltigen Hämmern
auf den Rumpf der LEOPOLD ein
– oder als schlügen
gewaltige stählerne Türen hinter ihnen zu ...
»Großer Gott!« keuchte Mike. »Die Schotten! Sie schließen
sich!«
Und genau das war es: Wie jedes moderne Schiff verfügte die
LEOPOLD über gewaltige, stählerne Türen, die im Falle eines
Wassereinbruchs dafür sorgen sollten, daß nicht das ganze
Schiff überflutet wurde
– und die sich offenbar automatisch
schlossen. Das Schiff verwandelte sich in genau diesem
Moment in ein Labyrinth aus Hunderten von luft- und
wasserdicht verschlossenen Kammern und Gängen und in eine
tödliche Falle, in der sie vielleicht vor dem eindringenden
Wasser sicher waren, aus dem es aber auch kein Entkommen
mehr gab. Mike beobachtete entsetzt, wie sich eine gewaltige
Stahlplatte vor die Tür zu schieben begann, auf die Singh und er
zurannten. Er legte noch einmal Tempo zu, überwand die
letzten Meter mit einem einzigen, verzweifelten Satz und sprang
durch den zufallenden Eingang. Ungeschickt schlug er auf dem
Boden auf, wälzte sich auf den Rücken und sah, wie Singh
im
buchstäblich allerletzten Moment durch die Öffnung hechtete.
Hinter ihm schlug das Panzerschott mit einem dumpfen,
dröhnenden Laut zu. Es war ein Geräusch, als schlösse sich ein
gußeiserner Sargdeckel über ihnen.
»Bravo«, sagte eine wohlbekannte Stimme. Mike wandte den
Blick – und sah sich Winterfeld

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