Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht
Erfahrungen, Talente, Träume, Wünsche, ihre Hoffnungen, ihr Humor und ihre Traurigkeit ein für alle Mal in die Bewegung der Welt eingeschrieben sind, als ewiger
Teil jener evolutionären Melodie, die immer neu unsere Zukunft formt.
Ich empfand meine Großcousine als eine durchaus »entschlüsselbare« Person, die trotzdem ihr Geheimnis wahren konnte. Für mich wird immer im Gedächtnis bleiben, wie sie mit dem Cabrio über die Alpen fährt, die roten Haare im Wind flatternd. Eine aufgeklärte, emanzipierte Frau zwischen den Zeiten, die in gewisser Weise zu früh geboren wurde – viele Wünsche wie einen eigenen Beruf (»Ich wollte soo gerne Ärztin werden, aber Egon war dagegen, und das war es dann«) konnte sie nicht realisieren. Aber das, was in ihr angelegt war, ihr Humor, ihre Weisheit, ist Teil eines größeren »Programms«, eines Spiels, das keinen Schöpfer hat, aber durchaus einen Sinn.
Bewegen wir uns als Individuum in unserem Kommen und Gehen auf diesem Planeten in völlig chaotischen, sinnlosen Bahnen? Welche Rolle spielen Bewegungen wie die Megatrends, sind sie nur »Spielkräfte«, zufällige Ausdrucksformen von Interessen bestimmter Gruppen? Zusammenballungen von Zufällen? Oder weisen sie uns, wenn wir sie noch einmal aus einer anderen, noch höheren Umlaufbahn betrachten, in eine ganz bestimmte Richtung? Dieser Frage wenden wir uns im nächsten Teil zu.
17 Das Jahr 2045
Wir schreiben das Jahr 2045. Das Jahr, in dem nach Ansicht der Kondratieff-Exegeten der nächste Investitions- und Produktivitätszyklus seinen Höhepunkt erreichen müsste.
Stellen wir uns vor, die Zukunft wäre nicht wie ein Tsunami über uns gekommen, der keinen Stein auf dem anderen lässt. Sie wäre kein weltweites Krisenszenario, in dem die Rohstoffe zu Ende gehen, das Wasser über die Deiche steigt und Kriege die Erde verwüsten. Es hätte sich kein Quantensprung ereignet, der uns plötzlich in einer Welt aufwachen ließe, in der wir uns aus eigener Kraft in die Lüfte erheben könnten.
Der technische Fortschritt würde sich, nach den fiebrigen Durchbrüchen und Entdeckungen der vergangenen Jahrhunderte, graduell bewegen. Es gäbe zwar jede Menge technische Verbesserungen, Re-Kombinationen, wunderbare neue Gadgets und Geräte, auch enorm effiziente Produktionsweisen. Aber keine dieser Techniken wäre ein zyklischer Produktivitätsgenerator und so lebensverändernd, wie es einst die Eisenbahn, die Dampfmaschine, die Elektrizität und der Computer waren.
Stellen wir uns vor, im Jahre 2045 wäre die Welt im Großen und Ganzen immer noch so, wie sie heute ist: eine Gemengelage aus erstaunlichen Dingen und schrecklichen Ereignissen, aus Unerlöstheit, Sehnsucht, Hoffnung und Enttäuschung. Es gäbe allerdings eine Kontinuität: Diese Welt wäre wie in den letzten 100 Jahren ständig ein kleines bisschen besser geworden. Trotz Krisen und Katastrophen. Oder besser: weil Krisen und Katastrophen uns immer wieder dazu zwangen, uns etwas einfallen zu lassen.
Die Megatrends hätten stur weiter gewirkt – Grundregel 1 Prozent pro Jahr: Die Städte wären grüner, es ginge in ihnen etwas
langsamer zu, und sie würden nachts etwas weniger auffällig leuchten. Die Lebenserwartung wäre auf rund 90 Jahre gestiegen, und zwar in 70 Prozent aller Regionen der Erde. Frauen übernähmen einen Großteil der verantwortungsvollen Tätigkeiten. Die Lebenswelten wären noch vielfältiger, diverser, komplizierter, aber auch spannender. Die Weltmachtgewichte hätten sich langsam, aber stetig von West nach Ost verschoben.
Einige Sensationen gäbe es schon, im Jahr 2045. Eine tägliche Übertragung von der Marsstation hat sich zur »Soap aller Soaps« entwickelt (»Ist die hübsche Astronautin Vanessa schwanger, und werden wir den ersten Marsgeborenen noch in diesem Jahr erwarten können? – Bleiben Sie dran!«). Etwa 1000 Menschen hätten einen kommerziellen Mondflug absolviert, der erste Golfplatz dort wäre gerade eröffnet worden: »Putten bei einem Sechstel G!«
Aber nichts wird so schnell normal wie das Neue, das Spektakuläre und Sensationelle. Auffälliges, gefährliches, demonstratives Verhalten hätte sich eher in den Cyberspace verlagert. Rundum-3-D-Abenteuerspiele, die das Eintauchen in komplexe virtuelle Welten ermöglichen, wären weit verbreitet. Dort kann man auch noch und wieder mit riesigen Autos über Autobahnen rasen. Leute erschießen oder zusammenschlagen geht auch. Und fremde Welten erobern.
Sonst wäre eigentlich
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