Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht
»finalen Crashs« viel wahrscheinlicher: das der mehrschichtigen adaptiven Märkte, die sich in einem Zustand ständiger
Turbulenz und Krise befinden, dabei aber paradoxerweise immer mehr Robustheit entwickeln. Märkte für Arme und Reiche, für Träume und Phantasien, für Selbstgebasteltes und bezahlt mit eigenen Währungen.
Das Portobello-Prinzip
Die Sozialstruktur und Ökonomie einer Stadt wie London lässt sich heute schon mit klassischen ökonomischen Maßstäben nicht mehr beschreiben. Im Finanzdistrikt trinken immer noch (oder gerade wieder) die Banker mittags um zwei eine Flasche Champagner für 400 Pfund. Aber wer die Portobello Road hinuntergeht, der sieht eine ganz andere Welt. Eine Vielfalt von Sub- und Sub-Sub-Ökonomien. In jedem Laden findet man eine andere Ethnie, eine andere Nationalität, andere Farben, einen anderen Geruch. Menschen, die in den Läden und Pubs arbeiten, sind auf vielfältige Weise mit den Ökonomien ihrer Heimatländer verbunden. Entweder sie schicken Schecks nach Hause, oder sie können durch besondere Beziehungen günstig Waren beziehen, die sie mit einträglichen Handelsspannen verkaufen. Auf der Portobello Road gibt es Billig-und Recyclingökonomien, den üblichen McDonald’s ebenso wie Starbucks. Aber auch alte Hüte aus Schottland und Regenschirme aus Taiwan. Schallplatten aus den Sechzigern. Designerkerzen aus Indien. Messingwaren aus den zeitlosen Fünfzigern.
London ist eine wahnwitzig teure Stadt. Und trotzdem kann man in ihr billig leben. Weil es diese verschiedenen Schichten des Ökonomischen gibt, die teilautonom sind und dennoch ineinandergreifen. Die eine, die Knappheitsökonomie, entstammt den Schwellenländern und Armenregionen. Die andere ist eine Sekundärökonomie mit gebrauchten Waren. Es gibt eine klassische Handwerksökonomie, in England allerdings eher in den Sektor des Handels verschoben (irgendwie sind Engländer nicht allzu oft begnadete Handwerker; warum auch immer). Und dann ist da noch die Ökonomie der globalisierten Oberschicht, in der sich die Kapitalströme des Planeten akkumulieren, aber in erratischen Zyklen auch wieder zertrümmert werden.
London befindet sich nicht in einer einzigen Zeitzone. Wenn man die Wohnungen betritt, bekommt man das Gefühl, dass sich das viktorianische Zeitalter nie richtig verabschiedet hat. Die Haustechnik entspricht dem Stand von 1920 (Wassermischbatterien sind praktisch unbekannt). Das Telefon- und Internetkabelgewirr, das sich an allen Häuserfronten entlangzieht, erinnert an Mumbai. Wer mit der U-Bahn fährt, wähnt sich mitunter in einer Charles-Dickens-Erzählung. Und trotzdem ist dies eine moderne Stadt.
Seit ich London kenne, habe ich dort drei Rezessionen erlebt. Immer wieder tauchten in den Vorgärten »For Sale!«- und »Rent«-Schilder wie Pilze nach einem Sommerregen auf. Und immer verschwanden sie wieder. Die Gelassenheit, mit der man hier »Krisen« erträgt beziehungsweise einfach ignoriert, ist legendär. Derzeit herrscht wieder Wirtschaftskrise, Sparprogramm der Regierung, alle Taxifahrer stöhnen. Aber es gibt keine Schilder mehr. »Weil die Leute sich nicht leisten können, ihre Wohnungen zu verkaufen«, wie ein Taxifahrer meinte.
In einer auf vielen Ebenen ansetzenden und funktionierenden Ökonomie herrschen ständig Krise und Boom gleichzeitig. Aber im Schnitt summt und brummt die Stadt, weil man von einer ökonomischen Ebene zur anderen wechselt. Notfalls wird Strom gespart.
Die Zukunft des Marktes wird weniger in seiner externen »Zähmung« bestehen – auch das wird sinnvoll und nötig sein, aber nur begrenzt erfolgreich –, sondern in seiner Zersplitterung in eine Vielzahl von Einzelmärkten und Subökonomien, die sich stärker mit dem Gesellschaftlichen rückkoppeln. Gegen den Markt, könnte man formulieren, hilft nur ein anderer Markt, ein subtilerer Markt, ein verrückterer Markt, der dadurch robuster wird, dass er in Subsysteme zerfällt.
Womanomics
Im Jahre 2045 werden Frauen nicht nur in Regierungen, sondern auch in den Vorständen selbstverständlich sein. Dies gilt nicht nur für die Softie-Nationen, sondern auch für die Macho-Areale dieser Erde. Und gerade in Krisensituationen. In Liberia wurde eine Frau
Regierungschefin, als die Jungs das Land durch endlose Bürgerkriege ruiniert hatten, und mit ihr zogen weitere Frauen ins Kabinett ein. Bei Nokia und Telekom kamen gleich mehrere Frauen in den Vorstand, als die Firmen ins Schlingern gerieten.
Frauen retten nicht nur
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