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Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht

Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht

Titel: Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt <München>
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zu erschließen, einen neuen Produktionsprozess zu etablieren, eine Innovation durchzusetzen oder eine Krise zu überleben. Dann gelten in Teilbereichen der Organisation regelrecht militärische Top-Down-Strukturen. Aber nach dem Erfüllen der Aufgabe lösen sich die Pyramiden wieder auf. Fluide Organisationen sind die einzigen Großorganisationen, die in den heißen Weltmärkten der Zukunft überleben.
    Allerdings wird es auch andere Formen von Unternehmen geben, in denen weiche und »talentistische« Sozialtechniken keinen Sinn machen. Hochautomatisierte Fabriken, wie wir sie im Jahre 2045 verbreitet haben werden, sind von der normalen Arbeitswelt nahezu abgekoppelt. In ihnen herrschen weitgehende Menschenleere und ein total durchgestyltes, technokratisches Regime. Die Arbeitswelt in solchen Betrieben ähnelt der Arbeitswelt auf Bohrinseln im Nordatlantik, wo hochspezialisierte Fachleute für einen Monat rund um die Uhr im Einsatz sind, um dann einen Monat an einem südlichen Strand auf Firmenkosten zu relaxen. Solche Task-Force-Ökonomien bilden eine Gegenwelt, mit eigenen Regeln,
Ritualen und Wertsystemen. Wer früher gerne in den Krieg zog, findet dort vielleicht seine Bestimmung.
    Human-ökonomische Wirtschaft bedeutet, dass wir es auch mit einer »Spiritualisierung« von wirtschaftlichen Prozessen zu tun haben. Das hat durchaus problematische (Neben-)Wirkungen. Denn mit dem Wegfall traditioneller Autoritäten und formaler Hierarchien entstehen neue, diffusere Machtstrukturen entlang informeller Kulturen. Viele Unternehmen treten nun als Sekten auf. Das Beispiel Apple ist da in vielerlei Hinsicht aufschlussreich und in die Zukunft weisend, da Produzent und Kunden beinahe so etwas wie eine Glaubensgemeinschaft oder geschlossene Gesellschaft bilden.
    Kommunitärer Kapitalismus
    Vor mehr als einem Jahrhundert, im Jahr 1893, erstellte der New-York-Times-Journalist und Schriftsteller Junius Henri Browne eine optimistische, aber irgendwie paradox klingende 100-Jahre-Zukunftsprognos:
    »Die sozialen und politischen Umstände des Jahres 1993 werden meiner Meinung nach durch deutliche Verbesserungen der heutigen Verhältnisse gekennzeichnet sein … Das Leben wird immer mehr zur Humanität tendieren, zur Freiheit und Unabhängigkeit des Individuums. Sozialismus, der immer noch in der Luft liegen wird, findet in einer modifizierten und rationalisierten Form Anerkennung. Es werden mehr Gleichheit, Bildung und Glück existieren als in unserem ausgehenden Jahrhundert.« 5
    Das sollte sich als eine der besten Prognosen herausstellen, die jemals gemacht wurde. Browne ahnte offenbar, dass sich der innere Konflikt zwischen »Ich« und »Wir«, »Markt« und »Staat«, niemals würde auflösen lassen. Und das dies womöglich genau der Punkt wäre.
    Wenn wir heute eine beliebige kapitalistische Gesellschaft analysieren, ergibt sich ein seltsames Doppelbild. Viele, sehr viele Bereiche des Gesellschaftlichen sind verstaatlicht oder in hohem
Maß vom Staat beeinflusst. Das gilt selbst für (scheinbar) radikale Marktgesellschaften wie die USA. Auch in den USA ist der Sozialhaushalt der größte Posten im Staatshaushalt. Auch in den USA gibt es ein öffentliches Straßensystem und eine sogar nach wie vor ganz und gar staatliche Post. Es gibt einen gigantischen militärischindustriellen Komplex, der trotz mancher Privatisierungstendenzen (Söldner) nichts anderes ist als eine Kampfmaschine des Staates. Die antistaatliche Paranoia, die viele rechte Amerikaner empfinden, ist gar nicht einmal weit hergeholt. Da Amerika ein großes Land ist, sind auch seine Institutionen sehr groß. Und mächtig.
    »Die Hauptsünde des Sozialismus besteht im Versuch des Staates, dem Menschen das Recht auf Scheitern zu nehmen«, sagt Glenn Beck, ein amerikanischer Tea-Party-Ultra. Man muss kein rechter Republikaner sein, um darin eine Wahrheit zu spüren. Und trotzdem ist der Satz natürlich Unsinn. Auch der Sozialstaat nimmt dem Einzelnen nicht das Recht auf Scheitern. Scheitern geht, um ein Bonmot von Woody Allen zu bemühen, immer!
    Nehmen wir Schweden. Leben die Schweden im Sozialismus oder Kapitalismus? Das kommt auf den Blickwinkel an. Man kann im Grunde beides schlüssig beweisen. Brownes Ambivalenz findet sich hier aufs Schönste verwirklicht. Es geht den Menschen besser als jemals zuvor in ihrer Geschichte. Der schwedische Staat ähnelt einem Nanny-Staat. Von der Wiege bis zur Bahre wird der Bürger umsorgt. Trotz regelmäßiger Panikausbrüche,

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