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Das Menue

Titel: Das Menue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Rankin
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und las die Worte ohne einen weiteren Gedanken laut vom Blatt ab.
     
    Wayne L. Wormwood trat an das Rednerpult und wandte sich an die Menge im Stadion. »Meine lieben Freunde!«, rief er. »Meine lieben Freunde!« Die Kameras unter all den Flaggen und Bannern veranstalteten ein sommerliches Blitzlichtgewitter. Die Strahlen von Suchscheinwerfern durchschnitten den Himmel. Der Jubel war ohrenbetäubend. Der neue Präsident hob die Hände wie zum Dankesgebet. Die Menge verstummte, und erwartungsvolles Schweigen breitete sich aus.
    Wayne L. Wormwood öffnete die Augen. Die East Side Hall war bis auf ein gutes Dutzend Zuschauer leer. Keiner davon beachtete ihn sonderlich. Der Wermutpenner in der dritten Reihe hustete. Der Schwarze mit dem Stirnband kicherte und sagte: »So ist das nun einmal, Bruder.« Eine alte Pennerin redete leise mit sich selbst. Wayne L. Wormwood starrte sie nieder. Sie verstummte zu erwartungsvollem Schweigen. Der Schwarze sagte: »A-ha.«
    »Heute Abend…«, Wormwoods Blick glitt über die willkürliche Auswahl von New Yorker Abschaum. »Heute Abend sind Sie zwölf an der Zahl. Morgen werden Sie bereits hundertvierundvierzig sein. Sie da!« Wormwood deutete auf einen fetten Biker, der in der Nase popelte. »Elf von Ihren Kameraden, verstanden?«
    »Sonst noch was, hu?«, begehrte der Biker auf. Er begegnete Wormwoods Blick. Starrte in sein Gesicht. Es war ein langes Gesicht, die Nase adlerartig, das Kinn mit einer tiefen Kerbe. Die Stirn hoch unter einem dichten Schopf stumpfen schwarzen Haars. Der Mund ein grausamer schmaler Schlitz. Die Augen brannten wie glühende Kohlen. »Ja, elf. Verstanden«, hörte sich der Biker sagen. Seine Stimme klang wie aus großer Entfernung.
    Wormwood brachte ein dünnes Lächeln zustande. Er zog die hohen Schultern noch höher und beugte sich über das improvisierte Rednerpult.
    »Das gilt für alle hier. Verstanden?« Das Dutzend Köpfe nickte langsam. Sie hatten verstanden.
    Kurze Zeit später schlurften zwölf Leute aus der Halle zurück in die regengepeitschte Nacht. Sie hatten absolut nichts erfahren, außer dass sie am nächsten Abend mit jeweils elf Seelen zurückkommen sollten. Und das würden sie. Auch wenn keiner von ihnen die leiseste Idee hatte, warum. Es hatte keine Ansprache gegeben, keine Verkaufsargumentation, keine Versprechen, nichts. Aber irgendetwas war geschehen. Sie würden niemals wissen, was. Sie würden nicht mehr lange genug leben, um es herauszufinden.
    Wormwoods Blick schweifte über die leere Halle. »So einfach…«, flüsterte er.
    »So einfach.« Die Stimme klang hoch und schrill. Wormwood wirbelte herum und suchte nach ihrem Besitzer. Sie war gewaltig. Gekleidet in einen schmutzigen schwarzen Mantel, dessen Saum fast bis zum Boden reichte. Wormwood war groß, doch die alte Frau überragte ihn deutlich. Er spähte in das aufgequollene Gesicht, halb verborgen unter einem sonderbaren Hut, der mit bunten Bändern verziert war.
    »Ich hab dir gleich gesagt, dass es einfach sein würde mit den paar Leuten.« Das Doppelkinn wogte, und die fetten Lippen geiferten.
    »Wir werden sehen.« Wormwood drehte sich auf dem Absatz um und verließ den Saal.
    »Morgen Abend«, rief ihm die Fette hinterher. Etwas Kleines, Schwarzes, vielleicht ein Skorpion, kletterte aus ihrem Mund und verschwand in einem der gigantischen Nasenlöcher.
     
    Rex Mundi schreckte hoch und umklammerte seine Nase. »Oh! Aua! Was ist?«, kreischte er.
    »Geh weg, Mann!«, jaulte Fido. »Geh weg da! Du hast dich auf mich gerollt!«
    »Tschuldige.« Rex stocherte in seinen Nasenlöchern. »Ich hatte einen schlechten Traum. Zum ersten Mal seit zehn Jahren. Ein Insekt in der Nase oder so was. Tut mir wirklich leid.«
    Rex erschauerte und stemmte sich auf die Ellbogen. Er stöhnte auf, als er eine Prozession erblickte, die in seine Richtung kam.
    »Was hat das nun wieder zu bedeuten?«
    »Ich schätze, es sind Druiden, die gekommen sind, um die Sommersonnenwende zu feiern.«
    »Und wo bleibt die Polizei?«
    »Die Polizei, Mann?«
    »Sicher. Ich kenne mich schließlich aus in meiner Geschichte. Wann immer irgendwelche Leute nach Stonehenge kamen, um zur Sommersonnenwende ihre Riten zu feiern, hat die Polizei sämtliche Straßen blockiert, ihre Hunde auf alles und jeden gehetzt und mit den Schlagstöcken herumgeprügelt. Es war eine richtige Tradition damals, im zwanzigsten Jahrhundert. Eine alte Bulle oder ein Brauch, oder was weiß ich.«
    Fido zuckte die Schultern. »Ich bin

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