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Das Menue

Titel: Das Menue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Rankin
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Sie. Mein Onkel Tony hatte alles von Ihnen. Er hat mir daraus vorgelesen, als ich noch ein Junge war.«
    »Als Sie noch ein Junge waren? Was soll das bedeuten?«
    »Ja, gewiss. Als ich noch ein Junge war. Onkel Tony hielt Sie für den größten Autor des zwanzigsten Jahrhunderts. Er meinte, wenn nicht Ihr tragischer…« Rex verstummte betreten.
    »Mein tragischer was? Wer sind Sie? Woher kommen Sie überhaupt?«
    »Ich bin Rex Mundi«, sagte Rex Mundi. »Ich komme aus dem Jahr 2060.«
    Jack schluckte mühsam. »Lasst mich hier raus!«, brüllte er. »Ich bin von Irrsinn umgeben! Hilfe!«
     
    Die Halle lag schweigend. Schwaches Abendlicht fiel durch die schmutzigen oberen Fenster. Einhundertfünfundvierzig Gesichter starrten aufmerksam auf den Sprecher am Rednerpult.
    Drei Minuten zuvor hatte er die Hände gehoben, um den donnernden Applaus zu beenden, der auf den Schluss seiner Rede gefolgt war. Jetzt stand er einfach nur da, wie erstarrt im Licht des einzelnen Scheinwerfers.
    Schwer auszurechnen, wie Reporter auf das Gebotene reagiert hätten, doch Reporter waren keine anwesend. Die Rede hatte im Prinzip zwei einfache Konzepte vermittelt. Die Welt ist ein Chaos. Ich, Wayne L. Wormwood, kann dieses Chaos beseitigen.
    Doch es hatte eine Menge mehr dahintergesteckt als das. Es waren nicht nur Wormwoods Worte gewesen. Es war die Art, wie er sie gesprochen hatte.
    Die Macht hatte irgendwo zwischen den Silben gelegen. Ein einfacher Satz, drei-, viermal wiederholt, und doch bei jedem Mal mit größerer Tiefe, Einsicht und Verständnis. Eine gedankliche und inhaltliche Präzision, die jedes Gegenargument zu Unsinn verblassen ließ.
    Man wusste instinktiv, dass die Dinge genau so waren, wie dieser Mann es sagte. Wenn er sagte, sie waren so, dann waren sie so.
    Ein Fingerschnippen Wormwoods brach den Bann. Die Menge erhob sich von den Stühlen.
    Mit gesenkten Köpfen schlurften einhundertvierundvierzig Seelen in die Nacht hinaus. Sie würden seine Worte und seine Wahrheit verkünden. Und in einem Monat würden alle tot sein. Doch dann würde die ganze Welt den Namen Wayne L. Wormwoods kennen. Der Scheinwerfer erlosch. Wormwood verließ das Pult.
    Das einhundertfünfundvierzigste Mitglied der Versammlung blieb allein im hinteren Bereich der Halle sitzen.
    »Heilige Scheiße!«, sagte es.
    »Ganz meiner Meinung«, sagte Barry der Zeitkohl.
     
    »Tschuldigung«, sagte Rex.
    Jack lag lang ausgestreckt über seinem Schreibtisch und hielt sich eine fette Lippe. »Sie haben mich geschlagen!«, nuschelte er.
    »Es tut mir wirklich leid. Aber ich muss hier weg. Ich sollte nicht in 1993 sein.«
    »Ich träume das alles nur. Ich bin reif für die Betty-Ford-Klinik.«
    »Hören Sie.« Rex hob erneut die Faust, doch es widerstrebte ihm zutiefst, ein weiteres Mal zuzuschlagen. »Ich will es kurz machen. Ich werde es nur ein einziges Mal sagen. Sie sind ein großartiger Autor, oder Sie werden es zumindest sein. Ich hingegen bin ein verzweifelter Mann. Irgendwie wurde ich entführt und in diese Zeit verschlagen. Ich weiß nicht wie oder warum. Aber für mich ist es nur logisch, dass Sie vielleicht mehr darüber wissen. Also werden Sie mir jetzt alles erzählen, oder Sie werden eine Welt voller Schmerz betreten. Habe ich mich klar und deutlich ausgedrückt?«
    Jacks Kopf tanzte eifrig auf und ab. »Es fing alles heute Morgen an«, begann er.
     
    Wormwood verließ das Gebäude. Er überquerte die abfallübersäte Straße und stieg in einen jener langen, glänzenden schwarzen Cadillacs mit den großen, glänzenden schwarzen Fenstern, auf denen trotz aller Unauffälligkeit in hellen roten Neonbuchstaben SCHURKE hätte stehen können. Der Fahrer drückte eine Plastikkarte in einen Schlitz im Armaturenbrett. Die Maschine erwachte summend zum Leben. Die Limousine glitt davon.
    Im Rückspiegel und unbemerkt vom Fahrer blitzten die Scheinwerfer eines Polizeifahrzeugs auf. Am Steuer dieses Wagens saß niemand anderes als Elvis Presley, ein Designer-Cop in todschicker Uniform und mit exklusiver verspiegelter Sonnenbrille.
    »Hast du einen Plan, Chef?«, fragte Barry der Zeitkohl.
    »Ich arbeite noch daran.«
    »Das ergibt doch nicht den geringsten Sinn, Chef. Und wenn ich das sage, dann kannst du mir ruhig glauben.«
    »Sicher, grüner Kumpel. Wir suchen seit fünfzehn Jahren nach diesem Sohn Satans und haben nicht die kleinste Spur. Sieht so aus, als wäre er niemals geboren worden. Keine Schul-Akten, niemals auf dem College gewesen, niemals

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