Das Midas-Kartell
Eisenbahnbrücke.
»Die nächste links, die SeitenstraÃe, die zu den Bahnbogen führt.«
Natalie folgte seinen Anweisungen. Abseits der HauptstraÃe war niemand mehr unterwegs, kein Auto, keine FuÃgänger. Die ruÃgeschwärzten viktorianischen Eisenbahnarkaden mit ihren Lagerräumen lagen verlassen da.
»Wohin bringen Sie mich? Was wollen Sie von mir? Ich kann Ihnen Geld geben, auch gröÃere Summen, wenn Sie wollen. Wir können an einem Bankautomaten vorbeifahren.«
»Halten Sie hier.« Er zog eine Fernbedienung aus der Tasche und hielt sie auf ein zweiflügliges, schmiedeeisernes Tor. »Wir wollen kein Geld von Ihnen.«
Das Tor öffnete sich langsam.
Natalie spürte Panik in sich aufsteigen und drehte sich mit angsterfülltem Blick zu ihrer Tochter um. Sie hatte einen Schlüsselbund in der Tasche, damit könnte sie auf ihn einstechen, auf seine Augen oder seine Kehle.
»Nur keine Panik. Wir sind nicht pervers«, sagte Isaiah, dem ihr Blick nicht entgangen war. »Ihr Mann hat etwas, das uns gehört, das wollen wir zurückhaben. Wenn er es uns zurückgibt, ist alles gut.«
»Mein Mann? Ich habe keinen Mann.«
»Ihr Exmann, Markus.«
»Er ist nicht mein Exmann.«
»Fahren Sie doch einfach in die Garage, statt mit mir zu diskutieren.«
Natalie konnte im Dunkeln die Konturen zweier Gestalten ausmachen. Schummriges Flackern erfüllte den Raum, als jemand einen Lichtschalter umlegte. Einer der Männer war fett, er trug ein durchgeschwitztes T-Shirt und eine dieser Bankräubermützen auf dem Kopf. In der Hand zwei schwarze Hauben und eine Rolle Klebeband blickte er unsicher auf seinen Kollegen, der neben ihm stand, ein klein gewachsener Mann, dessen Anzug ihm eine Nummer zu groà zu sein schien und der keine Mütze trug. Er stand mit gesenktem Kopf mitten im Raum und bedeutete ihr mit einem kurzen, ungeduldigen Winken, dass sie weiter vorfahren solle. Sie lieà den Wagen auf ihn zurollen, bis er auf die Motorhaube schlug. Er wandte seine scharfen Züge dem Dicken zu und klatschte in die Hände.
»Los, Jacob, beeil dich.« Die Fondtür wurde geöffnet, und Mila fing an zu schreien, als der Mann nach ihr griff und ungeschickt versuchte, den Gurt ihres Kindersitzes zu lösen.
»Was machen Sie da, lassen Sie sie los!«, rief Natalie. Vollgepumpt mit Adrenalin löste sie hektisch ihre Gurtschnalle und sprang dann aus dem Wagen. Der kleine Mann im grauen Anzug schüttelte lächelnd den Kopf und trat mit einem knurrenden Laut auf sie zu. Mit einer raschen Bewegung hatte er ihr den Arm auf den Rücken gedreht und sie auf die Knie gestoÃen. Ein rasender Schmerz fuhr ihr vom Ellbogen bis in den Rücken, und sie konnte sich nicht mehr rühren.
Jacob hatte Mühe mit Mila, die wild mit den Beinen strampelte und ihn an den Haaren zog; er lieà sie fallen und war drauf und dran, sie zu treten, als er Isaiahs Hand auf seiner Schulter spürte.
»Ganz locker bleiben«, sagte er.
Jacob sah ihn kopfschüttelnd an. Woher sollte er verdammt noch mal wissen, wie man mit einem zappelnden Kleinkind umging, das nach seiner Mutter schrie?
»Gib mir das Klebeband«, sagte Radan. Jacob warf es ihm zu, und er fesselte der Frau die Hände am Rücken. Er lieà sie am Boden kauernd zurück und ging auf Mila zu.
»Wie heiÃt du, Kleine?« Er kniete sich vor sie.
Mila hatte den Daumen im Mund und sagte nichts. Er griff in seine Tasche und zog ein Spielzeug heraus, einen Teddy, den er vor ihrem Gesicht schwenkte.
Das Mädchen musterte den Bären argwöhnisch, ehe sie die Hand ausstreckte und ihn nahm. Der kleine Mann im grauen Anzug hob sie behutsam auf den Arm und trug sie zu ihrer Mutter.
»Natalie«, sagte er und nahm die beiden schweren Hauben, »Sie und Ihre Tochter werden das hier tragen müssen. Am besten übernehmen Sie es selbst, das Kind davon zu überzeugen. Mein Kollege hat, glaube ich, nicht die nötige Geduld. Wenn Sie es nicht schaffen, wird er wohl grob zu der Kleinen werden.«
»Was wollen Sie von uns? Wohin bringen Sie uns?«
»Haben Sie es ihr nicht gesagt?«, fragte Radan an Isaiah gewandt.
»Ich habe ihr gesagt, dass wir Informationen von ihrem Exmann brauchen.«
»Gut. Mehr müssen Sie auch nicht wissen«, sagte er zu Natalie. »Das Wohl Ihres Kindes liegt jetzt in den Händen seines Vaters. Wenn er tut, was
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