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Das Midas-Kartell

Das Midas-Kartell

Titel: Das Midas-Kartell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Mockler
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auch keine Kontodaten. Vielleicht sind es Hinweise auf eine Holdinggesellschaft. Wer weiß schon, was zum Teufel Daniel sich dabei gedacht hat.«
    Â»Wissen Sie eigentlich, was die Püppchen für einen Sinn haben?«, fragte Gloria und fing an, eine weitere kleine Figur abzuspulen. »Kinder erzählen ihnen ihre Sorgen und legen sie zum Schlafengehen unter ihr Kopfkissen. Am nächsten Morgen sind die Sorgen dann mitsamt den Püppchen weg.«
    Â»Daniels Vater hat mir erzählt, dass sie das bei Daniel gemacht haben. Er war als Kind ein wenig eigenartig.«
    Â»Wichtig ist, dass das Kind die Püppchen nicht mehr sieht. Wenn sie weg sind, sind sie weg. Damit klar ist, dass auch die Sorgen weg sind.«
    Â»Was wollen Sie damit sagen?«
    Â»Keine Ahnung. Aber sehen Sie doch, was die alles mit ihm gemacht haben, damit er ihnen das Geld zurückgibt. Und er hat es trotzdem nicht getan.«
    Â»Vielleicht konnte er gar nicht.«
    Â»Vielleicht konnte er nicht, weil er es gar nicht mehr hat. Die Sorgen sind weg, er hat sie verschwinden lassen.«

55
    Edward Wiseman durchwühlte seine Schreibtischschubladen nach alten Briefen von Daniel aus dessen Anfangszeit in London. Sein Sohn hatte nicht oft geschrieben; meistens hatte er angerufen, hin und wieder auch gemailt, doch alle paar Monate hatte er sich hingesetzt und einen Brief an seine Eltern verfasst. Er wusste, welche Freude seine Mutter daran hatte, wie sehnsüchtig sie immer auf seine Briefe aus dem Internat gewartet hatte. Bestimmt hatte sie sie irgendwo aufgehoben, Edward wusste nur nicht, wo.
    Â»Elizabeth, ich suche Daniels alte Briefe. Sollten die nicht hier im Schreibtisch sein?«, rief er missmutig. Er konnte seine Ungeduld kaum verhehlen. Es war zum Verrücktwerden, dass die Dinge nie dort waren, wo sie sein sollten.
    Â»Die sind im Schlafzimmerschrank, in einer alten Schuhschachtel. Ich geh sie suchen.«
    Er hörte ihre vorsichtigen, mit Bedacht gesetzten Schritte auf der Treppe.
    Â»Wie weit zurück brauchst du sie?«, rief sie herunter.
    Edward rollte in den Flur hinaus. »Ein bis zwei Jahre. Seine Londoner Zeit.«
    Frustriert lehnte er sich im Rollstuhl zurück. Es quälte ihn, dass er nicht mehr selbst gehen und nachsehen konnte. Die Nacht war lang gewesen. Der Militärarzt an Bord des Helikopters hatte ihm berichtet, dass Daniel unterernährt und dehydriert war und sein Blut hohe Konzentrationen von Halluzinogenen aufwies.
    Â»Wir haben ihn an den Tropf gehängt, und wir werden ihm auch einen PEG legen müssen.«
    Â»Was ist ein PEG ?«, hatte Edward gefragt.
    Â»Eine Schlauchsonde, die in seinen Magen führt. Die beste Methode, ihn zu ernähren, solange er bewusstlos ist.«
    Â»Denken Sie, dass er es schafft?« Bei der Frage packte Edward den Hörer fester.
    Â»Das kommt ganz und gar auf seinen Überlebenswillen an. Darauf, wie stark das Trauma sowohl physisch als auch psychisch bei ihm nachwirkt. Wir können nicht viel tun, außer ihn zu beobachten. Alles andere hängt tatsächlich von seiner körperlichen und mentalen Verfassung ab.«
    Â»Sind das die, die du suchst?« Elizabeth kehrte mit einem Stapel Briefe zurück. »Das sind die ersten, die er uns aus London geschrieben hat … Danach war eine Zeit lang Funkstille, da ist er wahrscheinlich mehr ausgegangen und mit neuen Freunden unterwegs gewesen …«
    Edward nahm die Briefe entgegen, zerrte sie grob aus den Umschlägen und ließ sie einfach fallen, wenn er sie gelesen hatte.
    Elizabeth bückte sich umständlich, um sie vom Boden aufzuheben. »Also wirklich, Edward«, sagte sie erzürnt, »du könntest ein bisschen mehr Rücksicht nehmen.«
    Â»Hier«, verkündete Edward triumphierend, »Emily Blake. Sie hat für dieselbe Firma gearbeitet wie er. Bring mir den Laptop. Ich muss sofort nach ihr suchen. Ich muss sie sprechen, so schnell wie möglich.«
    Elizabeth richtete sich auf und sah ihren Mann an. So hatte er schon lange nicht mehr mit ihr gesprochen. Es erinnerte sie unangenehm daran, wie grob er sein konnte, wie grob er früher gewesen war, bevor er durch den Rollstuhl abhängig von ihr geworden war. Sie griff über den Schreibtisch und zog das Kabel aus dem Laptop.
    Â»Warum um Himmels willen musst du jetzt mit dieser Frau sprechen? Meinst du, Daniel erholt sich besser, wenn er sie sieht?«
    Â»Was? Nein, das hat nichts mit Daniel zu

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