Das Midas-Kartell
müssen alle Sinne zusammennehmen.« Gloria sprach ganz langsam. »Ich werde auch zuhören und mitschreiben. Verstanden?«
Er hörte sie gut; ihre ruhige, konzentrierte Stimme drang durch den Sturm in seinem Kopf, durch Angst, Panik und Wut.
Sie blickte ihn aus ihren groÃen Augen geduldig an. »Schön atmen, ganz langsam, so.«
Er nahm ihre Atemfrequenz auf, und die Welt um ihn herum hörte auf, sich zu drehen, und begann wieder Gestalt anzunehmen.
»Kannâs losgehen?«, fragte sie.
»Ich glaube schon.«
Das Restaurant war einem amerikanischen Diner nachempfunden, mit rot gepolsterten Sitzbänken und Bedienungen in Fünfzigerjahre-Uniformen. Trotz der späten Stunde herrschte reger Betrieb. Die Fernsprecher waren neben der Tür zur Küche. Markus ging darauf zu, Gloria im Gefolge, die sich von einer Kellnerin Block und Stift besorgt haben musste. Er nahm einen Hörer, tippte die Nummer ein und nagte an seiner Unterlippe, während er dem Wählton lauschte, den langen, regelmäÃig unterbrochenen Tönen.
Eine Stimme sagte: »Bleiben Sie, wo Sie sind. Ich rufe Sie in zehn Minuten unter dieser Nummer zurück.« Die Stimme war männlich, mit unbestimmtem Akzent.
»Einen Scheià werden Sie«, brach es aus Markus heraus, und einige Gäste drehten sich nach ihm um. Die Leitung war tot. »Verdammt«, fluchte er. Am liebsten hätte er den Hörer gegen die Wand geschleudert. »Ich könnte einen Drink gebrauchen.« Markus winkte einer Bedienung. »Dos Whiskys,por favor.«
»Danke, Markus, aber ich möchte nichts«, wehrte Gloria ab.
»Die sind beide für mich«, sagte er und verfolgte voller Ungeduld, wie die Bedienung seine Bestellung an den Mann hinter der Theke weitergab, der zwei Gläser mit billigem Scotch einschenkte und auf ein Tablett stellte. Die Portionen waren reichlich bemessen. Markus leerte das erste Glas in einem Zug und stellte es auf das Tablett zurück, ehe ihm die Kellnerin die Rechnung gab. Dann nahm er einen Schluck aus dem zweiten.
»Nervennahrung«, sagte er und wischte sich mit der Hand über die Stirn.
»Wenn Sie meinen«, erwiderte Gloria abschätzig und kritzelte mit dem Kugelschreiber auf das Papier, um zu prüfen, ob er funktionierte.
Das Telefon klingelte.
»Es geht los«, sagte Markus.
Gloria schob sich nahe an ihn heran.
»Hallo?«
»Markus, hallo, wir sind hier zu dritt. Drei Leute, die sich groÃe Sorgen machen. Wir haben ein paar Fragen an Sie. Wenn Sie sie beantworten können, wird niemandem etwas passieren, dann wird niemand verletzt, verstehen Sie?«
Es war dieselbe Stimme wie vorhin. Markus hatte das Gefühl, als würde sein Herz gleich zerplatzen.
»Ich verstehe. Sind Sie der Typ, der vorgestern versucht hat, mich zu erschieÃen?«
»Sie hatten Glück. Normalerweise treffe ich besser. Ihr Freund Steve hatte weniger Glück.«
Markus starrte mit leerem Blick an die Wand. »Was haben Sie mit ihm gemacht?«
»Ich habe ihm ein paar Fragen gestellt und ihn dann angezündet. Sie werden uns doch helfen, Markus, nicht wahr?«
Markus konnte nicht sprechen.
Dann ertönte eine andere Stimme, deren schneidiger, klarer Tonfall ganz einfach zuzuordnen war. »Das Problem ist recht simpel. Wir hatten jemanden angeheuert, der ein paar Informationen von Ihrem alten Schulfreund Daniel Wiseman besorgen sollte. Wir können ihn nicht mehr erreichen, das heiÃt, wir kommen nicht an die Informationen, die wir benötigen. Daniel hat Ihnen einen Umschlag geschickt. Sie haben die Sicherheit Ihrer Frau und Ihrer Tochter selbst in der Hand.«
»Was brauchen Sie denn aus dem Umschlag? Da war überhaupt nichts drin. Jedenfalls nichts, was irgendwie Sinn ergeben hätte.«
Ein leises Knurren drang durch den Hörer. »Spielen Sie keine Spielchen mit uns, Mr Cartright. Die Sache ist ganz simpel. Wir wollen das Geld zurück, das Daniel gestohlen hat. Entweder Sie schaffen das, oder Sie schaffen es nicht. Ich hoffe zum Wohle Ihrer Tochter, dass Sie es schaffen.«
Gloria sah Markus mit gerunzelter Stirn an. Was für Geld? , fragte sie tonlos.
Markus schüttelte den Kopf. In seinen Augen stand die nackte Panik.
»Sie wissen, was sie mit Daniel gemacht haben, nicht wahr?«
Markusâ Fingerknöchel waren weiÃ, und er hielt den Hörer so fest umklammert, dass das Kunststoffgehäuse zu brechen
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