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Das Midas-Kartell

Das Midas-Kartell

Titel: Das Midas-Kartell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Mockler
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vernagelt, und das ganze Grundstück war mit gelbem Absperrband abgeriegelt. Ganz offensichtlich hatte hier ein Brand gewütet, und das Haus war nicht mehr bewohnbar. Sie hatte am Straßenrand gehalten. Warum, war ihr selbst nicht ganz klar, doch sie wollte sich das Ganze näher ansehen, vielleicht herausfinden, was geschehen war. In einem entlegenen Winkel ihres Gehirns hatte sie das ungute Gefühl, dass sie etwas damit zu tun hatte. Doch sie schob den Gedanken beiseite. So ein Brand konnte immer passieren.
    Nebenan putzte ein Mann eifrig die Treppe zum Eingang des Nachbarhauses, und eine alte Dame schrubbte energisch das Mauerwerk.
    Â»Buenas tardes«, sagte Gloria.
    Die Frau sah überrascht hoch. »Guten Abend«, erwiderte sie knapp und stand mühsam auf, um Gloria misstrauisch zu beäugen.
    Â»Wissen Sie, was da passiert ist? Im Nachbarhaus?«
    Die alte Dame zögerte. Für ihren Geschmack war Glorias Rock viel zu kurz und ihr Make-up zu dick aufgetragen, doch die Lust zu tratschen überwog dann doch ihre Vorurteile.
    Â»Das?« Sie schüttelte heftig den Kopf. »Eine böse Geschichte. Die Inhaberin und ihr Mann müssen in irgendwas verwickelt gewesen sein.«
    Â»In was denn?«, fragte Gloria.
    Die alte Dame beugte sich näher zu ihr. »Irgendwas war da im Gange. Mitten in der Nacht kamen Leute. Es wurde laut. Und dann klang es, als würde eine Katze schreien.«
    Gloria legte die Stirn in Falten. »Und dann brannte es?«
    Die Frau nickte. »Aber Sie wissen ja: kein Rauch ohne Feuer«, sagte sie süffisant und deutete auf die geschwärzte Fassade, als würde das Mauerwerk ihre Mutmaßungen bestätigen. »Sie hätten sehen sollen, was hier los war: Die Feuerwehr war mit zwei Einsatzwagen da. Die ganze Nachbarschaft war wach. Uns haben sie evakuiert, weil sie eine lecke Gasleitung hinter dem Brand vermutet haben.«
    Â»Und was wurde aus den Bewohnern?«
    Die alte Dame zuckte die Achseln. »Die, die noch drin waren, haben es nicht mehr nach draußen geschafft.«
    Â»Wie lange ist das her?«
    Â»Eine Woche, vielleicht etwas länger. Warum interessiert Sie das eigentlich?«
    Gloria runzelte die Stirn. »Nur so. Ich habe mal hier in der Gegend gearbeitet.«
    Sie hatte sich verabschiedet, war zu ihrem Auto zurückgegangen und benommen nach Hause gefahren. Sie durfte sich jetzt nicht gehen lassen. Sie hatte Rechnungen zu bezahlen, also schlüpfte sie in den schwarzen Rock und die Bluse, die sie selbst genäht hatte, nach einem Foto von Penelope Cruz im Hola! -Magazin. Sie hatte die Teile zugeschnitten und auf der Nähmaschine ihrer Großmutter zusammengefügt, mit Nähten, die so zart waren, dass man sie kaum sehen konnte. Dabei hatte sie sich vorgestellt, wie sie damit auf eine Party oder zu einem Rendezvous gehen und wie sie damit auffallen würde. Wenn sie daran dachte, warum sie sie jetzt anzog, wurde ihr schlecht.
    Â»Buenas noches«, sagte der Russe, der plötzlich neben ihr stand. Er war groß und dünstete eine Wolke Aftershave aus. Er strich ihr über den Unterarm und ließ lässig die Schlüsselkarte für sein Hotelzimmer neben ihr auf die Theke fallen.
    Â»Doscientos por noche«, schob er rasch nach, zweihundert für die Nacht . Die Worte polterten wie in schweren russischen Stiefeln durch einen Nebel aus abgestandenem Zigarettenrauch.
    Gloria zuckte bei seiner Berührung unwillkürlich zusammen und blickte auf. Aus dem Kragen seines kurzärmeligen Hemdes quollen dichte Haarbüschel, und seine Unterarme waren mit einem Vlies überzogen. Unmöglich. Sie konnte das nicht. Sie wandte sich ab, glitt von ihrem Hocker, wobei sie ihr Glas umstieß, und stürmte an ihm vorbei zum Ausgang.

15
    Picanno Ranch, Guatemala
    Daniel Wiseman fühlte sich sonderbar wohl. Er trug seinen besten Anzug, einen maßgeschneiderten Dreiteiler von Gieves & Hawkes in der Saville Row. Er war dreimal dort gewesen, bis alle Maße korrekt genommen und alle Details besprochen waren: der Schlitz im Rücken, das königsblaue Seidenfutter und die Paspel, die den Roséton aufnahm, der sich zart durch den Stoff zog. Sie hatten sogar die Vorderteile zusätzlich gefüttert, um seine leicht gebeugte Haltung auszugleichen. »Daran sollten Sie gut zehn Jahre Ihre Freude haben, Sir, es ist ein klassischer Schnitt. Trends kommen und gehen, aber ein Klassiker bleibt immer ein

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