Das Midas-Komplott - Thriller
er mit schmerzverzerrtem Gesicht von einem Fuß auf den anderen. Nun versetzte sie ihm einen kräftigen Stoß. Er fiel gegen den Steinstapel, versuchte aber wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Just in diesem Moment löste sich der Marmorblock und schwang sich um die eigene Achse drehend auf ihn zu.
Tyler hatte ihren Verfolger nur ablenken wollen, aber bei der heftigen Kreiselbewegung rissen die Seile. Der Quader fiel und zerschmetterte den Neapolitaner. Seine Beine bäumten sich noch einmal auf, dann lag er regungslos da.
Tyler rannte zu Stacy. »Ist alles in Ordnung?«
Sie atmete schwer, schien aber unverletzt zu sein. »Mir geht es gut. Woher hast du denn gewusst, dass der Block fällt?«
»Das habe ich nicht gewusst.«
Grant beugte sich zu dem Toten.
»Kommst du an seine Pistole?«, fragte Tyler.
Grant richtete sich mit angewidertem Gesicht auf und schüttelte nur den Kopf.
»Hauen wir ab«, sagte Tyler.
»Und wie? Sagte der Typ nicht, er hätte Freunde am Eingang postiert?«
»Es gibt einen zweiten Weg. Kommt.«
Tyler nahm Stacy bei der Hand, und zu dritt rannten sie in nördliche Richtung. Tyler nahm sich nicht die Zeit, seinen Freunden zu erklären, dass sich dort ein Aufzug befinden musste. Wie anders war zu erklären, dass schon am frühen Morgen eine Frau im Rollstuhl auf der Akropolis herumfuhr? Kaum
hatten sie die gegenüberliegende Seite des Parthenons erreicht, als Tyler zwei Männer in die Richtung rennen sah, aus der soeben die Schüsse gefallen waren. Beide hatten Pistolen in der Hand. Er holte in Windeseile die Rauchgranate vom Vortag aus seinem Rucksack, die Grant für den Notfall scharfgemacht hatte, und warf sie in den Parthenon. Sie begann orangefarben zu qualmen. Einige Touristen stießen spitze Schreckensschreie aus.
Als der Rauch dicht genug geworden war, nickte Tyler seinen Freunden zu, und sie rannten zu dem Behindertenaufzug. Schüsse peitschten durch die Luft, aber der Rauch war so dicht, dass Cavanos Leute sie nicht trafen.
Die nächsten fünfzig Meter waren die längsten, die Tyler jemals zurückgelegt hatte, aber der Anblick der metallenen Kabine, aus der gerade ein Rollstuhl rollte, gab ihm Kraft.
Sie stürmten in den Aufzug, obwohl die Fahrstuhlführerin heftig protestierte.
»Nach unten! Nach unten!«, rief Tyler ihr zu. Zwei Männer tauchten aus der Rauchwolke auf. Sie ballerten wahllos in sämtliche Richtungen.
Als die ersten Kugeln vom Metall der Kabine abprallten, kam die keifende Liftführerin zur Vernunft. Mit einem Knall schloss sie die Tür. Der Aufzug fuhr abwärts, bevor die Männer ihn erreicht hatten. Weitere Kugeln trafen das Dach, blieben aber in dem dicken Stahl stecken.
Tyler hörte einen ihrer Verfolger »Policia« schreien. Dann fielen keine Schüsse mehr. Die Polizei schien auf der Akropolis eingetroffen zu sein.
Als der Aufzug zwanzig Sekunden später die Straßenebene erreichte, steckte Tyler vorsichtig den Kopf aus der Tür, aber es kam kein Schuss von oben. Sie entschuldigten sich flüchtig bei der entsetzten Fahrstuhlführerin und schlängelten sich zwischen den wartenden Rollstühlen hindurch. Fünf Minuten später
waren sie bei ihren Motorrädern angelangt. Polizeiautos rasten an ihnen vorbei zum Eingang der Akropolis.
Auf der Fahrt zurück ins Hotel, in dem sie ihr Gepäck abholen wollten, klammerte sich Stacy an Tyler. Der Schreck saß ihr in allen Gliedern. Normalerweise hätte Tyler mit Grant gefeiert, dass sie die Schießerei unversehrt überstanden hatten, aber diesmal war ihm nicht danach. Er wusste, dass dies nur das Vorspiel auf Neapel gewesen war.
46. KAPITEL
Peter Crenshaw summte zu Metallicas »Enter Sandman«. Er versah die vorletzte Tonne mit einem Zünder. Er hatte schon immer Heavy Metal gehört, wenn er arbeitete. Es schärfte seinen Verstand, wenn er Bomben baute, deren Sprengkraft so gewaltig war, dass sie Hackfleisch aus ihm machen konnten.
Seit Orr und Gaul nach Italien geflogen waren, war nur noch Philipps bei ihm, der kein anderes Gesprächsthema als Baseball kannte. Rekorde, Statistiken, Spieler, Teams, er fand kein Ende. Deshalb achtete Crenshaw darauf, dass seinem iPod nicht der Saft ausging.
Die Halle hatte zwar keine Klimaanlage, ihre Decke war jedoch so hoch, dass die Hitze nach oben steigen konnte und sein Arbeitsplatz relativ kühl blieb. Gedanken darüber, dass der Sprengstoff explodieren könnte, machte er sich nicht. Das Zeug war unglaublich stabil. Es durfte ihm nur kein dummer Fehler unterlaufen,
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