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Das Mitternachtskleid

Das Mitternachtskleid

Titel: Das Mitternachtskleid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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weißt du, dass es nicht gut ist, wenn die Toten zu lange in der Welt der Lebenden verharren. Das Wetter ist warm, und der Sommer war heiß. Deshalb sind die Steine, die so kalt wie das Grab sein können, noch etwas aufgeheizt. Und nun geh, Preston, und hol mir zwei Eimer Wasser. Bitte.« Nachdem er davongeeilt war, setzte sie sich still neben die Marmorplatte.
    Erde und Salz und zwei Münzen für den Fährmann, das waren die Dinge, die man den Toten mitgab. Man wachte bei ihnen, und man lauschte ihnen, wie die Mutter eines neugeborenen Kindes.
     
    Preston kam mit zwei großen Eimern wieder, die er, wie sie erfreut feststellte, ohne viel Geschwappe die Treppe herunterbrachte. Als er sie abgestellt hatte, wollte er gleich wieder gehen.
    »Nein, bleib hier, Preston«, sagte sie. »Ich möchte, dass du mir dabei zusiehst, damit du, wenn dich jemand fragt, wahrheitsgemäß antworten kannst.«
    Er nickte, ohne ein Wort zu sagen. Tiffany war beeindruckt. Sie stellte einen der Eimer neben die Marmorplatte, kniete sich daneben, steckte eine Hand in das kalte Wasser, legte die andere fest an den Stein und flüsterte: »Es kommt auf das Gleichgewicht an.«
    Mit Wut ging es leichter. Es war erstaunlich, wie nützlich sie sein konnte, wenn man sie bis zum richtigen Moment aufsparte, genau, wie sie es Lätitia erklärt hatte. Der junge Wachmann schnappte hörbar nach Luft, als das Wasser im Eimer erst zu dampfen und dann zu sieden begann.
    Er sprang auf. »Ich hab’s verstanden, Fräulein! Ich kipp das kochende Wasser weg und bring frisches kaltes, ja?«
    Sie brauchte drei Eimer Wasser, bis es in der Gruft wieder winterlich kalt war. Als Tiffany die Treppe hinaufging, klapperten ihr fast die Zähne. »Meine Oma hätte sich gefreut, wenn sie so etwas gekonnt hätte«, flüsterte Preston ehrfürchtig. »Sie hat immer gesagt, dass die Toten die Wärme nicht mögen. Sie haben die Kälte in den Stein fließen lassen, richtig?«
    »Eigentlich habe ich die Wärme aus dem Marmor und der Luft in den Wassereimer geleitet«, sagte Tiffany. »Das ist alles keine richtige Hexerei. Es ist bloß … eine besondere Fähigkeit. Aber man muss eine Hexe sein, um es zu können.«
    Preston seufzte. »Ich hab die Hühner meiner Oma vom Pseudokropf geheilt. Dazu musste ich sie aufschneiden und den ganzen Dreck rausholen, und anschließend hab ich sie wieder zugenäht. Kein einziges ist gestorben. Und als der Hund von meiner Mutter von einem Fuhrwerk überrollt wurde, hab ich ihn saubergemacht und alle Teile wieder reingestopft. Er ist wieder ganz der Alte geworden, bis auf das eine Bein, das ich nicht retten konnte. Aber ich hab ihm ein Holzbein geschnitzt, mit einer Lederhalterung, und er jagt den Fuhrwerken bis heute hinterher.«
    Tiffany ließ sich ihre Skepsis nicht anmerken. »Hühner aufzuschneiden, um den Pseudokropf zu heilen, geht fast immer schief«, sagte sie. »Ich kenne eine Schweinehexe, die auch schon mal Hühner behandelt, und sie hat mir erzählt, dass es bei ihr noch nie funktioniert hat.«
    »Ja, aber vielleicht wusste sie nicht, dass man den Saft der Zwirnwurzel dafür braucht«, entgegnete Preston auftrumpfend. »Wenn man ihn mit einer Prise Frauenminze mischt, wächst alles wunderbar wieder zusammen. Meine Oma kannte sich mit Wurzeln aus und hat mir alles beigebracht. «
    »Tja«, sagte Tiffany. »Wer den Muskelmagen eines Huhns zusammenflicken kann, kann auch ein gebrochenes Herz reparieren. Sag mal, Preston, warum gehst du eigentlich nicht bei einem Arzt in die Lehre?«
    Sie waren vor der Studierstube des Barons angekommen. Preston klopfte an und hielt Tiffany die Tür auf. »Das ist wegen den vielen Buchstaben, die man hinterher an seinen Namen dranhängen kann«, flüsterte er. »Die sind wahnsinnig teuer! Die Ausbildung zur Hexe mag kostenfrei sein, Fräulein, aber für die Buchstaben muss man ein Heidengeld hinblättern! «
    Roland blickte zur Tür, als Tiffany hereinkam. Er hatte den Mund voll durcheinanderpurzelnder Schlupfwörter, die ums Verrecken nicht über seine Lippen wollten. Was er schließlich herausbrachte, war: »Äh, Fräulein Weh … beziehungsweise, Tiffany. Meine Verlobte hat mir versichert, dass wir alle Opfer einer magischen Verschwörung geworden sind, die gegen deine Person gerichtet war. Ich hoffe, dass du uns die Fehleinschätzung der Situation nachsehen kannst. Es täte mir leid, wenn wir dir allzu große Ungelegenheiten bereitet hätten, doch dürften sich diese wohl im Rahmen gehalten haben, wenn

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