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Das Mitternachtskleid

Das Mitternachtskleid

Titel: Das Mitternachtskleid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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ein Alptraum, der morgens, wenn du aufwachst, plötzlich vor deinem Bett steht. Und ich glaube fast, dass du ihn gerufen hast. Oder heraufbeschworen, wenn dir das lieber ist.«
    »Krankheit? Alptraum? Du lieber Himmel! Ich hab doch bloß einen kleinen Zauber aus einem billigen Heftchen ausprobiert! Ich gebe ja zu, dass ich mich wahrscheinlich wie ein albernes Kind aufgeführt habe, aber so was wie… das da! – habe ich nie gewollt.« Sie zeigte auf die noch immer knarrende Presse.
    »Dumme Frau«, sagte Tiffany.
    Lätitia blinzelte. »Wie bitte?«
    »Wie eine dumme Frau! Oder von mir aus auch wie eine alberne Frau. Aber auf jeden Fall Frau . Du heiratest schließlich in ein paar Tagen, schon vergessen? Und du hast versucht, jemanden aus Eifersucht zu verhexen. Hast du den Titel von dem dicken Buch gesehen? Ich schon. Ich hatte ihn ja direkt vor meiner Nase. Fegefeuer für Hexen! Es wurde von einem omnianischen Priester diktiert, der so wahnsinnig war, dass er selbst mit einem Fernrohr nicht mehr erkannt hätte, was normal ist. Und soll ich dir was sagen? Bücher leben. Die Seiten erinnern sich! Hast du schon mal was von der Bibliothek in der Unsichtbaren Universität gehört? Da gibt es Bücher, die angekettet werden müssen, die im Dunkeln gelagert werden oder sogar unter Wasser! Und du … du hast dein kleines Hexeneinmaleins neben einem Buch geübt, das vor böser, rachsüchtiger Magie nur so überschäumt. Kein Wunder, dass etwas dabei herausgekommen ist! Ich habe ihn aufgeweckt, und seitdem sucht er mich, jagt er mich. Und du … hast ihm mit deinem Zauber gezeigt, wo ich bin! Du hast ihm geholfen! Er ist wieder da, und jetzt hat er mich gefunden! Der Hexenverbrenner. Und seine Wirkung ist ansteckend, du hast es gehört. Wie eine Krankheit.«
    Sie musste tief durchatmen. Die Tränen, mit denen sie fest gerechnet hatte, kamen nicht. Lätitia stand da, als wäre sie in tiefes Nachdenken versunken. Dann sagte sie: »Ich schätze mal, ›Entschuldigung‹ reicht nicht, oder?«
    »Das wäre immerhin ein Anfang«, antwortete Tiffany, aber sie dachte: Diese junge Frau, die nicht mal gemerkt hat, dass sie langsam zu alt ist, um Kleinmädchenkleider zu tragen, hat einer Kopflosen einen Kürbis gegeben, den sie unter dem Arm tragen kann, damit sie sich besser fühlt, und sie hat einem kreischenden kleinen Gerippe einen Teddybären geschenkt. Wäre mir das auch eingefallen? Auf so etwas konnte jedenfalls nur eine Hexe kommen.
    »Hör zu«, sagte sie. »Du bist eindeutig magisch veranlagt, das darfst du mir glauben. Aber du wirst dir unendlich viel Ärger einhandeln, wenn du aufs Geratewohl herumprobierst, ohne zu wissen, was du tust. Auch wenn es eine geniale Idee war, dem armen Gerippe den Teddy zu schenken. Darauf solltest du aufbauen. Und wenn du dann noch eine Ausbildung machst, könnte wirklich etwas Magisches aus dir werden. Du müsstest allerdings bei einer alten Hexe in die Lehre gehen. Das hab ich auch so gemacht.«
    »Danke, Tiffany, toller Tipp«, antwortete Lätitia. »Aber ich muss jetzt erst mal mit einem jungen Mann vor den Traualtar treten. Fliegen wir dann langsam wieder zurück? Und was sollen wir mit dem Buch machen? Wenn ich bloß daran denke, dass er da drinsteckt … Stell dir mal vor, er kommt raus!«
    »Er ist schon längst draußen! Das Buch ist nur… na ja, so etwas wie ein Fenster, durch das er mich leichter erreichen kann. Das gibt es öfter. Es ist wie ein Portal in eine andere Welt oder vielleicht auch nur zu einem anderen Ort in dieser Welt.«
    Tiffany, die sich bei dieser Erklärung ziemlich großartig vorgekommen war, musste innerlich zu Kreuze kriechen, als Lätitia sagte: »Ja, ja, ich weiß schon, der Hasenglöckchenwald mit der Hütte, wo aus dem Schornstein manchmal Rauch kommt und manchmal nicht; und das Mädchen, das die Enten auf dem Teich füttert, während hinter ihr die Tauben mal fliegen und mal still auf dem Dach sitzen. Das kenne ich alles aus dem Buch Schwebende Welten von H. J. Unkenbinder. Möchtest du es haben? Ich weiß, wo’s steht.« Bevor Tiffany antworten konnte, war sie schon zwischen den Bücherregalen verschwunden. Zu Tiffanys Erleichterung kam sie keine Minute später wieder zurück, unter dem Arm einen großen, glänzenden Lederband, den sie ihr ohne viel Federlesen in die Hand drückte.
    »Ich möchte es dir schenken. Du warst viel netter zu mir als ich zu dir.«
    »Das darfst du mir nicht geben! Es gehört in die Bibliothek. Sonst habt ihr da eine

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