Das Mönchskraut
Gesichtern der jungen Leute, wenn auch mit deutlichem Widerstreben, bestätigt wurde. »Das dachte ich mir. Ein wütender Mann läßt sich nicht so leicht besänftigen - das dauert seine Zeit. Ihr könnt also nicht sagen, ob sich der junge Bursche noch eine Weile in der Küche aufgehalten hat, um sich zu rächen und das Rebhuhn zu vergiften. Heute morgen war er im Hospital, nicht zum ersten Mal. Vielleicht wußte er, wo das Öl zu finden war und welche Eigenschaften es hat. Es wäre doch möglich, daß er hierherkam, um mit Master Bonel Frieden zu schließen oder Krieg gegen ihn zu führen. Nun, seine Friedenspläne wurden jedenfalls vereitelt.«
Richildis schüttelte entschieden den Kopf. »Du kennst ihn nicht! Er wollte mir einen Gefallen tun - das war alles.
Außerdem verstrichen nur wenige Minuten, bevor Aelfric ihm nachlief, um ihn zurückzubringen. Er folgte Edwin fast bis zur Brücke, konnte ihn aber nicht mehr einholen.«
»Das stimmt«, sagte Aelfric. »Er hätte nicht genug Zeit gehabt, um einen Mord vorzubereiten. Als ich das Haus verließ, war er schon weit entfernt. Wie ein Wiesel rannte ich hinter ihm her und rief seinen Namen, aber er drehte sich nicht einmal um.«
Der Wachtmeister runzelte skeptisch die Stirn. »Wie lange braucht man, um den Inhalt eines kleinen Fläschchens in eine offene Schüssel zu schütten und einmal darin umzurühren?
Und als sich euer Herr beruhigt hatte, kam ihm das Geschenk des Priors zweifellos eher gelegen - als Trostpflaster für seinen verletzten Stolz, und er verspeiste es genüßlich.«
Nun meldete sich Cadfael zu Wort. »Konnte der Junge wissen, daß das Rebhuhn ausschließlich für Master Bonel bestimmt war? Er hätte wohl kaum das Wagnis auf sich genommen, seine Mutter zu gefährden.«
Mittlerweile war sich der Wachtmeister seiner Sache so sicher, daß ihn dieses Argument nicht beeindruckte. Er warf Aldith einen durchdringenden Blick zu, worauf sie trotz ihrer standhaften Haltung erbleichte. »Da die Magd eine so streitlustige Tischgesellschaft bedienen mußte, ließ sie sich die Gelegenheit, ihren erzürnten Herrn aufzuheitern, bestimmt nicht entgehen. Sag doch, Mädchen - als du den Hauptgang auftrugst - hast du Master Bonel da nicht erzählt, daß noch ein ganz besonderer Leckerbissen auf ihn wartet - ein Geschenk des Priors, der ihm eine Freude machen wollte?«
Sie senkte den Blick und zupfte an einem Schürzenzipfel.
»Ich dachte, das würde seine Laune bessern«, gestand sie verzweifelt.
Nun hatte der Wachtmeister alle Beweise, die er benötigte, um den Mörder festzunehmen - zumindest glaubte er das. Er schaute ein letztesmal in die Runde. »Ihr könnt jetzt alles in Ordnung bringen. Ich habe genug gesehen. Der Bruder Krankenpfleger wird sich um den Toten kümmern. Haltet euch zur Verfügung - für den Fall, daß ich euch noch weitere Fragen stellen muß.«
»Wohin sollten wir sonst gehen?« entgegnete Richildis tonlos. »Was wirst du jetzt tun? Wirst du mich wenigstens wissen lassen, was geschieht, wenn – wenn ...« Sie konnte es nicht aussprechen. Entschlossen straffte sie den immer noch geraden, biegsamen Rücken und fügte würdevoll hinzu: »Mein Sohn hat nichts mit diesem Verbrechen zu tun, das wirst du bald herausfinden. Er ist noch keine fünfzehn Jahre alt - ein halbes Kind!«
»Ich tue nur meine Pflicht. Soviel ich weiß, arbeitet er in Martin Bellecotes Laden.«
Einer der bewaffneten Männer nickte eifrig. »Ich weiß, wo der ist.«
»Gut! Zeig mir den Weg, und wir werden sehen, was der Junge zu sagen hat.« Die Beamten eilten zur Tür.
Bruder Cadfael hielt es für angebracht, zumindest eine kleine zerstörerische Welle im glatten Teich ihrer Zufriedenheit aufzuwirbeln. »Es wäre noch zu klären, in welchem Behälter sich das Öl befand. Wer immer es aus dem Hospital oder meinem Vorratslager entwendet hat, muß ein Fläschchen mitgebracht haben, um es hineinzufüllen. Meurig, hast du heute morgen gesehen, daß Edwin so etwas bei sich hatte? Du bist mit ihm von der Zimmermannswerkstatt zur Abtei gegangen. In einer Jackentasche oder einem kleinen Beutel hängt sogar eine winzige Flasche auf ganz bestimmte, auffällige Weise herab.«
»Ich habe nichts dergleichen festgestellt«, antwortete Meurig, ohne zu zögern.
»Außerdem verströmt dieses Öl einen starken Geruch, auch wenn die Flasche fest zugestöpselt ist. Es hinterläßt Flecken, auch wenn nur ein ganz kleiner Tropfen danebengeht. Achte auf die Kleidung aller Leute, die
Weitere Kostenlose Bücher