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Das Mönchskraut

Das Mönchskraut

Titel: Das Mönchskraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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ihnen?«
    »O nein!« Diese Frage überraschte Richildis. »Wenn sie mal Meinungsverschiedenheiten hatten, wurden sie in aller Ruhe ausgetragen. Da flogen niemals Funken. Gervase war immer großzügig zu Meurig, wenn er ihn auch kaum beachtet hat. Er gab ihm ein reichlich bemessenes Taschengeld ... Oh, was soll jetzt daraus werden, nachdem mein Mann gestorben ist? Ich werde einen Ratgeber brauchen. Das Gesetz ist für mich ein Buch mit sieben Siegeln ...«
    Da gab es offenbar keinen Grund, die Stirn zu runzeln, obwohl Meurig wußte, wo sich das Gift befand - ebenso wie Aelfric, der im Gartenschuppen gewesen war und gesehen hatte, wie es in eine kleine Flasche umgefüllt worden war. Und wer auch immer Vorteile gewinnen mochte, nachdem Bonel den Tod gefunden hatte - Meurig konnte dadurch nur verlieren.
    Viele Gutsherren setzten Bastarde in die Welt, und ein Herr, der nur ein einziges illegitimes Kind gezeugt hatte, war in der Tat bescheiden und enthaltsam gewesen. Ein Bastard, der von seinem Vater ein Taschengeld bekam und einen Beruf erlernen durfte, konnte von Glück reden und hatte wahrlich keinen Grund zur Klage und mußte das Ableben seines Erzeugers zutiefst bedauern.
    »Und Aelfric?«
    Die Abenddämmerung ließ die kleine Lampe heller leuchten.
    Richildis ernstes, ovales Gesicht schimmerte im Lichtschein, und ihre Augen waren groß und rund wie Monde.
    »Aelfric - das ist ein schwieriger Fall. Du darfst nicht glauben, daß mein Mann schlechter war als andere Herren oder daß er wissentlich mehr beanspruchte, als ihm das Gesetz zugestand. Aber manchmal hinkt das Gesetz. Aelfrics Vater wurde so frei geboren wie du oder ich, aber als jüngerer Sohn auf einem Hof, der selbst für einen zu klein war. Nach dem Tod des Vaters verzichtete er auf seinen Anteil, überließ den ganzen Hof seinem Bruder und siedelte sich auf einem kleinen Leibeigenenacker an, der zu den Ländereien meines Mannes gehört. Der Leibeigene, der den Acker zuvor bewirtschaftet hatte, war kinderlos verstorben, und so gab es keine Erben.
    Aelfrics Vater übernahm das kleine Gehöft zu Leibeigenenbedingungen, bezweifelte aber niemals, daß er ein freier Mann bleiben würde, da er freiwillig beschlossen hatte, Leibeigenendienste zu verrichten. Auch Aelfric ist ein jüngerer Sohn und trat dummerweise eine Stellung im Haus Mallilie an, da sein älterer Bruder eine vielköpfige Familie hat und das kleine Stück Land ohne ihn bebauen kann. Als Gervase jene Vereinbarung mit dem Kloster getroffen hatte und unsere Übersiedlung an den Mühlenteich vorbereitete, überlegte er, welcher Diener ihn begleiten sollte. Er entschied sich für Aelfric, denn er war der tüchtigste, den wir hatten. Der Junge wollte sich lieber woanders eine Stellung suchen, doch da pochte mein Mann auf Aelfrics Leibeigenenstatus, da sein Vater den Acker zu Leibeigenenbedingungen übernommen hatte.
    Gervase ging vor Gericht und man bestätigte ihm, daß Aelfric ein Leibeigener sei - obwohl sein Vater frei geboren war. Der Junge nahm sich das sehr zu Herzen, denn er hatte sich nicht als Leibeigener gefühlt, sondern als freier Mann, der für seine Arbeit bezahlt wurde.« Richildis seufzte wehmütig. »In diese Lage sind schon viele Menschen geraten, die sich niemals träumen ließen, daß sie eines Tages ihre Freiheit verlieren würden.«
    Cadfaels Schweigen bedrückte sie. Er sagte sich, daß auch Aelfric den Master gehaßt haben mußte, und das mit gutem Grund. Außerdem hatte er gewußt, wo er sich das Gift beschaffen konnte, und es wäre ihm nicht schwergefallen, eine kleine Menge des Öls zu entwenden. Aber Richildis stand immer noch unter dem Eindruck der traurigen Geschichte, die sie soeben erzählt hatte und mißdeutete Cadfaels Schweigen.
    Sie glaubte, er würde die Handlungsweise ihres verstorbenen Gatten mißbilligen, wenn er auch nicht bereit war, seinen Groll in Worte zu fassen. Tapfer versuchte sie den Mann, den sie niemals geliebt hatte, zu verteidigen.
    »Du irrst dich, wenn du denkst, daß die Schuld nur auf einer Seite liegt. Gervase glaubte sich im Recht, und der Richter war seiner Meinung. Ich habe kein einziges Mal beobachtet, daß er irgend jemanden absichtlich betrogen hatte, nur - was ihm gesetzlich zustand, beanspruchte er voll und ganz. Und Aelfric verschlimmerte seine Lage mutwillig. Mein Mann hat ihn niemals schlecht behandelt, denn der Junge war fleißig und verläßlich. Aber jetzt, wo er nicht mehr frei ist, übertreibt er seine Arbeitswut und versäumt

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