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Das Mönchskraut

Das Mönchskraut

Titel: Das Mönchskraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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keine Gelegenheit, um auf seine Leibeigenschaft hinzuweisen. Es ist nicht Unterwürfigkeit, sondern Arroganz, die ihn dazu treibt. Er rasselt sozusagen mit seinen Ketten. Damit hat er meinen Mann gekränkt, und ich glaube, zum Schluß haben sich die beiden fast gehaßt. Und Aldith ... Aelfric spricht nie von ihr, aber ich weiß Bescheid.
    Wann immer er sie anschaut, könnte man glauben, das Herz würde ihm aus dem Leib gerissen. Doch - was hätte er einem freien Mädchen zu bieten? Selbst wenn Meurig kein Auge auf sie geworfen hätte - Meurig, der viel freundlicher und umgänglicher ist als der arme Aelfric ... O Cadfael, ich hatte schon Kummer genug in meinem Haus - und jetzt das! Bitte, hilf mir! Wer würde mir beistehen - wenn nicht du? Hilf meinem Jungen! Du kannst es, wenn du nur willst!«
    Cadfael erforschte sein Gewissen, dann antwortete er: »Ich verspreche dir, alles zu tun, um den wahren Mörder deines Mannes zu finden. Genügt dir das?«
    »Ja. Ich weiß, daß Edwin unschuldig ist. Du weißt es nicht, aber du wirst es bald feststellen.«
    »Du bist eine tapfere Frau«, meinte er lächelnd, »genauso wie damals ... Und bevor deine Überzeugung auch die meine wird, will ich dir noch etwas versprechen. Ich werde deinem Sohn helfen, so gut ich es vermag, ob er nun schuldig oder unschuldig ist - aber die Wahrheit kann und darf ich nicht vertuschen. Bist du damit einverstanden?«
    Sie nickte nur, denn die Stimme versagte ihr den Dienst.
    Plötzlich spiegelte ihr Gesicht die starke seelische Belastung wider, der sie nicht nur an diesem Tag, sondern schon monatelang ausgesetzt gewesen war.
    »Ich fürchte«, sagte Cadfael mit sanfter Stimme, »du hast dich zu weit von deinesgleichen entfernt, als du die Frau eines Gutsherrn wurdest, Richildis.«
    »Das stimmt«, gab sie zu. Und dann konnte sie sich nicht mehr beherrschen, brach in Tränen aus und weinte zu Cadfaels tiefster Bestürzung an seiner Schulter.

4. Kapitel
    Bruder Denis, der Hospitalvorstand, erfuhr von den Reisenden, die in der Gästehalle einkehrten, stets die neuesten Nachrichten aus der Stadt. Auf dem Weg zur Abendandacht erzählte er, daß man in ganz Shrewsbury von Bonels Tod und der Jagd nach seinem Stiefsohn sprach, den der Wachtmeister des Landrats vergeblich in Martin Bellecotes Haus gesucht hatte. Weder in den Wohnräumen noch im Hof oder in der Werkstatt hatte man eine Spur von dem Jungen gefunden, und jetzt ließ der Wachtmeister seinen Namen in den Straßen ausrufen. Aber wenn sich die Bevölkerung mit der üblichen Begeisterung für die Gesetze des Landrats an der Jagd beteiligte, würde der Ausrufer nur seinen Atem verschwenden.
    Ein Junge, der noch nicht einmal fünfzehn war, den viele Stadtbewohner gut kannten und dem man nichts weiter anlasten konnte als hie und da ein paar dumme Streiche - nein, die Leute würden ganz sicher nicht auf ihren nächtlichen Schlaf verzichten, um an seiner Festnahme mitzuwirken.
    Cadfael war ebenso wie der Wachtmeister der Ansicht, daß man den Jungen erst einmal finden mußte. Mütter sind parteiisch, vor allem, wenn es um ihre einzigen Söhne geht, noch dazu um spätgeborene, die sie empfingen, nachdem sie die Hoffnung auf einen Stammhalter schon aufgegeben hatten.
    Cadfael wollte sich unbedingt seine eigene Meinung über den Jungen bilden, bevor er irgend etwas in dieser Sache unternahm.
    Richildis, der nach ihrem Tränenausbruch leichter ums Herz war, hatte ihm erklärt, wo die Werkstatt und das Haus ihres Schwiegersohnes lagen - glücklicherweise am näherliegenden Ende der Stadt. Er mußte nur am Mühlenteich vorbei und über die Brücke gehen, dann durch das Stadttor, das bis nach dem Abendgebet geöffnet war, dann würde er nach wenigen Minuten die steile, gewundene Wyle-Straße erreichen, wo Bellecote wohnte und arbeitete. Für den Hin-und Rückweg würde er nur eine halbe Stunde brauchen. Nach einem hastig eingenommenen Abendessen wollte er sich davonschleichen und der gemeinsamen Bibellektüre seiner Mitbrüder fernbleiben. Das konnte er sich erlauben. Denn auch der Prior würde an dieser Zusammenkunft nicht teilnehmen, als künftiger Abt seine Privatsphäre pflegen und die Regelung des Klosteralltags Bruder Richard überlassen, der ganz gewiß keine eigenmächtigen Entscheidungen treffen würde, da dies mit Anstrengungen verbunden wäre.
    Das Abendessen bestand aus eingesalzenem Fisch mit Hülsenfrüchten, und Cadfael widmete ihm nur geringe Aufmerksamkeit, schlang es in aller Eile hinunter

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