Das Mönchskraut
dunklen Wälder flüchten. So brachten sie ihren Gefangenen nach Shrewsbury und passierten am späten Abend die Klosterpforte, um den gestohlenen Hengst zurückzugeben. Und da der Pferdediebstahl bis jetzt das einzige Verbrechen war, das der Schurke erwiesenermaßen begangen hatte, mußte er im Klostergefängnis sitzen, während seine weiteren Taten überprüft wurden. Hier würde er erst einmal schmoren, bis die Rechtspfleger bereit waren, ihn wegen seiner schlimmeren Verbrechen zu belangen, die er außerhalb der Enklave verübt hatte und für die der Landrat zuständig war.
Die Beamten hatten dem Prior höflich mitgeteilt, daß sie den Jungen verhaftet hatten und daß er zumindest diese eine Nacht im Klostergefängnis verbringen müßte. Nun fühlte sich Robert hin-und hergerissen zwischen seiner Genugtuung über die zu erwartende Lösung der kriminellen Probleme im Fall Bonel und seinem Ärger über den Verbrecher, den er in seiner Domäne beherbergen mußte. Aber da die Beamten den Mörder schon am nächsten Morgen holen würden, ließ sich diese Unannehmlichkeit ertragen.
»Ist der Junge jetzt im Pförtnerhaus?« fragte er den Beamten, der in seine Wohnung gekommen war und ihn informiert hatte.
»Ja, Vater. Zwei Klosterwachtposten passen auf ihn auf.
Befiehl ihnen bitte, den Burschen bis morgen früh zu beaufsichtigen, dann wird ihn der Landrat sicher aufgrund jener anderen, viel schlimmeren Anklage holen lassen. Möchtest du ihn wegen des Pferdediebstahls selbst verhören? Wenn du es für richtig hältst, könnte man ihn auch wegen des Angriffs auf deine Stallknechte belangen, was auch ohne den Diebstahl ein schweres Vergehen wäre.«
Prior Robert war nicht gefeit gegen allzu menschliche Neugier, und so beschloß er, einen Blick auf den jungen Dämon zu werfen, der seinen eigenen Stiefvater vergiftet und die Beamten des Landrats durch die halbe Grafschaft am Gängelband geführt hatte. »Gut, ich komme. Die Kirche darf dem Sünder nicht den Rücken kehren - sie darf nur seine Sünden beklagen.«
Der Junge saß im Pförtnerzimmer auf einer Bank vor dem Kaminfeuer, müde und voller blauer Flecken, aber keineswegs eingeschüchtert. Die Klosterwachtposten und die Beamten des Landrates standen um ihn herum, starrten ihn finster an und bestürmten ihn mit herrischen Fragen, die er nur beantwortete, wenn es ihm beliebte -und auch dann so knapp wie möglich.
Die Männer waren schmutzig nach der langen Verfolgungsjagd, und einige hatten ihrerseits blaue Flecken und Kratzer aufzuweisen. Die hellen Augen des Jungen wanderten von einem zum anderen, und als er den Wachtmeister ansah, der in der Nähe von Cound Hals über Kopf aus dem Sattel in den Sumpf gefallen war, zuckten seine Mundwinkel, als könnte er sich nur mühsam ein Grinsen verkneifen. Sie hatten ihm den ausgeliehenen Habit ausgezogen und dem Pförtner übergeben.
Nun war die schmale Gestalt des Jungen deutlich zu erkennen.
Er hatte lichtbraunes Haar, eine helle glatte Haut und haselnußbraune, kluge Augen. Angesichts seiner kindlichen Schönheit blinzelte Prior Robert verwirrt. Manchmal zeigt sich der Teufel wahrhaft in Engelsgestalt ...
»So jung und schon so verdorben!« sagte er. Diese Worte waren nicht für die Ohren des Jungen bestimmt, Robert sprach sie aus, bevor er über die Türschwelle trat. Aber mit vierzehn Jahren hat man ein scharfes Gehör. »So, mein Junge«, fuhr der Prior fort und kam näher. »Du bist also der Verbrecher, der unsere klösterliche Ruhe gestört hat. Du hast viel auf dein Gewissen geladen, und ich fürchte, es ist schon zu spät, um Gott anzuflehen, er möge dir genügend Zeit geben, so daß du für deine Sünden büßen kannst. Trotzdem werde ich für dich beten. Du weißt sehr wohl, daß Mord eine Todsünde ist, denn du bist alt genug.«
Der Junge sah ihm in die Augen und entgegnete gefaßt und mit Nachdruck: »Ich bin kein Mörder.«
»Mein Kind, es ist sinnlos zu leugnen, was doch allgemein bekannt ist. Genausogut könntest du behaupten, du hättest heute morgen kein Pferd aus unserem Stall gestohlen - wobei dich vier von unseren Knechten und viele andere Leute beobachtet haben.«
»Ich habe Rufus nicht gestohlen«, erwiderte der Junge prompt. »Er gehört mir, denn er war das Eigentum meines Stiefvaters, und ich bin Gervase Bonels rechtmäßiger Erbe.
Seine Vereinbarung mit der Abtei wurde nicht gesiegelt, und das Testament, in dem er mich zu seinem Erben eingesetzt hat, ist unanfechtbar. Wie könnte ich etwas
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