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Das Mönchskraut

Das Mönchskraut

Titel: Das Mönchskraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Prestcote - was verständlich war, denn er war in dieser Grafschaft der offizielle Repräsentant des Königs. Und wenn es tatsächlich zu einer Gerichtsverhandlung kam, würde Prestcote strenger und kurzsichtiger urteilen als Beringar. Vor allem würde er Wert auf ein schnelles, unproblematisches Ende des Prozesses legen. Wenn der Landrat auch in Westminster war und Beringar vorübergehend das Amt verwaltete - die Wachtmeister und ihre Leute würden in gewohnter Weise vorgehen und immer noch nach dem Jungen fahnden, den sie für schuldig befunden hatten. Falls ein Wachtposten vor Bellecotes Werkstatt stand, hatte Cadfael nicht vor, den Mann zu provozieren. Und wenn das Haus nicht bewacht wurde - um so besser. Dann hatte Beringars Methode gesiegt.
    Und so ritt Cadfael unauffällig und gemächlich die Wyle-Straße hinauf und an Bellecotes Hof vorbei, ohne einen Seitenblick darauf zu werfen. Sein Weg nach Nordwesten führte über die Brücke nach Wales, doch er ritt auch daran vorbei und stieg zum High Cross hinauf. Von dort ging es ein Stück bergab und dann wieder bergauf, zur Schloßpforte.
    König Stephens Garnison war seit der sommerlichen Belagerung in fester Hand, und die Wache gab sich selbstsicher und unbeschwert, vernachlässigte aber keineswegs ihre Pflichten. Cadfael stieg ab und führte das Maultier die Einfahrt hinauf, in den Schatten des Pförtnerhauses. Der Wachtposten blickte ihm freundlich entgegen. »Guten Morgen, Bruder? Was hast du auf dem Herzen?«
    »Ich möchte mit Hugh Beringar von Maesbury reden. Sag ihm, daß Bruder Cadfael hier ist, dann wird er sicher Zeit für mich finden.«
    »Du hast Pech, Bruder. Hugh Beringar ist nicht hier, und er wird vor dem Abend nicht zurückkommen. Er ist mit Madog den Fluß hinabgefahren, im Totenkahn. Offenbar will er irgendwas suchen.« Diese Neuigkeit beglückte Cadfael ebenso heftig, wie ihn die Nachricht von Hughs Abwesenheit entmutigt und bedrückt hatte. Es wäre also doch besser gewesen, die Phiole Bruder Mark zu überlassen, der später noch einmal hierhergekommen wäre, wenn sein erster Besuch seinen Zweck verfehlt hätte. Cadfael kannte niemanden in diesen Mauern, dem er so bedingungslos traute wie Beringar, und nun war er in eine Situation geraten, die er hätte voraussehen müssen. Hugh hatte keine Zeit verloren und war aufgebrochen, um nach Edwins Reliquiar zu suchen - noch besser, er nahm die Sache selbst in die Hand, statt einen Untergebenen damit zu beauftragen. Aber Cadfael konnte unmöglich auf ihn warten, denn er mußte sich um seinen kranken Bruder Barnabas kümmern. Je früher er die Schafhürde erreichte, desto besser.
    Er überlegte, ob er das kostbare Beweisstück jemandem anvertrauen oder behalten sollte, bis er es Beringar persönlich übergeben konnte. Immerhin war Edwin noch in Freiheit und nicht unmittelbar bedroht.
    »Wenn es um den Giftmord geht«, sagte der hilfsbereite Wachtposten, »sprich doch mit dem Wachtmeister, der hier die Aufsicht hat. Ich habe gehört, daß in der Abtei seltsame Dinge geschehen sind. Sicher werdet ihr froh sein, wenn ihr wieder eure Ruhe habt und der Schurke hinter Schloß und Riegel sitzt.
    Tritt doch näher, Bruder, ich werde dein Maultier festbinden und William Warden mitteilen, daß du hier bist.«
    Nun, es konnte nicht schaden, Beringars Vertreter in Augenschein zu nehmen. Cadfael wartete in einem Vorzimmer im Pförtnerhaus und beschloß, den Zweck seines Besuchs in der Tasche zu lassen, bis er eine Entscheidung getroffen hatte.
    Nach einem ersten Blick ins Gesicht des Wachtmeisters, der bald darauf eintrat, stand es fest, daß die Phiole in ihrem Versteck bleiben würde. Es war der bärtige, kräftige, selbstbewußte Beamte mit der Habichtsnase, der die ersten Ermittlungen in Bonels Haus durchgeführt hatte und seither glaubte, seine Nase hätte die richtige Spur erschnüffelt. Auch Warden erkannte Cadfael sofort wieder. Ein verächtliches Grinsen entblößte große weiße Zähne, die in seinem buschigen Bart aufblitzten.
    »Schon wieder du, Bruder? Erfindest du immer noch ein Dutzend Gründe, warum der junge Gurney unschuldig sein muß - obwohl wir viel dringender einen Zeugen bräuchten, der ihn bei der Tat beobachtet hat? Bist du gekommen, um uns Sand in die Augen zu streuen - während er sich in Wales herumtreibt?«
    »Ich bin gekommen«, entgegnete Cadfael nicht ganz wahrheitsgemäß, »um mich zu erkundigen, ob sich etwas Neues ergeben hat - im Zusammenhang mit dem Gespräch, das ich gestern

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