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Das Mönchskraut

Das Mönchskraut

Titel: Das Mönchskraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Lieblingsplatz vor dem Kaminfeuer, döste zufrieden und zusammengesunken in seinem Sessel, schlief aber nicht, so daß er sofort ein scharfes Auge öffnete, wann immer er Bewegungen oder Stimmen wahrnahm. Er war gerade in der richtigen Stimmung, um einen Besucher willkommen zu heißen, und seine Lebensgeister regten sich entzückt, als Cadfael erzählte, daß er in den Nordwesten reiten würde, zu den Schafhürden von Rhydycroesau.
    »In deine Heimat, Bruder! Soll ich im Grenzland Grüße von dir bestellen? Sicher hast du dort immer noch viele Verwandte, drei Generationen.«
    »Allerdings!« Bruder Rhys' welke Lippen verzogen sich zu einem verträumten, zahnlosen Grinsen. »Solltest du meinen Vetter Cynfrith ap Rhys sehen oder seinen Bruder Owain, segne sie in meinem Namen. O ja, da oben leben sehr viele Mitglieder meiner Familie. Frag nach meiner Nichte Angharad, der Tochter meiner Schwester Marared - meiner jüngsten Schwester, die Ifor ap Morgan geheiratet hat. Ich glaube, er ist schon tot, aber wenn du hörst, daß er noch lebt, sag ihm, daß ich mich gut an ihn erinnere - und richte ihm Grüße und Segenswünsche von mir aus. Das Mädchen müßte mich wirklich mal besuchen - jetzt, wo ihr Sohn hier in der Stadt arbeitet. Ich weiß noch gut, wie sie als kleines Kind aussah, nicht viel größer als eine Margarite, und so hübsch ...«
    »Angharad hat als Dienstmädchen in Bonels Haus gearbeitet, nicht wahr?« fragte Cadfael sanft. »Auf Mallilie?«
    »Ja, ein Jammer war das! Aber jetzt sind sie schon so viele Jahre hier, die Sachsen. Mit der Zeit gewöhnt man sich an diese ausländischen Familien. Weiter sind sie zum Glück nicht gekommen. Mallilie ist bloß ein Dorn im Land von Cynllaith - sonst nichts. Er steckt tief drin - aber eines Tages könnte er rausgerissen werden! Die Ländereien von Mallilie reichen kaum bis ins Sachsengebiet hinüber, höchstens eine Handbreit ...«
    »Ist das die Möglichkeit!« rief Cadfael. »Dann liegt das Landgut also genaugenommen, obwohl es seit drei Generationen den Engländern gehört, in Wales?«
    »Es ist so walisisch wie Snowdon!« erwiderte Bruder Rhys, in dessen Augen ein Funke seines alten, patriotischen Feuers aufglomm. »Und alle Nachbarn sind Waliser, auch die meisten Pächter. Ich wurde westlich von Mallilie geboren, bei der Kirche von Llansilin, und die steht in der Mitte von Cynllaith. Das alles ist walisisches Land, seit unsere Welt erschaffen wurde!«
    Walisisches Land! Das ließ sich nicht ändern, nur weil während der Regentschaft des William Rufus ein gewisser Bonel dort eingedrungen war und ein paar Morgen Land in seinen Besitz gebracht hatte - und weil sich die Bonels seither dort breitmachten, unter der Schirmherrschaft des Grafen von ehester. Warum habe ich nicht schon früher gefragt, wo dieses verflixte Mallilie liegt, wunderte sich Cadfael. »Und in Cynllaith amtieren vermutlich walisische Richter - die sich an das Gesetz von Hywel Dda halten - nicht an das normannische?«
    »Klar! In Wales gibt's eine zuverlässige ordentliche Gerichtsbarkeit. Die Bonels haben ihre Grenzstreitigkeiten und dergleichen immer nach dem Recht geregelt, das ihnen gerade in den Kram paßte - nach walisischem oder englischem Gesetz.
    Aber die Leute da oben lieben ihr walisisches Recht, und sie halten sich an die Zeugenaussagen von Nachbarn, denn das ist der beste Weg, einen Streit zu schlichten. Und der einzig richtige Weg!« bekräftigte Bruder Rhys und nickte mehrmals.
    »Aber warum interessiert dich das? Willst du prozessieren?« erkundigte er sich kichernd.
    »Ich nicht«, entgegnete Cadfael und stand auf. »Aber ich kenne jemanden, der das vielleicht vorhat ...«
    Nachdenklich verließ er das Hospital. Als er den großen Hof durchquerte, kam die tiefstehende Wintersonne plötzlich hinter den Wolken hervor und blendete ihn. Und in seiner sekundenlangen Blindheit sah er endlich den Weg, den er gehen mußte.

8. Kapitel
    Auf der Wyle-Straße hätte er seinen Ritt gern unterbrochen, um mit Martin Bellecote zu sprechen und sich zu vergewissern, daß die Familie nicht von den Gesetzeshütern bestürmt wurde.
    Aber er verzichtete darauf, weil er erstens eine wichtigere Aufgabe erfüllen mußte und weil er zweitens keine unnötige Aufmerksamkeit auf Bellecotes Haus lenken wollte. Er kannte Hugh Beringars unabhängige Denkungsart und seinen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, aber die Landratsbeamten von Shorpshire folgten anderen Leitlinien und richteten sich eher nach Gilbert

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