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Das Mörderschiff

Das Mörderschiff

Titel: Das Mörderschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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mich zuzukommen. Ich glaube, daß ich jeden verdammten Baum auf der Insel Torbay angerempelt habe. Ich kam mir wie eine Kegelkugel vor, die ein ganzes Jahr lang jeden Abend benutzt worden ist. Der einzige Unterschied war der, daß die Kegelkugel die Kegel umwirft, während ich von den Bäumen umgeworfen wurde. Einmal, zweimal, dreimal hörte ich am Geräusch der Maschine, daß der Hubschrauber wieder nach Osten verschwand, und beim drittenmal war ich sicher, daß er endgültig abgedreht hatte. Aber jedesmal kam er wieder zurück. Langsam wurde es jetzt im Osten hell, aber ich konnte noch immer nicht den Hubschrauber erkennen. Für den Piloten mußte unten immer noch alles stockdunkel sein.
    Auf einmal gab der Boden unter meinen Füßen nach und ich fiel. Ich spannte meine Muskeln an und streckte meine Arme aus, um mich auf den Aufprall vorzubereiten. Aber meine ausgestreckten Arme fanden nichts. Keinen Widerstand. Ich fiel weiter. Ich rollte einen mit Gestrüpp bewachsenen Abhang hinunter. Und zum erstenmal in dieser Nacht hätte ich das Auftauchen eines Baumes begrüßt, um mein Weiterrollen aufzuhalten. Ich weiß nicht, wie viele Bäume sich auf diesem Abhang befanden, aber ich stieß auf keinen einzigen. Es war eine Grube, es war die größte Grube auf der Insel Torbay. Ich rollte und holperte plötzlich über eine ebene Grasbank und landete dann auf dem Rücken im weichen nassen Sand. Noch während ich keuchte und schnaufte und dabei versuchte, wieder etwas Luft in meine Lungen zu pumpen, hatte ich Zeit, der freundlichen Vorsehung dafür zu danken, daß sie die Felsen, die vor einer Million von Jahren hier an dieser Küste gelegen haben mußten, in eine weiche sandige Bucht verwandelt hatte.
    Ich stand auf. Das war genau der richtige Platz. Tatsächlich. Man hatte mir gesagt, im Osten der Insel Torbay gäbe es nur eine solche Sandbucht, und jetzt war es auch langsam hell genug geworden, um zu erkennen, daß es genau die Bucht war, obwohl sie mir sehr viel kleiner vorkam, als ich sie mir nach der Karte vorgestellt hatte. Wieder flog der Hubschrauber vom Osten herein. Soweit ich schätzen konnte, nicht mehr als ungefähr hundert bis hundertdreißig Meter vom Boden entfernt. Ich lief bis zur Mitte der Bucht, zog eine der Warnleuchten aus meiner Tasche, riß den Wasserschutz ab und zündete sie an, indem ich das Zündkabel abriß. Sofort flammte sie auf. Ein blauweißes Magnesiumlicht, das mich so blendete, daß ich die Augen mit meiner freien Hand bedecken mußte. Das Licht brannte genau dreißig Sekunden, aber es genügte. Während es verlöschte und dabei der Gestank in meine Nase drang, befand sich der Hubschrauber genau über mir. Zwei senkrecht nach unten strahlende Scheinwerfer waren vorn und hinten an der Maschine angebracht. Sie wurden zusammen eingeschaltet und tauchten den nassen weißen Sand in ein Lichtermeer. Zwanzig Sekunden später sanken die Räder in den weichen Sand. Das Geräusch des Motors verstummte, und langsam hörte der Rotor auf, sich zu drehen. Ich war noch nie in meinem Leben zuvor in einem Helikopter geflogen, aber ich hatte schon viele gesehen. Im Halbdunkel sah es so aus, als ob dies der größte wäre, den ich je gesehen hatte.
    Die rechte Tür öffnete sich, und eine Taschenlampe schien mir ins Gesicht. Eine Stimme, die so walisisch klang, daß man ganz Wales darin hätte unterbringen können, sagte: »Sind Sie Calvert?«
    »Das bin ich; kann ich an Bord kommen?«
    »Woher weiß ich, daß Sie Calvert sind?«
    »Ich sage es Ihnen. Erschweren Sie die ganze Sache nicht, Sie haben keine Vollmachten, meine Identität zu prüfen.«
    »Haben Sie keine Beweise, keine Papiere?«
    »Haben Sie keinen Verstand? Wissen Sie nicht, daß es Personen gibt, die niemals irgendwelche Papiere bei sich tragen? Glauben Sie, daß ich hier nur so herumstehe und nur so zum Vergnügen in meiner Tasche diese Notlichter mit mir herumtrage? Wollen Sie noch vor Morgengrauen arbeitslos sein?« Das war wirklich ein sehr ermutigender Beginn unserer Bekanntschaft.
    »Mir wurde aufgetragen, vorsichtig zu sein.« Er war aufgeregt und ärgerlich wie eine Katze, die beim Sonnenbaden niesen muß. Noch immer ließ seine Stimme eine gewisse Kameradschaftlichkeit vermissen. »Oberleutnant Scott Williams von der Marine-Luftwaffe. Sie müssen schon einen Admiral finden, um mich arbeitslos zu machen. Kommen Sie herein.«
    Ich kletterte hinein, schloß die Tür und setzte mich. Er streckte mir nicht die Hand zur Begrüßung

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