Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Mörderschiff

Das Mörderschiff

Titel: Das Mörderschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
Vom Netzwerk:
und belegte Brote.« Ich ließ die Brote und den Kaffee da, wo sie waren.
    Wir brauchten fast vierzig Minuten, um die fünfundzwanzig Meilen bis zur östlichen Spitze der Insel Torbay abzusuchen. Wir mußten uns meterweise gegen den Wind vorwärtskämpfen. Die Sicht war so schlecht, daß Williams nur nach seinen Instrumenten fliegen konnte, und bei dem starken Gegenwind hätte er eigentlich unser Ziel um Meilen verfehlen müssen. Statt dessen flog er unsere Sandbucht schnurgerade an, als wäre er durch Radar dorthin gelenkt worden. Mein Vertrauen zu Williams wuchs. Das war ein Mann, der genau wußte, was er tat. Aber langsam schwand mein Vertrauen zu mir selbst, und ich zweifelte, ob ich überhaupt eine Vorstellung hatte, was ich zu tun beabsichtigte. Ich dachte an Onkel Arthur, beschloß aber sofort, lieber an etwas anderes zu denken.
    »Dort.« Williams zeigte auf etwas. Wir waren ungefähr die Hälfte der Südküste von Torbay entlanggeflogen. »Das sieht so aus, als ob man dort etwas verstecken könnte. Meinen Sie nicht auch?« Und tatsächlich sah es so aus. Ein großes weißes, steinernes Haus im georgianischen Stil. Es stand auf einer Lichtung, etwa hundert Meter von der Küste entfernt und dreißig Meter oberhalb des Ufers. Man findet Dutzende solcher Häuser an den unmöglichsten Stellen auf einigen der abgelegenen und einsamen Inseln der Hebriden. Weiß Gott, wer sie erbaut hat, warum und weshalb. Aber es war nicht das Haus, das mein Interesse erweckte, sondern das große Bootshaus, das am Ende eines winzigen natürlichen Hafens stand. Ohne ein weiteres Wort von mir abzuwarten, brachte Williams die Maschine im Schutz der Bäume sicher zur Landung. Wir befanden uns jetzt hinter dem Haus.
    Ich holte aus einem kleinen Sack, den ich unter dem Hemd versteckt hatte, zwei Pistolen heraus. Die Luger steckte ich in meine Tasche, die kleine deutsche Liliput verbarg ich in meinem linken Ärmel. Williams sah ungerührt geradeaus und begann vor sich hinzupfeifen.
    Dieses Haus war seit Jahren unbewohnt. Ein Teil des Daches war eingestürzt. Die mit Salz durchsetzte Luft hatte die Farbe an den Wänden der Räume zerstört. Durch die zerbrochenen Fenster sah ich leere Zimmer und Streifen von verfaulter Tapete, die auf dem Boden herumlagen. Der Weg hinunter zu dem kleinen Hafen war mit Moos überwachsen. Jedesmal wenn mein Absatz darin versank, hinterließ er einen tiefen, schmutzigen Abdruck, den ersten wieder seit langer Zeit. Das Bootshaus war groß, der Innenraum maß mindestens zwanzig mal zehn Meter. Aber das war auch alles, was dazu zu sagen war. Die beiden großen Tore hatten je drei Scharniere und zwei riesige Vorhängeschlösser. Die Schlösser und die Scharniere waren vom Rost zerfressen. In meiner Tasche fühlte ich die schwere Luger und kam mir ziemlich albern vor. Ich ging zum Hubschrauber zurück.
    Noch zweimal kamen wir innerhalb der nächsten zwanzig Minuten in fast die gleiche Lage. Große weiße, im georgianischen Stil erbaute Häuser mit geräumigen Bootsschuppen. Ich war überzeugt, daß es sich auch bei ihnen um falschen Alarm handeln würde. Aber ich mußte doch nachsehen. Natürlich ohne Ergebnis. Die letzten Bewohner dieser Häuser waren längst verstorben, ehe ich geboren worden war. Einstmals hatten Menschen in diesen Häusern gelebt. Menschen mit großen Familien, Menschen mit Geld und Ehrgeiz, die mit beiden Beinen auf der Erde standen und keine Angst vor der Zukunft hatten. Sonst hätten sie ihre Häuser nicht in diesem großzügigen Stil erbaut. Aber jetzt waren diese Menschen fort, und alles, was übriggeblieben war, waren riesige verfallende Gebäude, die von einem trügerischen Glauben an die Zukunft zeugten. Vor einigen Jahren hatte ich ähnliche Häuser auf Plantagen in Süd-Carolina und Georgia gesehen, Häuser, die zwar von außen her sehr unterschiedlich waren, die aber genau die gleichen weißen Säulenhallen hatten, Häuser, die von riesigen grünen Eichen umgeben und von grauem Spanischem Moos überwachsen waren. Traurigkeit und Verwüstung. Zeichen einer Welt, die für immer vergangen war.
    Auch die Westküste der Insel Torbay brachte uns keinen Erfolg. Wir machten einen großen Bogen um die Stadt Torbay und Garve Island und flogen dann ostwärts, die Südküste entlang, bis zum Sund, den Sturm noch immer hinter uns. Dort waren zwei kleine Siedlungen, beide mit verrotteten Landungsstegen. Sonst nichts. Wieder erreichten wir unsere Sandbucht und flogen von dort aus nach Norden, bis

Weitere Kostenlose Bücher