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Das mohnrote Meer - Roman

Das mohnrote Meer - Roman

Titel: Das mohnrote Meer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amitav Ghosh
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sagte sie stolz, »Sie trompieren sich sehr, wenn Sie glauben, ich sei auf der Suche nach einem Ehemann. Ich bin kein verirrtes Kätzchen, das man in eine Menage aufnehmen muss. Ich kann mir keine verachtenswertere Union vorstellen als eine, in der ein Mann eine Frau aus Mitleid adoptiert!«
    Zachary biss sich auf die Lippe. »Wollte Sie nicht beleidigen, Miss Lambert. Glauben Sie mir: Hab’s nicht aus Mitleid gesagt.«
    Paulette straffte die Schultern und riss sich den ghūnghat ihres Saris vom Kopf. »Sie irren sich, Mr. Reid, wenn Sie glauben, ich hätte Sie hierhergebeten, um Ihren Schutz zu suchen. Wenn Bethel mich eins gelehrt hat, dann dies: Die Freundlichkeit der Menschen hat immer ihren Prix …«
    »Halt, halt, Miss Lambert«, gab Zachary verblüfft zurück. »Davon hab ich doch gar nichts gesagt. Bei einer Dame weiß ich meine Zunge schon zu hüten.«
    »Dame?«, sagte Paulette verächtlich. »Offerieren Sie so etwas einer Dame? Oder eher einer Frau … die im Fenster sitzt?«
    »Sie sind auf dem Holzweg, Miss Lambert. Hab so was nie
gemeint.« Die Kränkung trieb Zachary die Röte ins Gesicht, und um sich zu beruhigen, nahm er Jodu die Riemen ab und begann, selbst zu rudern. »Warum wollten Sie mich dann sehen, Miss Lambert?«
    »Ich habe Sie hergebeten, Mr. Reid, weil ich herausfinden möchte, ob Sie den Namen verdienen, den man Ihnen gegeben hat: Zikri.«
    »Ich versteh nicht, Miss.«
    »Darf ich Sie dann daran erinnern, Mr. Reid, dass Sie vor einigen Tagen gesagt haben, ich müsste Sie nur fragen, wenn ich etwas bräuchte? Ich habe Sie heute Nacht hergebeten, weil ich wissen möchte, ob Ihr Versprechen leichtfertig dahingesagt war, oder ob Sie ein Mann sind, der seine Parole hält.«
    Zachary musste lächeln. »Ich verstehe nicht, Miss.«
    »Der sein Wort hält«, verbesserte sich Paulette. »Das habe ich gemeint. Ich möchte wissen, ob Sie ein Mann sind, der zu seinem Wort steht. Also: Sagen Sie die Wahrheit. Sind Sie ein Mann, der zu seinem Wort steht, oder nicht?«
    »Kommt drauf an, Miss Lambert«, sagte Zachary vorsichtig. »Ob es in meiner Macht steht, Ihnen zu geben, was Sie wollen.«
    »Das ist der Fall«, erwiderte Paulette entschieden. »Mit Sicherheit – sonst würde ich nicht fragen.«
    »Und worum geht’s?« Zacharys Argwohn verstärkte sich.
    Paulette sah ihm lächelnd in die Augen. »Ich würde gern in die Mannschaft der Ibis aufgenommen werden, Mr. Reid.«
    »Was?« Zachary traute seinen Ohren nicht. In diesem unachtsamen Augenblick lockerte sich sein Griff, die Strömung riss ihm die Ruder aus den Händen und hätte sie fortgetragen, hätte Jodu nicht aufgepasst, das eine aus dem Wasser gefischt und das andere damit herangeholt. Als Zachary sich über das Dollbord beugte und danach griff, wechselte er einen Blick
mit Jodu, der den Kopf schüttelte, als wollte er ihm zu verstehen geben, dass er genau wisse, was Paulette vorhabe, und bereits zu dem Schluss gekommen sei, dass man es nicht zulassen dürfe. In geheimem Einverständnis nahm jeder der beiden ein Ruder, und nun pullten sie Schulter an Schulter, das Gesicht Paulette zugewandt: nicht mehr Laskare und Malum, sondern vielmehr ein Männerbündnis gegen einen entschlossenen, tückischen Gegner.
    »Ja, Mr. Reid«, wiederholte Paulette, »das ist meine Bitte an Sie: dass ich in Ihre Mannschaft aufgenommen werde. Ich werde mich einfügen: Mein Haar wird gebändigt sein, meine Kleidung wie die der anderen … Ich bin stark … Ich kann arbeiten …«
    Zachary legte sich kräftig in den Riemen, das Boot schoss gegen die Strömung vorwärts und ließ das Burnham-Anwesen hinter sich. Er war froh, rudern zu können, denn das harte Holz, das an seinen Schwielen scheuerte, hatte etwas Beruhigendes, ebenso wie selbst die feuchte Stelle, an der Jodus und sein Arm sich berührten. Die Nähe, der Schweiß und der Schweißgeruch, all das erinnerte ihn an die unerbittliche Enge des Lebens an Bord, die Rauheit und Vertrautheit, die die Seeleute achtlos machte wie Tiere, sodass sie sich nichts dabei dachten, Dinge auszusprechen oder vor aller Augen zu tun, für die sie sich anderswo zu Tode geschämt hätten. Die Back barg allen Schmutz, alle Schändlichkeit und Fleischeslust des Mannseins, und all das musste unter Verschluss bleiben, um der Welt den Gestank zu ersparen.
    Paulette vertrat ihr Anliegen unterdessen weiter. »… niemand wird wissen, wer ich bin, Mr. Reid, außer Ihnen und Jodu. Jetzt geht es nur noch darum, ob Sie zu Ihrem Wort

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