Das Monopol
verlieren. Und das ist ein Verlust, den sich meiner Meinung nach selbst Waterboer nicht leisten kann.« Er starrte Slythe an. Schweigen.
»Keine dieser Optionen ist brauchbar.« Schnief.
»Es gibt natürlich noch eine dritte Möglichkeit.«
Slythe wartete mit stoischer Ruhe.
»Sie könnten verhaftet werden.«
Wieder war Slythe fassungslos. »Verhaftet? Sind Sie verrückt? Und wie lautet die Anklage?«
»Ich bin natürlich kein Rechtsanwalt. Aber ich könnte mir vorstellen, dass die Anklage auf Besitz illegaler Drogen, Körperverletzung, Misshandlung und Vergewaltigung lauten würde. Vielleicht sogar auf versuchten Mord …«
»Vergewaltigung?« Slythe stand auf. »Sind Sie wahnsinnig? Sie wagen es, mich anzuklagen?« Er war laut geworden und legte sich eine Hand auf die Brust. »Mich?«
Orlow blieb ganz ruhig. »Sie bekämen selbstverständlich ein faires Verfahren. Schließlich leben wir nicht mehr in den Zeiten von Stalin und Berija. Auch in Russland haben wir inzwischen Geschworenengerichte.« Orlow grinste hinterhältig. »Vielleicht würden Sie gern die Beweise sehen?«
Er nahm einen Ordner vom Schreibtisch und klappte ihn auf. Nachdem er darin geblättert hatte, wählte er ein besonders hässliches Foto von Slythes S&M-Session mit Lena aus und zeigte es dem Südafrikaner. »Das hier gefällt mir am besten.«
Slythe warf einen Blick auf das schwarzweiße Hochglanzbild und schauderte. Nicht wegen der deutlich sichtbaren Blutflecken, sondern wegen der möglichen Folgen. Sein ansehnlicher PR-Stab hatte für die Öffentlichkeit ein Bild von Slythe geschaffen, das ihn als gütigen Patriarchen zeigte. Wenn er auf einem Foto mit sadistischem Grinsen über dem blutbefleckten Körper einer russischen Nutte zu sehen war, konnte die schöne Fassade mit einem Schlag zerstört werden. Bei diesem Gedanken wurde ihm so übel, dass er sich setzen musste.
»Es war ein Fehler, dass Sie ein Zimmer in einem regierungseigenen Hotel reservieren ließen. So grundlegend hat Russland sich denn doch nicht verändert. Besonders, was seine Geheimdienste betrifft. Überall gibt es noch schrecklich viele verborgene Kameras. Natürlich ist mir klar, dass Waterboer sich bessere Anwälte leisten kann als der verarmte russische Staat, aber es wäre doch eine Schande, wenn diese Fotos irgendwie in die internationale Presse gelangten, finden Sie nicht auch? Kokain und Vergewaltigung. Das passt nicht besonders zu ›Ein Diamant ist Schönheit‹ nicht wahr? Kein besonders guter Marketingschachzug. Die westlichen Nachrichtenagenturen lieben solche schockierenden Enthüllungen. Sie würden uns für die Fotos eine hübsche Summe zahlen.«
»Genug! Ich weiß, wenn ich geschlagen bin«, brachte Slythe mühsam hervor. »Ich werde den neuen Vertrag unterschreiben.«
»Das freut mich außerordentlich.«
»Das ist Erpressung, wie Sie wissen. Ich tue das nicht freiwillig. Solche erzwungenen Verträge sind nicht rechtskräftig.«
»Erpressung. Eine Praxis, die Waterboer natürlich vollkommen fremd ist.« Orlow wurde ernst. »Bitte kommen Sie mir nicht mit diesen Argumenten. Das ist beleidigend. Damit können Sie bei mir nichts ausrichten. Aber wenn Sie vernünftig sind, können wir miteinander reden. Welche Vertragsbedingungen wird Waterboer denn nun wählen? Fünfzig Prozent zu einem Karatpreis von 200 oder hundert Prozent zu einem Karatpreis von 300 Dollar?«
Slythe senkte demütig den Kopf. »Russlands gesamte Produktion zu einem Preis von 300 Dollar per Karat.«
»Da.« Nun grinste Orlow wieder. »Ich werde diese Negative vernichten.« Er nahm einen anderen Ordner vom Tisch, holte ein zweihundert Seiten starkes Schriftstück heraus, dessen Seiten abwechselnd in Kyrillisch und in lateinischer Schrift beschrieben waren. Orlows eigene Rechtsberater hatten mehrere Nächte damit zugebracht, Verträge für jede der vom Präsidenten vorgeschlagenen Alternativen vorzubereiten. »Hier ist der Vertrag. Lassen Sie ihn von Ihren Anwälten durchsehen. Ich schlage vor, Sie verändern so wenig wie möglich daran. Der Kontrakt wird zwar exklusiv zwischen Ihnen und mir geschlossen, aber die Duma möchte nicht übergangen werden. Vielleicht wird sie den einen oder anderen Passus noch verändern, wenn Sie nicht rasch unterzeichnen. Und noch etwas, Piet. Das bleibt jetzt unter uns. Das Kokain … hören Sie damit auf. Es wird Sie noch umbringen.«
Slythe ließ sich zum Flughafen Scheremetjewo II bringen. Churchman und Witsrand, die mit ihm in der Limousine
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