Das Monopol
die Korruption im Osten viel zu sehr gewöhnt, um über diese Enthüllung zu staunen. »Die Bilder zeigen drei sonderbare Phänomene. Erstens scheinen unmittelbar vor der Explosion zwei Flugmaschinen ohne Motor über den Komplex geflogen zu sein. Zweitens gab es in der Anlage gleichzeitig mehrere Explosionen, also nicht bloß einen einzigen Brandherd, der sich langsam ausbreitete. Und drittens ist jemand entkommen, der nicht zur Garnison gehörte.«
Forbes richtete sich im Rollstuhl auf. Zum ersten Mal schien er wirklich überrascht. »Und welchen Schluss ziehen Sie daraus?«
»Warum sollte jemand mit Gleitern über Mirnyj fliegen statt mit einem motorbetriebenen Fluggerät? Noch dazu nachts? Bei Minustemperaturen? Das ist unwahrscheinlich. Kein einziger Soldat hat den Brand überlebt, wie unsere Leute im russischen Generalstab bestätigt haben. Wenn diese Dinge nicht zufällig geschehen sind, stand eine Absicht dahinter.«
Forbes nickte nachdenklich.
»Und wenn es Absicht war, hat jemand die Explosion ausgelöst.«
»Das ist ein bisschen weit hergeholt, oder? Warum sollte jemand Feuer in Mirnyj legen, wenn er nicht die Schleiferei und das Lager zerstören will?«
»Die Neutronenbombe!«, platzte Pink heraus.
Forbes zog die Pfeife zwischen seinen Zähnen hervor. »Wie bitte?«
»Die Neutronenbombe, Sir. Sie wurde doch entwickelt, um Menschen zu töten, Gebäude jedoch unbeschädigt zu lassen.«
»Jetzt verstehe ich gar nichts mehr, Pink.«
»Die Neutronenbombe sollte Gebäude intakt lassen, damit die Infrastruktur nach dem Krieg wieder genutzt werden konnte, sobald der Fallout verflogen war. In Mirnyj hat das Feuer die hölzernen Kasernen zerstört, aber der Schleiferei in einem Betonbau können die Flammen nichts anhaben.«
»Sie glauben also, dass die Explosion in Mirnyj – wer immer dafür verantwortlich ist – ausgelöst wurde, um die Soldaten zu eliminieren, ohne die Schleiferei zu beschädigen?«
»So ungefähr.«
»Und um mit Ihrer Analogie über die Neutronenbombe fortzufahren: Sinn und Zweck dieser Bombe ist, dem Sieger die Nutzung der Fabrikanlage zu sichern.«
»Stimmt.«
»Wenn man die Analogie weiterdenkt, läge der Sinn der Explosion im Diamantenzentrum Mirnyj für den Verursacher darin, dass er dort weiterhin Diamanten schleifen und polieren will.«
»Ja.«
»Aber im vorliegenden Szenario hat der neue Kommandeur der Östlichen Bodentruppen, Marschall Aleksakow, der Nachfolger von Ogarkow, eine neue Garnison eingesetzt. Er lässt die Kasernen wieder aufbauen, und in Mirnyj wird weiter gearbeitet wie vor der Explosion. Warum sollte man einen ganzen Gebäudekomplex niederbrennen, um die Soldaten zu töten, wenn man doch weiß, dass nur wenige Tage später eine neue Garnison eingesetzt wird?«
»Das nehmen wir nur an.«
»Was nehmen wir nur an?«
»Wir nehmen nur an, dass die Arbeit in Mirnyj wieder aufgenommen wurde. Wenn der Brand gelegt wurde, sollte er irgendetwas bewirken. Was hat sich geändert? Das Einzige, was sich nach dem Brand geändert hat, ist die Besatzung – die Soldaten. Die Verarbeitungsanlage hat keinerlei Schäden erlitten. Sie besteht aus verstärktem Beton, konnte daher nicht Feuer fangen. Die Holzkasernen werden wieder aufgebaut. Wer immer diese Explosion versucht hat – er hat große Mühen auf sich genommen, um die Soldaten zu töten und die Anlage intakt zu lassen.«
Die Lösung war die ganze Zeit zum Greifen nahe gewesen, doch Pink war nicht darauf gekommen. »Und um sicherzustellen, dass die Satelliten nichts entdecken! Natürlich!«
»Nehmen wir also an, dass jemand zu äußerst ungewöhnlichen Maßnahmen griff, um die Garnison zu vernichten«, entgegnete Forbes. »Und gehen wir noch einen Schritt weiter: Warum musste eine neue Garnison her?«
Pink ordnete seine Gedanken. »Die neue Garnison muss sich irgendwie von der alten unterscheiden.«
»Zum Beispiel, weil es völlig neue Leute sind«, gab Forbes zu bedenken und stopfte seine Pfeife.
»Glauben Sie vielleicht, dass …« Pink verlor sich in Gedanken. Ein neuer Einfall nahm verschwommen Gestalt an, doch er konnte ihn noch nicht ganz greifen.
»Vielleicht sind die Soldaten jemand anders treu ergeben. Der befehlshabende Offizier ist ein anderer – Marschall Aleksakow.«
»Das würde Sinn machen, ja. Aber wem sind sie ergeben? Waterboer?«
Forbes schüttelte kaum merklich den Kopf. »Waterboer könnte es nicht wagen, mehr als hundert Soldaten zu bezahlen. Etwas so Offensichtliches würde gegen
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