Das Monopol

Titel: Das Monopol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Kublicki

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oberhalb der Turbulenzzone. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Flug, Sir.«
    Kerry schaltete die PA aus und prüfte noch einmal die Flughöhe auf seinem Head-up-Display, das ihm wichtige Daten auf die Cockpitscheibe projizierte und ihm ersparte, ständig zwischen den verschiedenen Instrumentenanzeigen und dem Höhenmesser hin und her schauen zu müssen. Dadurch versäumte er den Blick auf den vielfarbigen Radarschirm und sah den winzigen Punkt nicht, der sich in rasendem Tempo der Patria näherte. Kerry hätte ohnehin nichts mehr tun können. Als ehemaliger Kampfflieger hätte er vielleicht instinktiv ein Ausweichmanöver versucht und als letzten Ausweg den Schleudersitz benutzt. Aber die Patria war nicht seine alte Tomcat. Sie konnte einem Geschoss nicht ausweichen, und sie hatte keinen »Chaff« an Bord – metallhaltige Streupartikel zur Verwirrung des Radars feindlicher Flugkörper – und auch keinen Schleudersitz, mit dem sich der Pilot retten konnte.
    Als der Alarm aufheulte, konnte Kerry nur noch hilflos auf den Radarschirm starren. Und beten – beten, bis die Flugabwehrrakete einschlug und in Bruchteilen von Sekunden einen starken Druckabfall verursachte, der Kerry das Bewusstsein raubte.
    Anders als Wenzel, Nastassja und der Sizilianer in der Kabine spürte Kerry nicht mehr, wie die Patria in der Santa Monica Bay mit der Nase voran in die stürmischen Wellen des Pazifiks stürzte.


33.

Das Entkommen

    Westover
    Nordvirginia, 17.32 Uhr

    Carlton fuhr auf den Parkplatz hinter seinem Haus. Er war so erschöpft, dass er kaum noch klar denken konnte und sich auf seinen Instinkt verließ.
    Fünf Minuten, um Uniform und Waschzeug zu holen – allerhöchstem. Danach konnte er sich verdrücken, im kalten trüben Winterlicht verschwinden. Er watete durch den zehn Zentimeter tiefen Schnee zum Hintereingang des Backsteinhauses, während in seinem Innern ein Sturm von Gefühlen und Ängsten tobte.
    Als Carlton den Haustürschlüssel ins Schloss stecken wollte, hielt er mitten in der Bewegung inne. Irgendetwas stimmte nicht! Er fuhr herum, machte sich darauf gefasst, dass irgendjemand – irgendetwas – ihn aus der Dunkelheit anfiel. Doch da war nichts. Nur der Schnee fiel in dichten Flocken vom schwarzen Himmel. Carlton holte tief Luft. Seine überreizten Sinne spielten ihm einen Streich. Es erinnerte Carlton an seine Kinderzeit. Sobald das Licht gelöscht worden war, hatte er ängstlich nach Ungeheuern gesucht, die unter dem Bett lauerten, aber immer nur den Fußboden gesehen. Jetzt aber waren die Ungeheuer real.
    Eine Zeit lang verharrte er regungslos, starrte auf den dunklen Parkplatz. Wenn er in den letzten Tagen etwas gelernt hatte, dann dies: seinem Instinkt zu vertrauen. Irgendjemand war hier. Deshalb hatte er solche Angst.
    Carlton beschloss, nun doch lieber den Vordereingang zu benutzen. Er ging zum Shark und machte den Kofferraum auf. Als Reserveoffizier der Marine konnte er jederzeit zu einer Wehrübung gerufen werden. Aus diesem Grund hatte er stets bestimmte Dinge im Kofferraum bereitliegen. Carlton hob die Zementblöcke zur Seite und tastete unter der Matte. Er nahm ein Plastikfutteral heraus, zog den Reißverschluss auf und holte seine schwarze Glock 20 hervor. Diese österreichische Pistole wurde von vielen Experten als Meisterstück unter den Handfeuerwaffen angesehen. Carlton steckte ein Reservemagazin ein und warf das Etui zurück in den Kofferraum. Mit geübten Bewegungen, die ihm nach sechs Jahren Dienst bei der Navy zur zweiten Natur geworden waren, nahm er das Magazin heraus, prüfte nach, ob es vollständig mit zehn Parabellum-Geschossen Kaliber. 10 mm geladen war, setzte es dann wieder ein und schob eine Kugel in die Kammer. Die Waffe mit beiden Händen haltend, schlich er langsam zur Haustür, wobei er sich dicht an der Wand hielt.
    Carlton blieb unter den kahlen Ästen einer Eiche stehen und beobachtete die Fenster, die auf die Straße hinausgingen. In der Wohnung über ihm flackerte das bläuliche Licht aus dem Fernseher. Sadie Kerwood war über neunzig und ein gutes Beispiel für die Zähigkeit und das Durchhaltevermögen ihrer Generation: eine unabhängige, geistig frische und äußerst scharfzüngige alte Dame. Carlton kaufte oft für sie ein. Sie revanchierte sich mit Kuchen und hatte ihm ihren Reserveschlüssel ausgehändigt. Im Gegensatz zu ihren erleuchteten Fenstern waren die Fenster seiner Wohnung völlig dunkel.
    Zum Beispiel das Wohnzimmerfenster.
    Seltsam.
    Seit