Das Monopol
kam es vor, als habe sein Mandant noch mehr sagen wollen. Doch dann hatte er sich vermutlich anders besonnen, weil er keine vertraulichen Informationen über eine Leitung preisgeben wollte, die mit Sicherheit abgehört wurde.
MacLean hatte es satt, dass ihm von Washington Knüppel zwischen die Beine geschleudert wurden. Er war ein vernünftiger Mann und jederzeit zu Verhandlungen bereit, doch Drohungen irgendwelcher Bundesbehörden würde er nun nicht mehr dulden – es reichte ihm, dass Wenzel beinahe verhaftet worden wäre und das Justizministerium seine Liegenschaft beschlagnahmt hatte. Als ehrlicher Mensch wollte er ehrliche Antworten.
Bis jetzt hatten ihm nur Feiglinge gedroht, die sich nicht zeigen wollten. MacLean ging keinem Kampf aus dem Weg. Und für Giancarlo Innocentis Sohn war die Auseinandersetzung mit Washington auch nur ein weiterer Kampf.
Wenzel war keineswegs überrascht gewesen, als MacLean ihm verkündete, er wolle die Verantwortlichen persönlich zur Rede stellen. Im Gespräch von Mann zu Mann. Aber Wenzel wusste wie immer besseren Rat: Er überzeugte MacLean, dass er ihn vertreten müsse. Ohne MacLeans Anwesenheit würden die Verhandlungen glimpflicher verlaufen, argumentierte Wenzel. Wenn die Verantwortlichen für diese Schweinerei im Hintergrund bleiben wollten, sollte MacLean sich ebenfalls so verhalten. Zuerst lehnte der Milliardär kategorisch ab. Doch nach und nach sah er ein, dass sein Anwalt wie immer Recht hatte.
Wenzel sollte überraschend in Washington erscheinen. Doch anders als bei der Reise nach Macon Grave ging er kein unnötiges Risiko ein: Er flog mit einem von MacLeans Privatjets statt mit einer normalen Linienmaschine. Begleiten und beschützen sollte ihn ein Sizilianer. Bei Ankunft sollte er Colonel Saunders treffen, einen Freund MacLeans, der auf dem Luftwaffenstützpunkt bei Andrews in Maryland stationiert war und Wenzel einen gewissen Schutz garantieren würde.
Was seine eigene Sicherheit betraf, ging MacLean ebenfalls kein Risiko ein. Wenzels Rat befolgend, hatte er Castel MacLean seit zwei Wochen nicht mehr verlassen und seine angemieteten Sicherheitsleute durch erprobte Leibwächter aus der vertrauenswürdigen Familie Don Forzas in Sizilien ersetzt. Die bevorzugten Waffen dieser zehn eingeflogenen soldati – von denen einer nun zu Wenzels Bewachung eingeteilt war – waren Messer und Garotte, obwohl sie auch als Scharfschützen gute Arbeit leisteten. Es waren schweigsame, ganz in Schwarz gekleidete Männer, die streng den sizilianischen Kodex der omerta befolgten. Auf Befehl ihres Don würde jeder zur Verteidigung des einzigen Sohnes von Don Giancarlo Innocenti bereitwillig sein Leben geben, und wenn man sie verhörte, würde kein Wort über ihre Lippen kommen.
Kerry schob die beiden Gashebel nach vorn. Kreischend heulten die Triebwerke auf. Ein Druck von 29.500 Pfund presste Wenzel und den Sizilianer in die Sitze, als der Jet über die Startbahn schoss. Sekunden später stieß die Patria durch die dichte Wolkenschicht über Los Angeles. Durch die ovalen Bullaugen schimmerten mehr und mehr Sterne am schwarzen Nachthimmel. Das »Bitte-nicht-rauchen«-Zeichen erlosch. Wenzel steckte sich eine Zigarette zwischen die Lippen. Sogleich war Nastassja zur Stelle, hielt ein Feuerzeug in den weiß behandschuhten Fingern und zündete seine Zigarette an. Wenzel sah einem Rauchkringel nach, der zur Decke schwebte und in die Lüftung gesogen wurde.
»Danke.« Erleichtert blies er den Rauch aus.
»Gern geschehen, Sir. Möchten Sie vor dem Dinner einen Cocktail?«
»Aber gern. Scotch und Soda. Mit Eis, bitte.«
»Ja, Sir. Wenn Sie bitte einen Blick auf die Speisekarte werfen möchten?« Nastassja reichte Wenzel und dem Sizilianer in Seide gebundene Karten mit dem marineblauen Emblem der Patria.
Wenzel musste lächeln. Umwerfend hübsche Stewardessen, weiße Handschuhe, Cocktail, Speisekarte. MacLean war unverbesserlich. Selbst mitten in einer Krise behielt der Mann seine ästhetischen Gepflogenheiten bei.
Über der Santa Monica Bay flog Kerry eine 180-Grad-Kehre nach Osten, dann beschleunigte er die Maschine auf 0,9 Mach, die Höchstgeschwindigkeit der Gulfstream V. Während die Patria zu ihrer maximalen Flughöhe aufstieg – weit über der anderer Geschäftsjets –, stellte er den Bordlautsprecher an.
»Guten Abend, Mr Wenzel. Wir werden voraussichtlich in drei Stunden und vierzig Minuten in Andrews landen. Unsere Flughöhe beträgt 16.000 Meter, wir befinden uns
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