Das Monopol
Tschernjenkos Zeiten im Dienst der kubanischen Marine. Das andere ist in Murmansk stationiert und macht für Kreuzfahrtschiffe Passagen durchs Treibeis frei.«
Carlton stutzte und starrte Pink mehrere Sekunden an. »Murmansk? Das ist doch, wo Pjaschinew …«
»Genau.«
»Also, was jetzt?«
»Ist doch offensichtlich, oder? Auf nach Murmansk!«
»Murmansk? Auf diesem Eimer?« Er überlegte einen Moment. »Ein Frachter. Eigentlich gar keine so schlechte Tarnung.«
»Und Murmansk ist sowohl Frachthafen als auch Marinestützpunkt.«
»Also, auf nach Murmansk. Sie wissen doch, dass das völlig verrückt ist?«
»Ja.«
»Aber es wäre noch verrückter, würden wir es nicht versuchen.«
45.
Der Orden
Internationaler Sitz
Der Orden
Rom, 15.12 Uhr
Der Orden war im frühen 16. Jahrhundert gegründet worden mit dem Ziel, der Kirche durch intellektuelle und doktrinäre Eingreiftruppen Beistand zu leisten, denn die traditionelle Lehre war in Gefahr, dem wachsenden Einfluss der Reformation nicht mehr Einhalt gebieten zu können. Die Priester des Ordens waren handverlesen und nach geistiger Stärke, Begabung und der Kraft ihrer Hingabe an den Glauben ausgesucht worden. Sie wurden weitaus gründlicher ausgebildet als andere Priester und waren nur einem Herrn treu ergeben: dem Papst. Sie mussten nicht nur die üblichen Gelübde des Zölibats, der selbst gewählten Armut und der Keuschheit ablegen, sondern auch geloben, keinem anderen zu gehorchen als dem Papst. Und so geschah es auch: In den ersten zweihundert Jahren seines Bestehens waren sowohl Führer als auch Gefolgsmänner des Ordens dem obersten Kirchenvater gehorsam, und zwischen Papsttum und Orden entstand ein inniges Verhältnis. Deshalb spielte der Orden eine wichtige, wenn nicht führende Rolle in Bildung, Politik und Wirtschaft fast jeder Macht – und jedes mächtigen Menschen – ob in Europa oder Amerika. Der Orden gründete Schulen, Universitäten, Forschungsstätten, Observatorien, Bibliotheken und Krankenhäuser und übernahm deren Leitung. Die Priester des Ordens lehrten, schrieben, leisteten Überzeugungsarbeit und erteilten wertvollen Rat.
Doch im 18. Jahrhundert, nach zwei Jahrhunderten absoluten Gehorsams, begann der Orden sich gegen seinen Herrn und engsten Verbündeten zu wenden. Zuerst äußerte sich der Widerstand verhohlen und leise, dann nahm er merklich zu. Schließlich kam es dazu, dass der Führer des Ordens – der einzige Kardinal, der in Anlehnung an den heilig gesprochenen Ordensgründer eine schwarze Soutane trug – bisweilen sogar als »schwarzer Papst« bezeichnet wurde. Zwar gerieten nicht viele Ordenspriester vom Weg ab, doch diejenigen, die als schwarze Schafe vom rechten Pfad abwichen, verirrten sich ohne Wiederkehr. Am Ende des 20. Jahrhunderts waren manche Ordensmitglieder der festen Überzeugung, Diktaturen müssten gewaltsam bekämpft werden. Deshalb griffen sie zu den Waffen, um die Befreiungstheologie zu unterstützen – eine religiöse Bewegung mit ansprechendem Namen, die jedoch hauptsächlich auf den Kommunismus gegründet war. Manche Mitglieder gingen sogar so weit, dass sie sich in brutalen kommunistischen Regimen zu hochrangigen Ministern aufstellen ließen. Andere wieder bekannten sich zur New-Age-Bewegung. Schließlich stellte der Orden sogar den Grundsatz und die Legitimation des Papsttums infrage. Das war für einen katholischen Orden, der zuvor treu und gehorsam dem Papst ergeben war, die reinste Blasphemie.
Zwischen Papst und Orden brach Krieg aus. Er war nicht offen erklärt worden, dauerte jedoch unvermindert an – bis er an die starke Festung des polnischen Papstes stieß. Zwar besaß der Orden gewaltige Macht, doch Johannes Paul der Zweite ebenso: Er war der meistgereiste, berühmteste und beliebteste Papst der jüngsten Geschichte und wurde von der historischen Macht gestützt, die ihm aus zweitausend Jahren Führerschaft über die katholische Kirche zugekommen war. Als Mann, der die unmenschlichen Gräuel der Nazis und der Kommunisten in seiner Heimat mit angesehen hatte, setzte der Papst den Kampf gegen den Orden mit dem Kampf der Kirche gegen den Kommunismus gleich. Er verstand den intellektuellen Unterbau des Streites, warf sich in den Kampf und gewann entscheidende Schlachten. Ränge wurden umbesetzt, unerwünschte Programme gestrichen. Einflussnahme wurde geteilt, Häretiker zum Schweigen gebracht, die Kirchendoktrin wieder in ihr Recht eingesetzt. Der Papst war überlegen – nur
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