Das Monopol
bleiben. Vor der Mannschaft, vor sämtlichen Wartungsinspekteuren, vor jedem.«
»Könnte schon sein.« Pink zuckte die Achseln. Er war noch nicht überzeugt, hatte aber auch keine Gegenbeweise.
»Jedenfalls ist es mit Abstand das Beste, das wir bis jetzt haben. Die Navy wäre stolz auf dich.« Carlton küsste Erika auf die Wange. Sofort lief sie rot an.
»Obwohl …«, begann Ramey, dem ein neuer Gedanke gekommen war.
»Was?«, wollte Carlton wissen.
»Wie lang ist die Rossija?«
»Schlappe 150 Meter.«
»Das bedeutet, wir müssen ungefähr 300 Meter Schiffsrumpf durchsuchen.« Ramey atmete tief durch. »Von der Höhe des Schiffes, die leicht drei oder vier Stockwerke betragen kann, gar nicht zu reden. Da können wir verdammt lange suchen.« Carlton zuckte leicht zusammen. »Wenigstens wissen wir, wo wir anfangen sollen.«
»Falls wir die Rossija finden«, gab Ramey zu bedenken. »Sie befährt die Route zwischen Murmansk und Franz-Josef-Land. Wenn sie pünktlich aus Murmansk ausläuft und sich an die vorgeschriebene Strecke hält, dürfte sie jetzt ungefähr hier sein.« Er zeigte auf die Zweihundertmeilenzone, die auf der Seekarte in Rot eingezeichnet war.
»Dann haben wir ja weniger abzusuchen als ihre übliche Zwölfhundertmeilenroute«, sagte Carlton.
»Zum Glück ist mehr als die Hälfte des Gebiets durch Eis versperrt«, meinte Ramey. »Und bevor der Kreuzfahrer eintrifft, wird die Rossija ihre Arbeit wohl nicht aufnehmen. In diesen Gewässern fährt man nicht bei Nacht. Wenn alles nach Plan läuft, sollten wir in ungefähr fünfzehn Stunden dort sein.«
»Da fällt mir etwas Wichtiges ein.« Carlton schenkte sich frischen Kaffee nach. »Wir glauben jetzt zu wissen, wo die Diamanten versteckt sind und wo die Rossija sich im Augenblick aufhält. Und wir sind fast am Ziel. Aber falls die CIA nicht vorhat, die Diamanten zu klauen, sobald wir sie haben …«
»Falls wir sie haben«, mahnte Pink.
»Jedenfalls sehe ich keinen Grund, warum wir nicht die russische Regierung um Hilfe bitten sollten. Immerhin ist es eigentlich ihr Problem. Die Frage ist nur, an wen sollen wir uns wenden? Mal abgesehen von Russkost und Waterboer – woher sollen wir wissen, dass unser Kontakt sauber ist? Und selbst wenn wir auf jemand Vertrauenswürdigen stoßen, kann die Information immer noch durchsickern. Damit verschaffen wir nicht nur Waterboer die Diamanten, sondern uns selbst auch noch den Abgang.«
»Das hängt davon ab, wie früh Fress alles rausfindet«, sagte Pink. »Wenn wir jetzt sofort Verbindung zur russischen Regierung aufnehmen und dann Forbes oder Saunders kontaktieren, und zwar bevor die Russen uns Unterstützung schicken, werden weder Fress noch Waterboer genügend Zeit haben, ihre Leute zu schicken. Und ich weiß auch schon, wen ich anrufe. Dieser Mann hat höchstwahrscheinlich weder mit Waterboer noch mit Russkost zu tun.«
»Und wer ist dieser tolle Bursche?«
»Jagoda. Lawrenti Jagoda. Der Chef des GRU, des militärischen Geheimdienstes. Forbes scheint ihm zu trauen. Sein Name bedeutet auf Russisch ›Heidelbeere‹. Nach meinen Informationen hat Jagoda mehr von Orlow und der jetzigen Regierung zu gewinnen als von Russkost. Deshalb wird er uns vielleicht helfen und eher die Diamanten für Orlow retten, anstatt sie an Waterboer zu verkaufen. Außerdem hasst er die Russkost.«
»Okay.« Er schaute auf die Uhr. »Dann wollen wir die Heidelbeere mal wecken.«
47.
Der General
GRU-Zentrale
Moskau, 23.42 Uhr
Mein Name ist wirklich ein schlechter Witz, dachte Lawrenti Jagoda. Der Vorname von Lawrenti Berija, dem berüchtigten Chef der Geheimpolizei NKWD in der Stalin-Ära, und der Nachname von Genrikh Jagoda, einem Vorgänger Berijas, der eine der ersten Säuberungswellen in den Dreißigerjahren durchgeführt hatte. Dennoch konnte man den streng aussehenden Mittsechziger mit den kurzen grauen Haaren nicht als einen Menschen bezeichnen, der im Leben allzu viel Unglück gehabt hatte. Jagoda war stetig aufgestiegen, bis er den Rang eines Generals erreicht hatte. Als Chef des GRU war er sowohl über die meisten militärischen Geheimnisse als auch über die Politik bestens informiert. Er trank wenig, arbeitete hart und mit Erfolg und war unbestechlich, auch wenn er beim Bau seiner Datscha beide Augen zugedrückt hatte: Jagoda hatte sie vom Gewinn aus verschiedenen Schwarzmarktgeschäften finanziert. Außerdem war er seinem Land und seinem Präsidenten treu ergeben.
Jagoda dachte über das soeben
Weitere Kostenlose Bücher