Das Monopol
bedacht, ob zu Luft, zu Wasser oder über Land. Ein Plan sah vor, drei Jets der britischen Marine von der NATO-Basis in Keflavik zu stehlen. Die durchtrainierten volki spielten jedes mögliche Szenario wieder und wieder durch, bis sie ihre Aufgaben fast im Schlaf beherrschten. Doch bevor einer der geplanten Anschläge auf russische Versorgungs- und Regierungseinrichtungen verübt werden konnte, galt es die Diamanten zu finden und an Waterboer zu übergeben. Ohne die Mittel aus diesem Coup waren die Anschläge nicht zu finanzieren. Also musste der ehemalige speznaz- Offizier sich in Geduld üben. Um sich von seiner Nervosität abzulenken, trainierte er seine volki erbarmungslos.
Ein Lada in schneeweißer Tarnfarbe donnerte über einen kleinen Hügel und kam rutschend neben Uljanow zum Stehen. Der Fahrer salutierte.
»Towarisch Oberst, ein dringender Anruf für Sie.«
»Wer ist dran?«
»Er sagte, sein Name ist Kowanetz.«
»Fahren wir.« Uljanow sprang in den Wagen. »Schnell!«
Der Fahrer raste zum Hauptquartier. Uljanow sprang aus dem Wagen, während dieser noch rollte, und stürmte in die Telefonzentrale. Ein Leutnant reichte ihm den Hörer.
»Uljanow.«
»Hier Kowanetz.«
»Weiß ich doch! Was gibt’s? Senden Sie verschlüsselt?«
»Nein. Spielt jetzt keine Rolle. Ich weiß, wo sie sind.«
»Otschen charascho! Wo?« »Ich bin gerade dabei, die Information zu verschlüsseln. Sie bekommen es in ein paar Minuten per Fax. Sie müssen sich beeilen. Haben nicht viel Zeit.«
»Wie viel?«
»Nicht mehr als achtzehn Stunden.«
Kapitän Andrej Akronseff, ein Mann in den Vierzigern, liebte das Meer und die Kälte, wie viele seiner Landsleute. Daher war es für den sanften Hünen ganz natürlich, dass er seine beiden Vorlieben miteinander verband und das Kommando eines russischen Eisbrechers übernommen hatte, die Rossija, die Akronseff fast so sehr liebte wie die gefrorene See, die das Schiff durchpflügte.
Er verließ seine warme Kabine, grüßte mehrere Angehörige seiner siebzigköpfigen Mannschaft und ließ den Blick bewundernd über die leuchtend roten Aufbauten des mächtigen Schiffes schweifen, das ihn immer noch in Erstaunen versetzte. Vor dreißig Jahren hatte der erste atomgetriebene Eisbrecher namens Lenin die eisigen Wasser des Nordpolarmeers befahren. Seit diesen Tagen waren die Schiffe erheblich verbessert worden. Die gewaltige Schiffsschraube der Rossija wurde von Zwillings-Druckwasserreaktoren betrieben, die eine Leistung von 75.000 PS erbrachten, mehr als genug, um den 150 Meter langen Eisbrecher voranzutreiben. Im offenen Wasser betrug die Geschwindigkeit zwanzig, im Eis drei Knoten. Der fünfzig Zentimeter starke, gusseiserne Bug und das stählerne, über zwei Meter lange »Eismesser« konnten die mehr als drei Meter dicke Eisschicht der Arktis durchschneiden wie weiche Butter.
Als die Rossija aus Murmansk auslief, benutzte sie die weniger befahrene Route fern vom Haupthafen und nahm Kurs Richtung Nordpol. Erst am nächsten Tag sollte sie auf das norwegische Kreuzfahrtschiff treffen, wenn es die Packeiszone erreichte. Akronseff überprüfte die Anzeigen und Warnleuchten auf dem Kontrollpult. Mit dem Ergebnis zufrieden, wandte er sich an seinen Ersten Offizier. »Übernehmen Sie das Steuer, Teodor Alexandrowitsch.«
»Ist ganz einfach hinzukommen«, teilte Uljanow Molotok über die sichere Telefonleitung aus dem Mi-8-Helikopter mit. »Wir treffen zwar nach den Amerikanern dort ein, aber wahrscheinlich vor dem GRU. Es wird allerdings schwierig, die Diamanten von Bord zu schaffen.«
»Die Leute von Waterboer können uns an jedem Ort treffen, den wir bestimmen. Nimm die Puschkin. Sie kommt doch gerade von Semlja Franka Josifa, stimmt’s? Keiner wird etwas merken.« Molotok sprach von dem alten, schrottreifen Delta-III- Unterseeboot der russischen Marine, das die volki vor weniger als einem Jahr über einen ihrer Vertragspartner erworben hatten und seitdem gut verborgen in den Gewässern nördlich des Polarkreises kreuzen ließen.
»Die Amerikaner und Briten bereiten sich gerade auf ihre Kriegsspiele im GIUK-Gebiet vor«, sagte Uljanow und bezog sich damit auf das ausgedehnte Seegebiet zwischen Grönland, Island und Großbritannien, das sämtliche Schiffe aus den russischen Nordhäfen auf dem Weg zum Nordatlantik passieren mussten. »Die Passage wird also noch stärker bewacht als sonst. Die Puschkin kann da nicht durch, sie ist viel zu laut. Wo immer die Übergabe stattfinden soll – es
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