Das Monopol
blickender Leutnant trat aus der kleinen Gruppe Männer hinter dem Kapitän hervor, nahm an der Konsole Platz, setzte die Kopfhörer auf und begann Befehle auf der Tastatur einzugeben.
»Zweitens brauche ich jemanden, der mich und meine Männer im ganzen Schiff herumführt.«
»Sofort!« Iljuschin zögerte. »Soll ich unseren Kapitän wecken.«
»Njet. Je weniger Aufsehen, desto besser.«
»Natürlich. Mein Erster Maat wird Sie führen. Wassili!«
»Ich hab’s im Vorbeigehen gesehen.« Erika hielt an und zeigte auf einen Teil des Schiffsrumpfs. »Schau mal.«
Carlton leuchtete mit der Taschenlampe auf den roten Stahl. »Schweißnähte.« Er wandte sich an Chen. »Was meinen Sie?«
Der Maschinist blinzelte und tastete die Blasen im Stahl auf einer Fläche von einem halben Quadratmeter ab, dreißig Zentimeter über dem Boden. Seine Taschenlampe, die er wie die Lampe eines Arztes am Stirnband trug, schien grell auf die rote Farbe. »Wer immer das geschweißt hat, hat es vor langer Zeit gemacht. Sehen Sie die Farbe?«
Carlton beugte sich vor. Mehrere Farbschichten bröckelten an den Lötstellen ab. Er nickte. »Man könnte es ja mal versuchen.«
Chen hockte sich hin und drehte die Flamme höher.
52.
Die Seawolf
USS Seawolf (SSN-21)
Atomgetriebenes Unterseeboot der US-Kriegsmarine
Barents-See
232 Meilen nordöstlich von Murmansk, 19.01 Uhr
Die Unterseeboote der Seawolf- Klasse waren der Gipfelpunkt einer Entwicklung, die mit David Bushnells Turtle im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg begonnen hatte. Als Ersatz für die veralteten Boote der Los-Angeles-Klasse konnte die Seawolf- Klasse in jeder Hinsicht mit Verbesserungen aufwarten. Die USS Seawolf war ein hundert Meter langer und zwölf Meter achtzig breiter Koloss mit einer Wasserverdrängung von 9150 Tonnen. Die Höchstgeschwindigkeit unter Wasser betrug über fünfzig Knoten, auf Testtauchfahrten war bisher eine maximale Tiefe von 609 Metern erreicht worden. Die 140 Mann starke Besatzung hatte es wesentlich bequemer als auf anderen Unterseebooten. Das tödliche Waffenarsenal bestand aus zweiundfünfzig Mark-50-Torpedos, zwölf Javelin-Marschflugkörpern, Harpoon-Raketen gegen Schiffsziele sowie einer Batterie von Täuschkörpern und Minen. Der Druckwasserreaktor war zwanzig Mal effektiver als die bisherigen konventionellen Reaktoren. Kurz gesagt, die Schiffe der Seawolf- Klasse waren die größten, schnellsten, leisesten und tödlichsten U-Boote der Welt.
Da diese Boote, die von General Dynamics in Connecticut gebaut wurden, mehr als zwei Milliarden pro Stück kosteten, hatte die Regierung nach dem Kalten Krieg die Marine gezwungen, den Auftrag von geplanten 29 Stück auf drei aktive Einheiten zu beschränken.
Der Kapitän der Seawolf, Commander Donald Grant Hendricks Jr., war ein eher unscheinbarer Mann, 46 Jahre alt und körperlich fit, allerdings kaum mehr als mittelgroß und schmächtig. Die Belastung der Befehlsgewalt hatte sein dunkelbraunes Haar an den Schläfen ergrauen lassen. Hendricks hatte an der Marineakademie studiert und sich zweimal in seinem Leben vermählt – einmal mit der Kriegsmarine und ein zweites Mal, als er in den Dienst der U-Boot-Flotte getreten war, den so genannten »Silent Service«. Die Seawolf war das zweite U- Boot, auf dem er das Kommando hatte – eine Belohnung für seine hervorragenden Leistungen auf einem Boot der Los-Angeles-Klasse. Obwohl er ein strenger Mann war, der selten lachte, wurde Hendricks von seiner Mannschaft geradezu verehrt – sowohl für seine Tapferkeit als auch für seine Fairness und seine Menschlichkeit. Wenn er an seinem Platz in der Kommandozentrale Seekarten auf dem elektronischen Displaytisch studierte und dabei einen Becher Marinegebräu schlürfte, schien er sich wohler zu fühlen als im Liegestuhl am Swimmingpool; zugleich strahlte er die nötige Autorität aus, um seinen Männern auf jeder Fahrt hinreichendes Vertrauen zu vermitteln.
Im Funkraum achtern vom Gefechtsstand läutete eine Glocke – das Signal, dass die Niedrigfrequenzantenne (VLF) am Heck des Schiffes eine Meldung von der Unterwasser-Funkzentrale der Navy in Michigan erhalten hatte. Da VLF-Übertragungen extrem langsam waren, wurden sie meist dazu benutzt, um den Befehl zum Auftauchen zu geben; sobald das Boot an der Oberfläche war, konnte es Nachrichten über die leistungsfähigeren Hochfrequenzsender (UHF) oder Marinesatelliten empfangen. Der wachhabende Matrose informierte seinen vorgesetzten
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