Das Monopol
Geldanlage, es sei denn, man ist Händler. Der Preis kann fallen. Außerdem hat die Vatikanbank, im Unterschied zu vielen anderen Banken, strenge moralische Grundsätze. Sie kann sich niemals mit einer so verrufenen Firma wie Waterboer einlassen.« Wieder überlegte er. »Damit soll nicht gesagt sein, dass der Vatikan Ihnen nicht helfen könnte. Bei allem, was Sie getan haben, wird deutlich, dass Ihre Absichten in die richtige Richtung zielen. Wie lange werden Sie in Rom bleiben, Mr Carlton?«
Carlton sah ihn stumm an; dann wandte er den Blick ab, bevor sein Starren unhöflich wurde, und antwortete: »So lange, wie es dauert, Euer Eminenz.«
»Schön. Mit Ihrer Erlaubnis werde ich die Angelegenheit ein wenig genauer durchleuchten. Vielleicht ist es jemand, der eng mit dem Vatikan zu tun hat – oder mehrere. Ich werde an den entsprechenden Stellen diskrete Fragen stellen. Vielleicht kommt ja etwas dabei heraus.«
»Ich wäre Ihnen sehr verbunden, Eminenz.«
»Nach allem, was Sie getan haben, ist es mir eine Ehre, Ihnen zu helfen.«
»Vielen Dank, Eminenz.«
»Jetzt sollten Sie sich erst einmal ausruhen. Sie sehen erschöpft aus.«
Benedetti lauschte ein drittes Mal der Aufzeichnung seines Gesprächs mit Carlton, dann lehnte er sich zurück. »Was meinst du?«
»Ich weiß es nicht, Eminenza.« Monsignor Felici schüttelte den Kopf. »Seine Erklärung klingt logisch. Er möchte nach dem Sieg über Russkost weiter gegen Waterboer kämpfen. Es ist für ihn eine Art Kreuzzug geworden. Nur die Fakten auszugraben reicht ihm nicht mehr.
Trotzdem glaube ich nicht, dass es um persönliche Rache geht. Carlton ist Leutnant der Reserve bei der amerikanischen Marine und Jurist beim Justizministerium. In Rom hat er keinerlei rechtliche Handhabe. Obwohl ich davon überzeugt bin, dass er auf eigene Faust Schritte unternehmen will, ist er hier nicht zu Hause. Er braucht Unterstützung. MacLean hilft ihm finanziell, so viel ist klar. Aber wer gibt ihm politische Unterstützung? Seine Vorgesetzten im Ministerium oder die Marine offensichtlich nicht. Und niemand in der amerikanischen Regierung hat Carlton zu seinem Vertreter erklärt. Dennoch kann ich mir nicht vorstellen, dass er sein Vorhaben hier ohne Unterstützung durchstehen will.«
Felici starrte schweigend auf die Tischplatte. Dann blickte er auf. »CIA?«
Benedetti nickte. »Das ist die logische Antwort. Die CIA muss den ersten Anstoß gegeben haben, gegen Russkost vorzugehen. Wer sonst könnte diesen Einsatz in der Nordsee organisieren? Die amerikanische Marine hätte nicht ohne Befehl gehandelt. Und wir wissen ja, dass der Präsident erst später ins Spiel kam.«
Der Kardinal seufzte und strich mit den Fingern an seinem goldenen Kruzifix entlang. »Und nun, wo er hier ist, hat er keine andere Möglichkeit, als nach der Wahrheit zu graben. Ich kann ihm keinen Vorwurf daraus machen. An seiner Stelle würde ich genauso handeln. Aber ein paar Spatenstiche in die richtige Richtung … Du weißt ja, was dabei herauskommen kann. Jetzt, wo die Bücher und Tresore der Banco Napolitana Lucchese versiegelt sind, ist ein Skandal kaum mehr zu vermeiden.« Er schwieg längere Zeit, schaute zu dem jüngeren Geistlichen auf. »Die Amerikaner haben eine interessante Redensart. Sie sagen, wenn das Leben dir Limonen anbietet, sollst du Limonade daraus machen.« Felici sah ihn verblüfft an. »Carlton macht uns Angst, weil er Fragen stellt, si? Aber vielleicht kommt er gerade recht. Vielleicht hat Jesus ihn geschickt, damit er der Kirche hilft. Schließlich kann es kein Zufall sein, dass Carlton ausgerechnet dann erscheint, wenn wir vor so einer Krise stehen, kurz vor einem Skandal. Es geht nicht darum, ob Carlton graben wird – es geht darum, wonach er gräbt. Was er wirklich sucht. Was könnte sein Motiv sein?«
»Wie ich schon sagte, Eminenza, er befindet sich auf einer Art Kreuzzug.«
»Ja. Aber gegen wen? Gegen die Kirche? Dieser Mann ist kein selbstsüchtiger Opportunist. Du weißt, was er getan hat. Hat sich in große Gefahr begeben, um Russkost aufzuhalten. Ich glaube, er ist auf einem Kreuzzug gegen Waterboer, nicht gegen die Banco Napolitana oder die Kirche. Und er ist Katholik. Du hast gesehen, wie respektvoll er sich mir gegenüber verhalten hat. Wie sehr er mein Amt schätzt. Nein. Ich glaube, es geht ihm nach wie vor darum, alle möglichen Beweise gegen Waterboer zu finden.«
»Aber Eminenza, alles, was er hier findet, wird der Kirche schaden!«
Kardinal Benedetti
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